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Olympia Rallye 1972 - Walter Röhl: A Star was born

Von Toni Hoffmann
Nach 36 Jahren fanden vom 26. August bis 11. September 1972 in Deutschland wieder Olympische Sommerspiele statt, größtenteils in München und auch in Kiel mit dem Segelsport, die Olympia-Rallye verband beide Städte.

«Zu Gast bei Freunden» lautete das Motto der Olympischen Sommerspiele 1972 in Deutschland, die größtenteils in München mit dem neuen Sportstädten, besonders das etwas eigenwillige Olympia-Stadion mit dem Glasdach, und zudem in Kiel (Segelwettbewerbe), Augsburg (Kanu) und Nürnberg (Fußball) ausgetragen wurden.

Im Vorfeld keimte der Gedanke, die beiden Städte Kiel in Norddeutschland und München in Süddeutschland mit einer Rallye zu verbinden. Gesagt, getan. Dieser Vorschlag fand die Unterstützung von Willi Daume, dem damaligen Präsidenten des Organisationskomitees der Olympischen Sommerspiele in München, der auch für diese Rallye die Schirmherrschaft übernahm. Hans Schwägerl, der Rallye-Organisator schlechthin aus Marktredwitz, übernahm die Organisation dieser Mammutveranstaltung.

Die Olympia-Rallye 1972 ist bis heute die größte deutsche Rallye-Veranstaltung. Sie führte vom 14. bis 18. August 1972 über 3.400 km von Kiel quer durch ganz Deutschland nach München, gespickt mit 67 Prüfungen mit einem Anteil von geplanten 677 km, gewertet 620 km. Eine richtige, von der FIA ausgeschriebene Rallye-Weltmeisterschaft gab es damals noch nicht, erst ab 1979 für Fahrer. Dennoch zählte diese Großveranstaltung, die von einer Million Zuschauern an der Strecke verfolgt wurde, zu acht verschiedenen Landesmeisterschaften. 400 Nennungen gingen ein, aber nur 300 Teams waren startberechtigt. Die damalige Creme de la Creme war am Start wie Bernard Darniche (Alpine), Jean-Pierre Nicolas (Alpine) Hannu Mikkola (Ford), Achim Warmbold (BMW), Ove Andersson (Opel), Rauno Aaltonen (BMW), Jean Ragnotti (Opel), Tony Fall (BMW), Dieter Glemser (Ford), Anders Külläng (Opel), um nur einige zu nennen. Der Sieger hieß Nicolas mit Jean Todt (Ex-FIA-Präsident) auf dem heißen Beifahrersitz in der Alpine A110 vor Küllang und Ragnotti.

Wer bitte ist Röhrl?

Doch vor dem Start hatte keiner die Startnummer 23 im Kalkül. Diese klebte am privaten Ford Capri 2600 RS eines gewissen Walter Röhrl, den damals fast kaum einer kannte. Dies sollte sich aber nach dem Start ändern.

Röhrl selbst gestand damals: «Ich war ein Niemand, völlig unbekannt. In Kiel war die gesamte Weltelite am Start. Ich bin mit meinem Capri einfach losgefahren und nach den ersten Prüfungen haben sie meine Bestzeiten gestrichen. ‚Zeitfehler.’ Erst nach sieben Prüfungen hat ein Journalist nachgeforscht. Irgendjemand sagte ihm: "Das ist ein Verrückter aus dem Bayrischen Wald. Der fährt wirklich so schnell.»

Röhrl hat später bewiesen, dass das alles wirklich stimmen musste. Er sorgte schon gleich auf der ersten Prüfung, der 6,06 km langen Asphaltpiste beim norddeutschen Mölln für die sensationelle Bestzeit, die keiner glauben wollte. «Da habe ich gleich mal richtig Gas gegeben», wird Röhrl in «Die großen Rallyestars» kommentiert. «Da war natürlich der Teufel los. Alle haben sich am Kopf gekratzt und gesagt, das muss wohl ein Verrückter sein. Wer ist denn das? Röhrl? Startnummer 23? Das kann nicht stimmen.» Das war natürlich Wasser auf die heimliche Schadenfreude des Regensburgers.

An Bestzeiten von Walter Röhrl musste sich die Konkurrenz bei der Olympia-Rallye 1972 schnell gewöhnen. Elf waren es bis zu seinem bedauernswerten Ausfall fünf Prüfungen vor dem Ziel. Er wollte im langen Ford Capri als Spitzenreiter mit einem Vorsprung von 14 Sekunden vor Jean-Pierre Nicolas (Alpine A110) in die 62. Prüfung auf der Sandbahn in Plattling, nahe seiner Regensburger Heimat, starten. Er blieb allerdings vorher mit einem Lagerschaden liegen. Aus, die Maus. «Da war ich fix und fertig. Im ersten Moment habe ich gar nicht kapiert, dass das trotzdem eine tolle Leistung war», erinnert sich der spätere zweifache Weltmeister Röhrl, der aufgrund dieser Leistung kurze Zeit später bei Opel seinen ersten Profi-Vertrag unterschrieb. Seine Karriere dürfte inzwischen hinlänglich bekannt sein.

