Aprilia in MotoGP: Startschuss für 850er ist gefallen

Marc Márquez 2024: Kalte Schulter der Honda-Gegner

Von Günther Wiesinger
Marc Márquez in Portugal neben Bagnaia und Quartararo

Marc Márquez in Portugal neben Bagnaia und Quartararo

Seit einem halben Jahr wird spekuliert, Marc Márquez könnte bei HRC der Geduldsfaden reissen. Aber wenn er seinen HRC-Vertrag für 2024 auflöst, wird ihn kein gegnerisches Werk engagieren, wie eine Umfrage ergab.

Marc Márquez hat zwar beim Portimão-GP dank seines beispiellosen Risikobereitschaft und seines unbestrittenen Fahrkönnens die Pole-Position erobert und sich im Sprintrennen mit viel Risiko den dritten Platz erkämpft. Aber am Sonntag in Portugal ging wieder einmal das Temperament gründlich mit ihm durch. Er kam in den ersten 15 Kurven zweimal Jorge Martin in die Quere, torpedierte Miguel Oliveira und zog sich beim Crash einen Bruch des ersten Mittelhandknochens (rechts) zu – sowie einen Double-Long-Lap-Penalty.

Ob er diesen jetzt wegen eines Formfehlers im Urteil der FIM noch absolvieren muss, ist weiter fraglich. Aber der Repsol-Honda-Star wird bei seinem Comeback beim GP von Spanien in Jerez (28. bis 30. April) mindestens 70 Punkte Rückstand auf den WM-Leader haben – und muss damit alle Titelchancen abschreiben. Nicht zuletzt wegen der mangelnden Schlagkraft der Honda RC213V, mit der bisher auch die ehemaligen Suzuki-Stars Joan Mir und Alex Rins einiges schuldig geblieben sind.

Die Unfähigkeit der HRC-Ingenieure, nach vier Jahren endlich wieder ein Sieger-Motorrad zu bauen, nährt weitere Spekulationen über die berufliche Zukunft von Marc Márquez, der bei einem Blick auf den WM-Stand schwer ins Grübeln kommen dürfte: Vier Ducati-Fahrer liegen an der Spitze, inklusive seines kleinen Bruders Alex.

«Ich will mich nicht vor dem ersten Grand Prix mit der Frage beschäftigen, ob ich auch 2024 bei Honda fahre», wischte Marc Márquez das Thema im vergangenen Februar beim Sepang-Test vorläufig vom Tisch. 

Doch beim Valencia-Test im November 2022 erklärte Márquez ohne Umschweife, dieser 2023-Prototyp von Honda sei kein Sieger-Motorrad. So ein Bike hatte er jedoch bereits vor seiner vierten Oberarm-Operation und dem tristen zehnten Platz im Mai beim Mugello-GP mit aller Deutlichkeit gefordert.

Da der sechsfache MotoGP-Weltmeister bei allen Wintertests auf den Plätzen 13 und 14 strandete und meist 0,8 sec verlor, mutmassen etliche MotoGP-Manager, der 59-fache MotoGP-Sieger könne nach der elften MotoGP-Saison bei Honda und vier unterdurchschnittlichen Jahren am Saisonende den Krempel hinwerfen – wie Lorenzo bei Repsol nach 2019, wie Zarco bei KTM im Herbst 2018 und Viñales bei Yamaha 2021.

Aber was dann?

Marc Márquez: Kein Interesse der Honda-Gegner

SPEEDWEEK.com hat sich bei den Managern der Konkurrenz-Teams umgehört und keinen getroffen, der Marc Márquez (30) mit offenen Armen empfangen würde.

Auf die Frage, ob er am Spanier Interesse hätte, wenn er im Laufe der Saison auf dem Fahrermarkt verfügbar wäre, lässt sich Ducati-General-Manager Gigi Dall’Igna nur ein vielsagendes Schmunzeln entlocken.

Denn Ducati Corse hatte mit Fahrern wie Rossi und Lorenzo (25 Millionen für zwei Jahre) sowie Dovizioso bereits drei teure Fahrer unter Vertrag, die ihren Zenit überschritten hatten, einen Haufen Geld kosteten – und nie einen Titel gewannen.

Erst seit für das Werksteam statt Dovizioso und Petrucci nach der Saison 2020 jüngere Fahrer engagiert wurden, ging es bei den Roten aus Borgo Panigale richtig aufwärts. Mit Bagnaia, Bastianini und Martin ist Ducati für die Zukunft glänzend aufgestellt, auch Argentinien-Sieger Marco Bezzecchi hat sich inzwischen einen Platz auf einer echten Werks-Ducati verdient, zum Beispiel bei Pramac.

Aprilia-Renndirektor Massimo Rivola hat ebenfalls kein Interesse an einer Verpflichtung des dauerverletzten Superstars aus Cervera.

«Einen Marc Márquez zu engagieren, das entspricht nicht meinem Stil», erklärte Rivola gegenüber SPEEDWEEK.com. «Wir haben mit allen vier Fahrern Verträge bis Ende 2024 und wirklich volles Vertrauen in sie. Außerdem muss ich auf das Budget Rücksicht nehmen.»

«Ich sehe keinen Platz für Marc bei Yamaha», hielt auch Lin Jarvis, Managing Director bei Yamaha Motor Racing, unmissverständlich fest.

Denn Yamaha verfügt nur über zwei MotoGP-Plätze. Vizeweltmeister Fabio Quartararo ist ein Fixstarter (Vertrag bis Ende 2024), und für den zweiten Slot kommen Franco Morbidelli und Toprak Razgatlioglu in Frage.

