FIA setzt auf Risiko
FIA-Präsident Jean Todt folgt den Vorstellungen der Hersteller nicht
Jean Todt, Präsident des Motorsport-Weltverbandes FIA, will sich von den Herstellern keine Vorschriften machen lassen. Damit hat er grundsätzlich Recht. Ob ausgerechnet der Kalender der Rallye-WM 2016 der passende Anlass ist, ein Exempel zu statuieren, möchte ich allerdings stark bezweifeln.
Das World Motor Sport Council der FIA hat am Mittwoch eine Erweiterung des Kalenders von 13 auf 14 Rallyes beschlossen. Zwei Läufe – Monte Carlo und Frankreich – müssen zwar noch per Vertrag mit dem Vermarkter bestätigt werden. Und die Organisatoren der zuletzt nicht gerade super gelaufenen Rallye China müssen beweisen, dass sie geforderte Verbesserungen für ein WM-Comeback in der nächsten Saison umsetzen. Aber das sind Formalien. Die Aufstockung um eine Rallye wird kommen.
Also genau das, was zwei Hersteller – Citroën und Ford/M-Sport – schon im Vorfeld rundweg abgelehnt haben und vor dem die anderen beiden – Volkswagen und Hyundai – dringend gewarnt haben. Die FIA geht offensichtlich ganz bewusst auf Konfrontationskurs zu den Herstellern. Zu einem Zeitpunkt, der schlechter kaum gewählt sein könnte.
Damit bringt Jean Todt nicht nur Citroën-Chefin Linda Jackson in die Zwickmühle. Sie hat den Verbleib der Marke in der WM zwar von einer Rallye China abhängig gemacht. Aber auch von einer Maximalanzahl von 13 Läufen. Jackson hat nun die Wahl: Entweder sie schluckt den Köder der Rallye China – und wird für den zweiten Teil ihrer Forderung wortbrüchig. Oder sie macht ihre Drohung wahr und kehrt der Rallye-WM den Rücken. Dann wird sie sich – mehr als scheinheilige – Vorwürfe seitens der FIA anhören müssen, Citroën steige trotz der Aufnahme der Rallye China aus.
Todt pokert hoch. Wirtschaftskapitäne mögen es garnicht, wenn man sie in eine Verliererrolle drängt.
Auch Volkswagen erwischt die FIA auf dem falschen Fuß. Die Wolfsburger haben im Moment andere Sorgen, als zusätzliches Geld für eine 14. WM-Rallye freizugeben. Zu allem Überfluss ein weiterer, teurer Überseelauf. «Irgendjemand bei der FIA scheint zu glauben, wir könnten eine Million einfach so aus der Luft zaubern», schimpfte Motorsportdirektor Jost Capito. Er sieht sein Programm zwar wie angekündigt bis 2019 gesichert. Da aber im Moment noch niemand genau sagen kann, wie der vom «Diesel-Gate» angeschlagene Volkswagen-Konzern in ein paar Monaten als Ganzes aussieht, würde ich dafür meine Hand nicht ins Feuer legen.
M-Sport-Eigner und Ford-Teamchef Malcolm Wilson hat ebenfalls gedroht, bei einer Erweiterung auf 14 WM-Läufe auszusteigen. Der Brite verfügt allerdings nur über die schwächsten Druckmittel. Seine private Firma lebt davon, Rallyeautos zu bauen und einzusetzen. Wilson wird schon irgendeine Möglichkeit finden, die für die Rallye China benötigten Mittel an anderer Stelle einzusparen.
Bleibt Hyundai. Michel Nandan sieht als Einziger unter den Teamdirektoren die Sache pragmatisch. «Die Hersteller wollten alle eine Rallye China. Jetzt haben sie eine, also müssen sie auch dafür bezahlen», folgte der Franzose der Linie seines Landsmanns Jean Todt.
Ich hoffe, damit haben sich die beiden nicht gründlich verrechnet.