KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Wann schreitet die FIM ein? Böses Blut ist garantiert

Kolumne von Ivo Schützbach
Der Motorrad-Weltverband FIM sollte für Gleichbehandlung sorgen

Der Motorrad-Weltverband FIM sollte für Gleichbehandlung sorgen

Eingeführt wurde die Einheitselektronik in der Supersport-WM, um die Kosten niedrig zu halten und eine faire Balance zwischen den Motorkonzepten zu garantieren. Doch es gibt Gesprächsbedarf.

Seit 2021 kämpfen die Fahrer in der Supersport-WM mit so unterschiedlichen Motorkonzepten wie Vierzylindern mit 600 ccm (Yamaha, Honda, Kawasaki), Dreizylindern mit bis zu 800 ccm (Triumph, MV Agusta) und den Ducati-Twins mit 955 ccm gegeneinander. Dank der einheitlichen Motorsteuerung von MecTronik werden die Motorräder über die maximale Öffnung der Drosselklappen sowie das Gewicht auf einen sehr ähnlichen Level gebracht. Die Balance-Regel ist so konzipiert, dass beinahe jedes Motorrad, das vom Gewicht und der Leistung in das Schema dieser Klasse passt, mitfahren könnte.

Damit das technisch umsetzbar ist, wurde 2019 von Promoter Dorna in Zusammenarbeit mit der FIM (in persona Scott Smart) die Einheitselektronik von MecTronik eingeführt. Ein positiver Nebeneffekt dieser Maßnahme ist, dass die Hersteller, Teams und ihre Partner keine teuren elektronischen Eigenentwicklungen mehr machen müssen.

Außerdem soll die einheitliche Motorsteuerung für Chancengleichheit sorgen – doch dafür ist Gleichbehandlung Voraussetzung.

Genau diese gab es vor dem Saisonstart in Australien im Februar nicht. Während der Großteil der Teams den zweitägigen Test am Montag und Dienstag vor dem WM-Auftakt nutzen musste, um sich an die neuen Gegebenheiten durch die veränderte Firmware anzupassen, hatten andere diese vorab erhalten und bereits mehrere Tage damit auf der Strecke und/oder dem Prüfstand getestet.

Den Yamaha-Teams Ten Kate und Evan Bros sowie Aruba.it Ducati ist nichts vorzuwerfen, sie hatten sich bei Einheitsausrüster MecTronik erkundigt, ob es Neuerungen für die Saison 2023 gibt. Und die italienische Firma war glücklich, mit ihnen in Jerez und Portimao im Januar erstklassige Testteams zur Verfügung zu haben.

Doch auch wenn die neue Firmware keine Leistungssteigerung bringt, hatten die Teams zumindest den Vorteil, dass sie sich in Australien nicht mit der Anpassung der neuen Elektronik herumschlagen mussten, sondern sich direkt auf das Rennwochenende vorbereiten konnten.

Ludovic Reignier, der neue SBK Technical Director des Motorrad-Weltverbands FIM, sieht darin nichts Verwerfliches, obwohl alle anderen Teams und Hersteller ob der Benachteiligung Sturm liefen.

Ähnlich reagierte MecTronik-Boss Marco Cortecchia auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com.

«Alle Software-Updates, das gilt für jede Art und in jedem Bereich, sollten nicht ohne eingehende Tests und Feldversuche veröffentlicht werden», sagte der Italiener. «Es ist normal, dass solche Tests nicht ohne den Endnutzer erfolgen können. Wegen des Ride-by-wires bewegen wir uns mit unserer Software in einem sicherheitskritischen Bereich, ein Grund mehr, vorsichtig damit umzugehen.»

Cortecchia betont, dass die Testmethoden zum Absichern von eingebetteten Systemen immer sehr umfassend sind: «Wichtig dabei ist, dass es bei der Performance keine Rückschritte gibt. Gewisse Funktionen interagieren mit anderen Bauteilen, so etwas kann vor der finalen Freigabe nur im Feldversuch getestet werden. Im aktuellen Fall geht es um Funktionsweisen, die für die Systeme der Rennleitung notwendig sind. Deshalb konnten wir diese auch nur bei einem Test probieren, wo jegliche Infrastruktur vorhanden war, die mit unserer ECU interagiert. Es waren aber nicht alle Teams in Jerez und/oder Portimao. Unser Ziel ist, einen Service zu bieten, nicht nur eine ECU. Deshalb tragen wir sämtliche Nachfragen zusammen und schaffen ein System, das allen gerecht wird. Wir bekommen von sämtlichen Beteiligten sehr gute Rückmeldungen und es gibt keinen Zweifel daran, dass wir neutral sind. Wir sind immer sehr vorsichtig, dass niemand einen Vorteil hat, egal ob es um den Ersten oder Letzten geht.»

An der Neutralität von MecTronik gab es nie Zweifel. Was jedoch zurecht angeprangert wird, ist die Tatsache, dass die FIM in der Saisonvorbereitung nicht für Gleichbehandlung sorgte. Offensichtlich gibt es verschiedene Auffassungen, wie diese auszusehen hat.

Damit ist böses Blut garantiert.

Auf Phillip Island und Lombok war es den Teams freigestellt, ob sie mit der letztjährigen oder neuen Firmware fahren. Ab dem Europa-Auftakt in Assen (21.–23. April) ist der Einsatz der neuen verpflichtend.


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