Stefan Pierer, der Vorstandsvorsitzende der Pierer Mobility AG mit den Marken KTM, GASGAS und Husqvarna, hat an Marc Márquez ebenfalls kein Interesse, trotz dessen Connection zu Red Bull. «Wenn er gewinnt, ist es der Fahrer. Wenn er verliert, wird die Schuld auf mein Motorrad geschoben», ist sich der Unternehmer aus Österreich bewusst.

Márquez: Weiter mit Honda oder Sabbatical

Im Grunde bieten sich Marc Márquez für die kommende Saison nur zwei Gelegenheiten: Entweder dient er das letzte Jahr seinen Vier-Jahres-Vertrags ab, der ihm ca. 15 Millionen pro Saison einbringt.

Oder er bittet Honda um eine vorzeitige Vertragsauflösung.
Aber dann müsste er angesichts fehlender Angebote von anderen Factory Teams ein «Sabbatical» einlegen, also ein Jahr schöpferische Pause machen.

«Wenn man einen Blick auf die Positionen von Ducati, Yamaha, Aprilia und so weiter wirft, haben diese Werksteams alles zu verlieren und nichts zu gewinnen», stellte ein MotoGP-Teamprinzipal fest. «Denn Marc ist ein achtfacher Weltmeister. Wenn er in ein anderes Camp wechselt, würde er dort bei allen Fahrern für Unruhe sorgen. Das würde die gesamte Dynamik durcheinanderbringen. Selbst KTM könnte daraus kein Kapital schlagen.»

Außerdem investiert die Pierer-Gruppe jedes Jahr Millionen in die Moto3- und Moto2-Nachwuchsteams von KTM, GASGAS und Husqvarna, um mit dieser MotoGP Academy neuen Nachwuchs für die vier MotoGP-Plätze auszubilden. Mit Oliveira und Binder sind bereits zwei MotoGP-Sieger hervorgegangen, auch Jack Miller heimste seine Moto3-Siege alle mit KTM ein. Mit den Moto3-Weltmeistern Pedro Acosta und Izan Guevara sind in der rot-weiß-roten Academy die nächsten Ausnahmekönner im Anmarsch, die nicht nur in Spanien bereits als künftige Superstars gefeiert werden.

Wenn Ducati noch immer auf der Suche nach diesem mystischen neuen MotoGP-Weltmeister wäre, könnte Marc dort vielleicht Unterschlupf finden. Aber Bagnaia hat diese 15-jährige Durststrecke 2022 grandios beendet. 

Ausgerechnet der kleine Bruder ist Marc bei Ducati zuvorgekommen. Eine schmerzhafte Situation. 

Denn Alex zeigt: Die Desmosedici ist genau das Gefährt, das die Nummer 93 sucht.

Ergebnisse MotoGP-Rennen, Termas de Rio Hondo (2. April):

1. Marco Bezzecchi (I), Ducati, 25 Runden in 44:28,518 min
2. Johann Zarco (F), Ducati, +4,085 sec
3. Alex Márquez (E), Ducati, +4,681
4. Franco Morbidelli (I), Yamaha, +7,581
5. Jorge Martin (E), Ducati, +9,746
6. Jack Miller (AUS), KTM, +10,562
7. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +11,095
8. Luca Marini (I), Ducati, +13,694
9. Alex Rins (E), Honda, +14,327
10. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +18,515
11. Augusto Fernández (E), KTM, +19,380
12. Maverick Viñales (E), Aprilia, +26,091
13. Takaaki Nakagami (J), Honda, +28,394
14. Raúl Fernández (E), Aprilia, +29,894
15. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +36,183
16. Pecco Bagnaia (I), Ducati, +47,753
17. Brad Binder (ZA), KTM, +48,106

MotoGP-Ergebnis Sprint, Las Termas (1.4.):

1. Brad Binder, KTM, 12 Rdn in 19:56,873 min
2. Bezzecchi, Ducati, + 0,072 sec
3. Marini, Ducati, + 0,877
4. Morbidelli, Yamaha, + 2,354
5. Alex Márquez, Ducati, + 2,462
6. Bagnaia, Ducati, + 2,537
7. Viñales, Aprilia, + 2,643
8. Martin, Ducati, + 3,754
9. Quartararo*, Yamaha, + 4,856
10. Miller, KTM, + 5,143
11. Nakagami, Honda, + 5,574
12. Di Giannantonio, Ducati, + 6,965
13. Zarco, Ducati, + 7,568
14. Raúl Fernández, Aprilia, + 7,725
15. Rins, Honda, + 8,687
16. Augusto Fernández, KTM, + 9,040

*= mit 1 Sekunde Zeitstrafe wegen Überholens bei gelber Flagge

WM-Stand nach 4 von 42 Rennen:

1. Bezzecchi, 50 Punkte. 2. Bagnaia 41. 3. Zarco 35. 4. Alex Márquez 33. 5. Viñales 32. 6. Miller 25. 7. Martin 22. 8. Binder 22. 9. Morbidelli 21. 10. Quartararo 18. 11. Marini 15. 12. Rins 13. 13. Aleix Espargaró 12. 14. Augusto Fernández 8. 15. Nakagami 7. 16. Marc Márquez 7. 17. Di Giannantonio 6. 18. Mir 5. 19. Oliveira 3. 20. Raúl Fernández 2.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 71 Punkte. 2. KTM 38. 3. Aprilia 32. 4. Yamaha 27. 5. Honda 20.

Team-WM:

1. Mooney VR46 Racing, 65 Punkte. 2. Prima Pramac 57. 3. Red Bull KTM 47. 4. Aprilia Racing 44. 5. Ducati Lenovo 41. 6. Gresini Racing 39. 7. Monster Energy Yamaha 39. 8. LCR Honda 20. 9. Repsol Honda 12. 10. GASGAS Tech3, 8. 12. CryptoDATA RNF 5.

 

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