Formel-1-Fahrer ermordet: Der Fall wurde nie geklärt
In der Formel-1-Historie finden wir drei Piloten aus Kolumbien: Der bekannteste davon ist Juan Pablo Montoya (sieben Siege, WM-Dritter 2002 und 2003), einige Renn-Fans erinnern sich noch an Roberto Guerrero, aber der Name des ersten F1-Fahrers aus Kolumbien ist so gut wie vergessen – Ricardo Londono-Bridge.
Ricardo Londono-Bridge (geboren am 8. August 1949) stammte aus Medellin, einer Hochburg des Drogenhandels. In jungen Jahren war er ein guter Motorrad- und Autorennfahrer mit stattlicher Siegerpokalsammlung. Bei Rennen in den USA (CanAm, IMSA) entpuppte er sich Ende der 70er Jahre nicht eben als der nächste Mario Andretti, aber komplett blamiert hat er sich auch nicht.
Das kam erst, als er in einem Anfall von Grössenwahn glaubte, er könne aus heiterem Himmel Formel 1 fahren.
Er wurde vom ewig klammen Ensign-Teamchef Mo Nunn angeheuert, den Brasilien-GP 1981 zu bestreiten. Londono hatte zuvor einen Lotus 78 bei der nationalen britischen Aurora-Meisterschaft in Silverstone pilotiert (ohne Erfolg und ohne Punkt).
Doch nach dem Vortest zum Brasilien-GP wurde ihm wegen einer Kollision mit Fittipaldi-Fahrer Keke Rosberg die nötige Superlizenz verweigert, der Führerschein für GP-Piloten. Londono scheiterte damit, die Zuteilung des Dokuments mit einer Beschwerde zu erwirken.
Der Autoverband gab an, dass die erforderlichen Unterlagen für den Formel-1-Führerschein namens Superlizenz nicht vorlägen. Der Schweizer Marc Surer übernahm den Platz von Ricardo und wurde mit dem Ensign im Rennen von Jacarepagua bei Rio de Janeiro sensationeller Vierter, zudem fuhr der Basler im strömenden Regen die schnellste Rennrunde, eine Sternstunde.
Londono-Bridge war also der erste Kolumbianer, der an einem Formel-1-WM-Wochenende teilnehmen wollte. Solch eine Chance sollte es nie wieder geben – stattdessen bestritt er einige Formel-2-Rennen für das Docking-Spitzey-Team (beste Platzierung: Neunter in Pau) und fuhr danach wieder Rennen in den USA.
Dann verschwand er in der Rennwelt vom Radar, zog sich 1988 nach Kolumbien zurück, wo er Flugzeuge, Hubschrauber und Boote an Drogenschmuggler verkauft haben soll (es gilt die Unschuldsvermutung).
Im Jahr 2000 wurde ein Grossteil seiner Vermögenswerte samt zahlreicher Oldtimer mit dem Vorwurf konfisziert, das sei alles mit Drogenhandel finanziert worden, die Rede war von zehn Millionen Dollar.
Im Juli 2009 wurde Ricardo in seiner Heimat Opfer eines Anschlags – der 59-jährige Londono-Bridge hatte mit Freunden eine Wellness-Anlage in San Bernardo del Viento bei Cispata im Norden seines Heimatlandes verlassen, als er mit zwölf Schüssen niedergestreckt wurde, drei trafen ihn in den Kopf. Auch seine Begleiter wurden erschossen. Die Täter flüchteten auf Motorrädern.
Die Hintergründe des Anschlags wurden nie geklärt.