Das schrieb Röhrl am 20. August 2017 über die Olympia-Rallye auf Facebook:

«17 Regierungsbezirke, 87 Landkreise und 900 Ortschaften. Willi Daume, Präsident des Komitees der Olympischen Spiele in München war Schirmherr. Rallyeleiter Hans Schwägerl rekrutierte 5000 Helfer und organisierte mit ihnen 67 Sonderprüfungen mit einer Gesamtlänge von mehr als 600 Kilometern in ganz Deutschland. Es waren weit über 300 Teams, die nach dem Start in Kiel in 4 Tagen eine Gesamtstrecke von 3500 KM zurücklegten. Über eine Million Zuschauer sahen die Autos in den verschiedensten WP`s, sogar Hockenheim und Nürburgring waren dabei, bis die erfolgreichen 145 Teams am 5. Tag in München am Olympiagelände eintrafen. Hans Schwägerl leistete unglaubliche Arbeit. Hans starb am 12. Januar 2017 Jahres im Alter von 91 Jahren.»

Röhrl weiter: «Der Start zur Olympia-Rallye war also am Montag, den 13.08.1972 um 08.30 Uhr in Kiel. Und ich durfte nun den Grp.2-Capri fahren. Nach einer längeren Zeit der Rallyeabstinenz von Okt. 71 bis Juni 72 bekam ich von Mike Kranefuß, damaliger Motorsport-Chef bei Ford wieder ein Kleint-Auto und er plante sofort meine Teilnahme bei der Olympia-Rallye. Zuvor sollte ich noch die Polen-Rallye fahren, bei der ich mit Jochen Berger zusammen einen 2. Platz im Gesamt holte. Ich war also mental bestens gerüstet. Allerdings hatte ich einen Heidenrespekt, ja fast Ehrfurcht vor den damaligen Größen des Rallyesports. All diese Top-Rallyefahrer wie Nicolas, Darniche, Aaltonen, Fall, Ragnotti, und viele andere. Zum ersten Mal sah ich Hannu Mikkola in Person. Das war schon ein tolles Erlebnis.»

«Jochen Berger fuhr mit Jochi Kleint und mein Beifahrer war Hannes Rothfuß. Hannes war ein super Beifahrer. Aufgrund seines damaligen Berufes konnte er unglaublich gut mit topographischen Karten umgehen und war ein erstklassiger Navigator. Wir fuhren die Rallye ohne Probleme. Da wir uns keine Hoffnung auf einen größeren Erfolg machten, konnten wir die Rallye locker angehen und fuhren eigentlich zum Spaß. Aufgrund des enormen Drehmoments und der Kraft des Capri ließ ich es richtig fliegen. Er musste ohnehin immer auf Drehzahl gehalten werden. Wir fuhren fast alles quer und richtig wild. Gleich am ersten Tag bemerkten wir, dass wir ganz vorne mit, ja sogar Bestzeiten fuhren, wenngleich ich das nicht so recht verstehen konnte. Diese berühmten Teams mit ihren Spitzen-Rallyeautos mussten doch schneller sein als ich. Selbst der damalige Pressechef der Rallye, Herbert Völker konnte nicht glauben, dass wir denen um die Ohren fuhren und sah darin einen Fehler der Zeitnahme. Er strich uns immer wieder von der Liste. Später musste er seine Meinung korrigieren. Hannes hatte einen Mords Spaß mit meiner wilden und grenzgängerischen Fahrweise. Und ich freute mich, wenn ein Drift mit 180 am Ende der Kurve exakt am Straßenrand endete. Einmal holten wir den Führenden Nicolas auf der WP ein und fuhren neben ihm zur ZK. Der war ganz aus dem Häuschen und so machten wir uns dann einen Namen. Später kamen sie sogar zu uns und fragten nach unseren Zeiten. Das war ein unbeschreibliches Gefühl.»

«Wir fuhren also diszipliniert durch ganz Deutschland und genossen jede WP. Ich freute mich schon auf meine Heimatregion und die Nachricht, dass der Röhrl vorne mit dabei ist. Auf bayrischem Boden angekommen, konnten wir der Konkurrenz kräftig aufmischen und ich fuhr einige Bestzeiten. Dann ging es in den letzten Abend und wir waren bereits in Niederbayern bei den letzten Sonderprüfungen. Auf der Überführungsetappe bei Plattling verabschiedete sich plötzlich mein Motor und ich fiel mit 14 Sekunden Vorsprung als Gesamtführender aus. Für Nicolas eine Erleichterung, denn wir beide kämpften um den Gesamtsieg. Es wäre ein super Erfolg für uns gewesen. Trotzdem gab es jede Menge Schlagzeilen und die Olympia-Rallye spielte für meine Laufbahn eine entscheidende Rolle. Und es war ein außergewöhnliches Abenteuer zu dieser Zeit. Wir alle sind heute noch stolz, bei dieser legendären Rallye dabei gewesen zu sein. Jean-Pierre Nicolas mit Beifahrer Jean Todt, die späteren Gesamtsieger sagten nach der Veranstaltung: es gibt keine Steigerungen, es war die Rallye der Superlative.»

An dieses Ereignis vor 50 Jahren erinnert nun die «Olympia Rallye’72 Revival 2022», die vom 8. bis 13. August 2022 über 2.100 km wieder von Kiel nach München für Fahrzeuge in vier Kategorien von 1950 bis 1990 führt. Weitere Infos folgen.

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