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Stefan Bradl: «Nicht Job des Fahrers»

Von Werner Jessner
Der Honda-Testfahrer über seine Arbeit mit Luca Marini und Joan Mir, wie der Abgang von Marc Márquez seinen Job beeinflusst und warum er es gut findet, dass Edel-Techniker Alex Baumgärtel (Kalex) nun bei Honda ist.
Welche Arbeit hat ein Luca Marini vor sich? Wie funktioniert die Umstellung von der Ducati auf die Honda? Manche wollen wissen, dass die Honda weniger Radstand hätte und dadurch nervöser zu fahren sei…

Das ist Quatsch. Jeder Hersteller weiß durch Video- und Foto-Analyse ganz genau über die Bikes der Gegner Bescheid. Auf den Millimeter. Da schlägt kein Bike aus der Art, und der Radstand ist sowieso streckenabhängig. Dass ein Marc mit der Honda Haken schlagen konnte, lag daran, dass hinten der Grip gefehlt hat. Die einzige Möglichkeit, den Rückstand erträglich zu halten war brutales Risiko übers Vorderrad. Sobald man sich ein wenig entspannt hat, war man viel zu langsam. Der fehlende Hinterrad-Grip muss anderswo herkommen.

Wie kann man sich den Job von Marini vorstellen, mit der Honda zu Rande zu kommen?

Er muss sich die Arbeitsweise der Japaner anschauen und kapieren, wie in diesem großen Konzern gearbeitet wird. Dann braucht es konstruktiven Austausch und Geduld. Honda wirst du nicht in ein paar Monaten auf Links drehen, weil im Hintergrund so viele langfristige Prozesse laufen. Luca weiß, worum es geht. Er macht das schon gut, und seine Inputs sind genau wie die von Zarco mit dem Ducati-Background absolut positiv zu sehen und wichtig für Honda.

Auch du siehst also die langen Wege der Japaner als größtes Hindernis für Siege im Moment?

Die japanische Mentalität ist ein wenig konservativer als die europäische. Sie gehen nicht ins Reglement und sagen, sie reizen das bis ins allerletzte Promille aus, sondern lassen einen kleinen Sicherheits-Abstand. Und das bedeutet heutzutage eine halbe Sekunde Rückstand pro Runde. Aber dass Honda in der Lage ist, Motorsport auf höchstem Niveau zu betreiben, braucht man nicht in Frage zu stellen. Man sieht es ja auch in der Formel 1. In der MotoGP bringen die drei Europäer Änderungen aktuell viel schneller ans Bike als die die Japaner. Auch Yamaha ist am Straucheln.

Wie haben sich die concessions für Honda einerseits und der Weggang von Marc Márquez andererseits auf deinen Job ausgewirkt?

Die concessions haben massive Auswirkungen auf unseren Test-Plan. Alles läuft auf die Frage raus: Wie viele Reifen bleiben uns übrig? Wie viele Tests wird Repsol Honda mitmachen? Daraus ergibt sich meine Zeit auf dem Motorrad, aber es werden auf jeden Fall mehr Tests sein als in der Vergangenheit und verteilt auf mehr unterschiedliche Strecken.

Wie viele Reifen habt ihr zur Verfügung?

270 Stück für die gesamte Saison, aber die gehören nicht alle mir. Joan Mir und Luca Marini dürfen ja auch frei testen. Diese Reifen werden einberechnet. Der Shakedown-Test in Sepang mit beiden Repsol- und LCR-Fahrern ging von unserem Kontingent weg, der offizielle Test danach nicht.

Wann wirst du wieder auf der RC213V sitzen?

Am 5. und 6. März in Jerez.

Wie fühlt sich Honda ohne Marc Márquez an?

