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Exklusiv: Verheißungsvolle Honda-Zukunft von Moriwaki

Von Ivo Schützbach
Honda-Teamchefin Midori Moriwaki ist ein Tausendsassa mit Visionen. 2023 wird die Japanerin in der Superbike- und Supersport-WM mitmischen, außerdem fand sie einen namhaften Hauptsponsor.

Seit Mitte September wissen regelmäßige Besucher von SPEEDWEEK.com vom Beschluss, dass Honda 2023 werksseitig in die Supersport-WM zurückkehren wird. Die Honda Racing Corporation, zuständig für alle Werksauftritte des japanischen Herstellers, hat sich dafür mit dem MIE-Team von Midori Moriwaki verbündet – die drei Buchstaben stehen für Midori International Engineering.

Zum Einsatz kommen wird die im Herbst 2020 vorgestellte, speziell für den Rennsport entwickelte und nur in Japan erhältliche Honda CBR600RR Race Base. Um eine echte Neuheit handelt es sich bei dieser Maschine nicht, sondern um eine neu eingekleidete, in technischen Details modifizierte CBR600RR, wie sie seit 2011 gebaut wird.

Das Design ist an die 1000er-Fireblade angelehnt, ergänzt durch seitliche Winglets. Die umfangreichen Motormodifikationen verbessern gezielt das Potenzial für den Racing-Einsatz. Die wichtigste Neuerung ist die Einführung von Ride-by-wire, um die in der Supersport-WM seit 2019 vorgeschriebene Einheitselektronik von MecTronik feiner justieren zu können.

Am 14. August 2021 gab der malaysische Mineralölriese Petronas bekannt, dass er nach besagter Saison aus der MotoGP-WM aussteigt. Zum Sepang-GP am 23. Oktober 2022 kehrte Petronas als Partner von Moriwaki zurück, die Japanerin brachte in der Moto2-WM zwei malaysische Wildcard-Piloten an den Start, die im Rennen auf den Plätzen 19 und 22 (Letzter) landeten. Vorstellbar ist, das nächstes Jahr weitere Einsätze folgen.

Petronas wird 2023 auch im SBK-Fahrerlager als Hauptsponsor von MIE Honda auftreten. Bislang unklar ist, ob nur die beiden Superbikes im markanten Türkis lackiert sein werden, oder auch die zwei Supersport-Maschinen. Denkbar ist, dass die 600er auf Wunsch von Honda in HRC-Farben ausrücken. Offen sind die jeweiligen Fahrerpaarungen. Durch den Vertrag mit Petronas gilt als gesichert, dass es in der Superbike-WM mit dem Malaysier Hafizh Syahrin weitergeht. Auf einer 600er soll ebenfalls ein Malaysier sitzen. Für die beiden anderen Plätze werden Fahrer aus Südamerika favorisiert: So könnte die Werbetrommel für den neuen «Latin America Talent Cup» gerührt werden, in welchem mit Maschinen von Honda gefahren wird.

Beim Treffen mit SPEEDWEEK.com schilderte Midori Moriwaki im Vier-Augen-Gespräch ihre Pläne für nächstes Jahr und darüber hinaus.

«Seit 2019 bin ich mit meinem Team in der Superbike-WM, seit 2020 ist alles unter meiner Kontrolle», erzählte die Unternehmerin. «Viele Leute fragen mich, weshalb ich mir das antue, das waren schwierige Jahre. Aber es waren Entwicklungsjahre und ein solches Projekt ist nicht einfach zu etablieren. In der Superbike-WM mache ich mit zwei Fahrern weiter, wer das sein wird, steht noch nicht fest. In der Supersport-WM gibt es seit diesem Jahr neue Regeln, dadurch sind Hersteller hinzugekommen. Für mich ist das eine Schlüsselklasse für junge Piloten. Es war mir schon immer ein Anliegen, dass Nachwuchsfahrer eine Chance bekommen. Ich verstehe, dass alle Fahrer letztlich Superbike fahren wollen, aber das ist eine sehr harte Klasse. Für Europäer ist der direkte Schritt in die Superbike-WM schwierig, für Nicht-Europäer noch schwieriger. Wenn sich ein junger Fahrer in der Supersport-WM gut schlägt, kann ich ihm eine Möglichkeit bieten, in die Superbike-Klasse aufzusteigen. Mit einer herausragenden Saison ist sogar der Wechsel in die Moto2-WM möglich.»

«Bereits als ich mit dem Superbike-Team begann, wollte ich auch ein 600er-Team haben», ergänzte Midori. «Honda war in dieser Klasse aber nicht vertreten. Ich habe mir das dann so lange angeschaut, bis sich eine Chance ergab. Die CBR600RR wird nicht in Europa verkauft, es müssen also sämtliche Teile für den Rennbetrieb nach Europa importiert werden, das macht es logistisch schwierig. Ich wollte bereits 2021 bei den 600ern antreten, tat das dann aber nicht, weil das zu schwierig umzusetzen war. Ich habe diesen Plan aber nie verworfen. Wenn ich etwas machen will, dann mache ich es. Ich verlasse mich nicht darauf, dass mir jemand dabei hilft, so erreichst du nie etwas. Anders ist es, wenn eine Firma ein Projekt wertschätzt und Teil dessen werden möchte.»

Für Moriwaki war immer klar, dass als Partner in der Supersport-WM nur Honda in Frage kommt. «Und ich will nicht nur jungen Fahrern eine Chance geben, sondern auch jungen Leuten, die ins Team-Management wollen, als Mechaniker arbeiten oder Crew-Chief werden wollen. Wenn jemand motiviert ist, seinen Weg nach oben zu machen, dann ist das eine Herausforderung und ich kann bei der Ausbildung helfen. Wenn zum Beispiel jemand Teammanager bei MIE werden möchte, dann gebe ich meinen Platz gerne ab. Natürlich behalte ich die Kontrolle über meine Firma, aber ich teile Aufgaben gerne mit anderen Leuten und gebe Verantwortung ab.»

Das Supersport-Material für 2023 ist bestellt. Doch aufgrund der langen Wartezeiten bei Zulieferern und der beschriebenen Logistikprobleme mit Honda wird es vor Januar kaum zu einem Test kommen.

«Wir müssen im Winter viel testen», ist der Teamchefin bewusst. «Und wir wissen, dass es gegen Yamaha, Kawasaki, Triumph, Ducati und MV Agusta hart wird. In der Japanischen Meisterschaft ist Honda stark, sie haben dort viele Kundenteams. Ein zusätzlicher Grund für das Supersport-Team ist, dass wir Tests dann besser organisieren können, zusammen mit unserem Superbike-Team.»

Seit 2020 hat MIE Honda versucht, mit Eigenentwicklungen in der Superbike-WM nach vorne zu kommen – erfolglos. Für 2023 gibt es Gespräche, dass die Truppe von Midori Moriwaki das Material des Werksteams mit dem technischen Stand zum Ende dieser Saison übernimmt.


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