Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

50 Stürze für Repsol Honda: Warum Mir trotzdem pusht

Von Kai Schulte-Lippern
Der einst so konstante Joan Mir stürzte in dieser Saison fast so oft wie in seiner ganzen bisherigen MotoGP-Karriere. Seine große Stärke – die Konstanz – verschwand in seinem ersten Jahr als Repsol-Honda-Pilot.

Der ehemalige Weltmeister Joan Mir hat auf seiner Repsol-Honda ein schweres Jahr. Dass die RC213V kein leichtes Motorrad ist, haben er und sein Teamkollege Marc Márquez des Öfteren unter Beweis gestellt. Am vergangenen Wochenende knackte das Honda-Werksteam sogar die Marke von 50 Stürzen in einer Saison.

Auch der einst so konstante Mir machte im Jahr 2023 immer wieder Bekanntschaft mit dem Asphalt und dem Kiesbett. Bereits nach den ersten fünf GPs zählte der 26-Jährige elf Stürze, zwei Rennwochenenden vor Schluss steht er bei 23 (nur Marc Márquez verzeichnete mit 27 Stürzen noch mehr Ausrutscher).

«In der Karriere vieler erfolgreicher Fahrer gab es Saisons, in denen sie oft gestürzt sind», rechtfertigte Mir die Bilanz. «Dies ist wahrscheinlich mein sturzreiches Jahr. Wenn man diese Situation erst einmal überwunden hat, wird man mit Sicherheit stärker.»

Seit seinem Wechsel zu Honda stürzte der zweifache Weltmeister (2017 in der Moto3, 2020 in der MotoGP) so oft wie noch nie. Zum Vergleich: In seinen ersten vier MotoGP-Jahren kam er total auf 36 Stürze. «Ich war normalerweise kein Fahrer, der oft stürzte. Bislang stürzte ich im Schnitt fünf bis sechs Mal pro Saison», gab er zu. «Ich verstand bei den Motorrädern schnell, wo meine Grenzen lagen. Im Kampf um Titel war das eine meiner großen Stärken.»

Auch 2020 verhalf ihm genau das zum Titel in der Königsklasse. Der Spanier gewann zwar nur ein Rennen, durch die wenigen Stürze sammelte er das Jahr über aber konstant Punkte. «Ich verstand, wo ich pushen kann und wo ich vorsichtiger sein musste», erklärte Mir. «Ich machte nahezu keine Fehler. So haben wir am Ende den Titel gewonnen.»

«Aus irgendwelchen Gründen verschwand das alles in diesem Jahr», seufzte Mir. «Wir versuchen einfach, das Limit und den Speed zu finden. Die Stürze passieren immer an einer ähnlichen Stelle. Das zeigt, dass ich noch immer pushe. Ich will es hinbekommen, aus irgendwelchen Gründen klappt es aber nicht.»

In seiner aktuellen Verfassung fehlt Mir das, was ihn einst so beliebt bei anderen Teams machte: Konstant unter den besten Zehn ins Ziel kommen. Glücklicherweise entkam er viele seiner Stürze ohne schwerwiegende Folgen. In Argentinien verpasste er allerdings das Hauptrennen mit einem Kopf- und Nackentrauma. Die in Mugello erlittene Fingerverletzung hielt ihn dann sogar von drei Grands Prix fern.

«Zu Beginn der Saison musste ich mich an das Motorrad gewöhnen», begründete der Honda-Neuzugang. «Ich war im ersten Abschnitt der Saison nicht auf dem Level des Bikes. Ich glaube aber, dass ich den jüngsten Rennen nahe am Limit dran war. Ich habe in Sachen Performance einen Schritt gemacht und einige Dinge verstanden. Wir sind in jeder Session sehr nahe dran an Marc. Das bedeutet, dass ich diesen Level erreicht habe», unterstrich Mir. «Als Fahrer will ich aber natürlich mehr. Man kann mir nicht sagen, dass ich einfach die Rennen zu Ende bringen sollte. In einigen Momenten der Saison dachte ich darüber nach, mental war es aber keine Hilfe. Ich bevorzuge es, alles zu geben und zu stürzen, aber in dem Wissen nach Hause zu gehen, 100 Prozent gegeben zu haben.»

Weiter zu pushen, sei der einzige Weg, betonte auch Marc Márquez trotz seines bevorstehenden Honda-Abschieds zuletzt immer wieder. «Genau», pflichtete Mir bei. «Denn wenn du diese Intensität einmal verlierst, ist es sehr schwierig, sie zurückzugewinnen. Ich weiß, dass ich auf Anhieb dabei sein könnte, wenn ich ein konkurrenzfähiges Bike habe. Würde ich mich dagegen entspannen und dann ein gutes Motorrad bekommen, würde ich ein paar Anläufe brauchen, um diese Intensität wieder zu erreichen. Deshalb glaube ich, dass es die richtige Herangehensweise ist – auch wenn ich dafür mit 30 Stürzen pro Jahr bezahle», schob der WM-22. schmunzelnd nach.