Wir haben eng zusammengearbeitet und es hat viel Spaß gemacht. Er war offen, wir haben Probleme ähnlich beschrieben und in die gleiche Richtung gearbeitet. Grundsätzlich verändert sein Abgang die Arbeitsweise, die wir bei Honda an den Tag gelegt haben, nicht. Die Firma ist zu groß, um sie auf eine Person auszurichten. Auch der Austausch mit Mir und Marini verläuft gut, und sehe viele unserer Ansichten decken sich, selbst wenn jeder Fahrer es leicht unterschiedlich beschreibt.

Zum ersten Mal bist du der, der die Honda länger kennt als die anderen Fahrer.

Stimmt. Die MotoGP hat sich allerdings durch die ganzen Sprangangerl (technischen Spielereien, Anm.), die dazugekommen sind, so verändert, dass du als Fahrer nicht mehr den großen Unterschied machen kannst. Jeder Fahrer in der MotoGP ist auf einem so hohen Niveau unterwegs, dass er sich recht rasch auf ein anderes Fabrikat einstellen kann. Das gilt auch für Marc. Der wird demnächst den Ducati-Stil anwenden. Aber zurück: Ich bin auch nur ein kleiner Baustein in dem System Honda MotoGP. Ich gebe meine Eindrücke, mein Gefühl auf dem Motorrad wieder. Das ist mein Job, den ich bestmöglich erledige – und offenbar nicht so schlecht, sonst dürfte ich ihn nicht schon im 7. Jahr machen. Änderungen umzusetzen ist die Arbeit der Ingenieure. Das hatte auch Marc bei Honda verstanden: Es ist nicht der Job des Fahrers, eine weichere Schwinge oder mehr Flex hier und weniger da zu verlangen.

Dass Alex Baumgärtel bei HRC gelandet ist, sollte positiv für Honda sein, oder?

Er hat in der Vergangenheit schon mal Teile für uns produziert, danach wurde der Austausch wohl intensiver. Ich war selbst überrascht, als er plötzlich als Konsulent in Repsol-Wäsche an der Strecke war. Sein Job bei Kalex in der Moto2 ist unverändert fordernd, sonst fahren seinen Bikes irgendwann die anderen um die Ohren. Das darf er nicht unterschätzen, und das wird er auch nicht. Deshalb ist seine Arbeit bei HRC nicht vollumfänglich. Ich finds schön, dass er bei uns ist. Wir haben eine großartige gemeinsame Vergangenheit, und jetzt treffen sich unsere Wege wieder. Es freut mich für ihn, dass er den Schritt in die MotoGP geschafft hat. Wir hatten immer ein freundschaftliches Verhältnis, aber es wird ein wenig Zeit brauchen, bis er versteht, wie Honda funktioniert – und andersrum. Ich hoffe, das ist erst der Anfang einer hoffentlich bald erfolgreichen und langen Zusammenarbeit.

Kannst du ihm die Arbeit erleichtern, weil du nach 7 Jahren HRC weißt, wie der Hase läuft?

Na sicher. Wir kommen aus derselben Ecke haben uns in Sepang lange unterhalten. Klar hatte er viele Fragen. Wichtig ist, dass am Ende was Gscheits rauskommt. Er ist wahnsinnig ehrgeizig und will was bewegen. Von daher passt das.

Wann wäre der Test- und Entwicklungsfahrer Stefan Bradl mit der Saison 2024 zufrieden?

Wenn die Ergebnisse besser werden, logisch. Wenn ich hie und da selber wieder ein Grinsen unterm Helm hab beim Absteigen und dieses Grinsen auch bei anderen Honda-Fahrern sehe. Wenn ich sehe, dass die Arbeit, die wir reinstecken, mit Rundenzeit belohnt werden.

Hat sich an deinem Plan für Wildcard-Einsätze etwas geändert?

Vor der Sommerpause sind aktuell Jerez, Barcelona und Sachsenring geplant. Danach werden die concessions neu bewertet, und dann schauen wir weiter, wie viel ich noch fahren darf. Vielleicht gewinnen wir und verlieren die concessions – träumen darf man ja! Ich bin gesund und motiviert. Bei der Renn-Fitness geht noch was, aber bin ich dran.

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