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Zeitreise: Der Porsche 917 LH in Le Mans

Von Guido Quirmbach
Der einzige Renneinsatz des 917 045. Siffert/Bell in Le Mans 71

Der einzige Renneinsatz des 917 045. Siffert/Bell in Le Mans 71

Einer der legendären Langhecks kehrt in der kommenden Woche auf die Strecke von Le Mans zurück. Ein kleiner Rückblick.

Die bevorstehende Le Mans-Woche bringt auch einige Leckerbissen für Fans vergangener Zeiten. Am Samstag, dem 12. Juni startet um 11.05 Uhr das Rennen der Gruppe C-Boliden, die von 1982-1992 das Bild in Le Mans bestimmten. Doch bereits zuvor, allerdings bislang noch ohne genau veröffentlichten Zeitrahmen, wird in der ganzen Woche immer wieder einer der legendären Porsche 917 LH einige Demo-Runden drehen.

LH steht für Langheck und war eine spezielle Entwicklung des Porsche 917 für Le Mans. Zur damaligen Zeit wurde die Hunaudiéres-Gerade noch ohne die beiden Schikanen gefahren und war knapp 6km lang, was bis 1989 so blieb. Sechs Kilometer absolut Vollgas, das gab es nirgendwo im Rennsport sonst auf der Welt und erforderte aus der Sicht der Porsche-Ingenieure die Sonderanfertigung. Bei der Premiere des 917 im Jahr 1969 waren dies noch leicht veränderte Heckpartien, die nach dem Rennen wieder für herkömmliche Rundkurse zurückgerüstet wurden. Die eigentlichen, später auch im Rennen eingesetzten Langhecks von 1970 und 1971 wurden bis auf den ersten Testträger gleich von Beginn an für den Hochgeschwindigkeitskurs konzipiert.

Der 917 mit der Chassisnummer 040 begann sein Leben noch als normales Kurzheck und war einer der beiden Entwicklungsträger für die spezielle Le Mans-Ausfertigung. Doch der Wagen sollte Le Mans nie sehen, am 6. April 1970 hatte er bei Hochgeschwindigkeitstest auf dem VW-Versuchsgelände von Ehra-Lessien nördlich von Wolfsburg einen Unfall und war Schrott. Pilot Kurt Ahrens blieb bei dem Unfall unverletzt, obwohl der Wagen komplett auseinandergebrochen ist. Wer die Bilder des Wracks kennt, kann getrost das Wort «Wunder» in den Mund nehmen, womit auch der kürzlich 70 Jahre alt gewordene Kurt Ahrens kein Problem hat.

Mit dem zweiten Entwicklungsträger, dem 917 041 ging es zum Le Mans-Vortest, bei dem es überwiegend negative Erkenntnisse vor allem über das Fahrverhalten zum Vorschein kam. Es gab einen grösseren Aufgabenkatalog, der bis zum zwei Monate später stattfindenden Rennen abgearbeitet werden musste. Doch als man die Neuerungen ausprobieren wollte, wurde Willi Kauhsen wieder in Ehra am Ende einer der 10km langen Geraden von einem Regenschauer überrascht, 917 041 ging ebenfalls in die ewigen Jagdgründe, auch Kauhsen blieb unverletzt. Das Testprogramm vor Le Mans war somit stark eingeschränkt, dennoch wusste man bei Porsche, dass man mit dem Langheck auf dem richtigen Weg zu ist.

Dies bestätigte sich wenige Wochen später, im Rennen startete der von Porsche Salzburg eingesetzte 917 LH mit Ahrens/Elford von der Pole und führte, solange es trocken war. Und das war es 1970 nur wenig, später fiel der Wagen mit Ventilfederbruch aus. Ein zweiter, vom Martini-Team eingesetzter 917 LH wurde mit Gerard Larrousse und Willi Kauhsen starker Zweiter hinter den Siegern Hans Herrmann/Richard Attwood, die mit einem bei den widrigen Bedingungen besser geeigneten Kurzheck-917 für den ersten Gesamtsieg von Porsche in Le Mans sorgten.

Doch bei Porsche war man sich anschliessend sicher, dass unter normalen Umständen das Langheck der bessere Wagen für Le Mans ist, dieser Meinung schloss sich auch der Chef des eigentlichen Werksteams Gulf-Racing John Wyer an, der 1970 noch ausschliesslich Kurzhecks einsetzte. Für 1971 waren drei inzwischen noch weiter modifizierten Langhecks geplant. Der Engländer Jacky Oliver fuhr auf dem 917 043 beim Vortraining in Le Mans mit 3.13.6 min die schnellste in Le Mans je gefahrene Rundenzeit. Ein Rekord für die Ewigkeit, denn die ständigen Streckenänderungen lassen eine Verbesserung zum Glück nicht mehr zu. Auf der Geraden erreichte der Wagen 386km/h. Wohlgemerkt, wir reden von 1971.

Doch im Rennen war den drei 917 LH das Glück nicht hold. Von den drei ersten Rängen aus gestartet, sahen weder die beiden Langhecks von Gulf-Racing noch der des Martini-Teams das Ziel. Alle erlitten technische Defekte. Doch der damalige Martini-Racing-Chef Hans-Dieter Dechent, der am Sonntag des diesjährigen Rennens seinen 70. Geburtstag feiern wird, konnte sich trösten, sein 917 K mit Gijs van Lennep/Helmut Marko gewann und stellte mit 5.335km den noch heute gültigen Distanzrekord in Le Mans auf.

Danach war die Zeit des 917 LH zu Ende. Von den insgesamt sechs gebauten Exemplaren haben es vier ins Rennen geschafft. Drei Exemplare wurden nach Unfällen in der aktiven Zeit verschrottet, drei blieben der Nachwelt erhalten. Der 917 040 und 041 kamen nach den oben erwähnten Unfällen in die Presse. Der 917 042 fuhr sowohl 1970 als auch 1971 im Rennen und ist seitdem in Besitz des Porsche-Museums. Der 917 043 war das zweitplatzierte Auto von 1970 und fand sein Ende bei Testfahrten im Herbst des gleichen Jahres auf dem Hockenheimring. Aus dessen Resten wurde der 917 044 aufgebaut. Deshalb kommt es bei einigen Publikationen bei der Chassis-Nummer zu Irritationen, in den offiziellen Porsche-Quellen lief er weiter als 043, es ist war aber das 044er Chassis. Der 917 044 war der Wagen von Oliver/Rodriguez im Jahr 1971 und steht heute in 1970er Hippie-Lackierung im Museum der Simone-Foundation in Philadelphia. Der 917 045 lief unter Siffert/Bell 1971 in Le Mans und wurde ein Jahr später an von Porsche als Dauerleihgabe in Martini-Farben an das Museum des ACO in Le Mans abgegeben.
 
Dort hat man den 917 045 nun herausgeholt und restauriert, so dass er in den Händen von Gerad Larrousse in der nächsten Woche nach 39 Jahren wieder auf die Strecke von Le Mans zurückkehrt. Am kommenden Dienstag um 11.00 Uhr wird er in der Boxengasse von Le Mans der Öffentlichkeit präsentiert.

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