Ergebnis MotoGP-Rennen, Sepang (12.11.):

1. Enea Bastianini, Ducati, 20 Rdn in 39:59,137 min (= 166,3 km/h)
2. Alex Márquez, Ducati, + 1,535 sec
3. Pecco Bagnaia, Ducati, + 3,562
4. Jorge Martin, Ducati, + 10,526
5. Fabio Quartararo, Yamaha, + 15,000
6. Marco Bezzecchi, Ducati, + 16,946
7. Franco Morbidelli, Yamaha, + 18,553
8. Jack Miller, KTM, + 19,204
9. Fabio Di Giannantonio, Ducati, + 19,399
10. Luca Marini, Ducati, + 19,740
11. Maverick Viñales, Aprilia, + 21,189
12. Johann Zarco, Ducati, + 23,598
13. Marc Márquez, Honda, + 27,079
14. Augusto Fernández, KTM, + 28,940
15. Pol Espargaró, KTM, + 29,849
16. Iker Lecuona, Honda, + 50,960
17. Álvaro Bautista, Ducati, + 53,564
18. Takaaki Nakagami, Honda, + 1:42,162 min
– Brad Binder, KTM, 9 Runden zurück
– Aleix Espargaró, Aprilia, 12 Runden zurück
– Raúl Fernández, Aprilia, 14 Runden zurück
– Miguel Oliveira, Aprilia, 15 Runden zurück
– Joan Mir, Honda, 16 Runden zurück

Ergebnis MotoGP-Sprint, Sepang (11.11.):

1. Alex Márquez, Ducati, 10 Rdn in 19:58,713 min
2. Jorge Martin, Ducati, +1,589 sec
3. Pecco Bagnaia, Ducati, +3,034
4. Enea Bastianini, Ducati, +3,242
5. Brad Binder, KTM, +3,310
6. Jack Miller, KTM, +4,318
7. Marco Bezzecchi, Ducati, +5,307
8. Johann Zarco, Ducati, +5,501
9. Luca Marini, Ducati, +6,420
10. Maverick Viñales, Aprilia, +7,241
11. Franco Morbidelli, Yamaha, +8,775
12. Aleix Espargaró, Aprilia, +9,995
13. Fabio Di Giannantonio, Ducati, +10,067
14. Augusto Fernández, KTM, +10,643
15. Pol Espargaró, KTM, +11,005
16. Fabio Quartararo, Yamaha, +11,911
17. Raúl Fernández, Aprilia, +13,591
18. Miguel Oliveira, Aprilia, +15,058
19. Takaaki Nakagami, Honda, +16,015
20. Iker Lecuona, Honda, +23,484
21. Marc Márquez, Honda, +24,930
22. Álvaro Bautista, Ducati, +36,501
23. Joan Mir, Honda, +40,594

MotoGP-WM-Stand nach 35 von 39 Rennen:

1. Bagnaia, 412 Punkte. 2. Martin 398. 3. Bezzecchi 323. 4. Binder 254. 5. Zarco 200. 6. Aleix Espargaró 198. 7. Viñales 175. 8. Marini 171. 9. Quartararo 156. 10. Miller 156. 11. Alex Márquez 149. 12. Di Giannantonio 100. 13. Morbidelli 93. 14. Marc Márquez 84. 15. Bastianini 76. 16. Oliveira 76. 17. Augusto Fernández 69. 18. Rins 54. 19. Nakagami 52. 20. Raúl Fernández 40. 21. Pedrosa 32. 22. Mir 24. 23. Pol Espargaró 13. 24. Savadori 9. 25. Folger 9. 26. Bradl 8. 27. Pirro 5. 28. Petrucci 5. 29. Crutchlow 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 626 Punkte (Weltmeister). 2. KTM 334. 3. Aprilia 292. 4. Yamaha 176. 5. Honda 169.

Team-WM:

1. Prima Pramac Racing, 598 Punkte. 2. Ducati Lenovo Team 498. 3. Mooney VR46 Racing 494. 4. Red Bull KTM Factory Racing 410. 5. Aprilia Racing 373. 6. Gresini Racing 249. 7. Monster Energy Yamaha 249. 8. CryptoDATA RNF 120. 9. LCR Honda 112. 10. Repsol Honda 108. 11. GASGAS Factory Racing Tech3, 91.

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