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Zeitreise: Le Mans 1977 Teil 2

Von Guido Quirmbach
Der einzige Überlebende: Porsche 936 mit Ickx, Haywood und Barth

Der einzige Überlebende: Porsche 936 mit Ickx, Haywood und Barth

Porsche lag hoffnungslos zurück. Und hat am Schluss doch noch gewonnen.

Das Drama bei Porsche ging weiter. Der an zweiter Stelle liegende 936 von Ickx/Pescarolo beschleunigte in der 44. Runde aus Mulsanne heraus in Richtung Indianapolis, als Pescarolo plötzlich einen Schlag hörte und hinter sich nur noch Rauch sah. Ein Pleuel war gebrochen. In ersten Stellungnahmen machte man den Franzosen für den Ausfall verantwortlich, er soll sich verschaltet haben, was diesen wahnsinnig ärgerte. Später wurde er rehabilitiert, es war ein Materialfehler.

Auch Porsche hatte somit einen ersten Totalausfall. Und der zweite liess nicht lange auf sich warten: Am 935 von Stommelen/Schurti ging kurz nach der 4-Stunden-Marke die Zylinderkopfdichtung ein.

Drei Renault vorne, zwei Porsche out und einer mit neun Runden Rückstand, das war die Bilanz nach vier Stunden von Le Mans 1977. Porsche blieben nicht viele Möglichkeiten zum Reagieren. Jacky Ickx, der das Rennen zu dem Zeitpunkt bereits dreimal gewonnen hat, wird nach dem Ausfall des eigenen Wagens nun auf die Nummer 4 zu Jürgen Barth und Hurley Haywood gesetzt. Wobei der Amerikaner viel Ruhezeit erhält, Barth und vor allem Ickx übernehmen nun den Löwenanteil am Steuer des verbliebenen 936.

Und sie geben Gas. Und wie! Ickx und auch Barth fahren das Rennen ihres Lebens. «Ickx mochte eigentlich keine untersteuernden Autos, wie es unserer war. Nun war er mit dem von mir abgestimmten Auto schneller als mit seinem eigenen!» sagt Jürgen Barth. Einerseits versuchen sie auf der fast sechs Kilometer langen Geraden, auf denen ihr 936 um die 340km/h schnell ist, den Motor zu schonen, in dem sie immer kurz lupfen. Anderseits räubern sie über die Kurbs als gäbe es kein Morgen mehr. Was ihnen mehrfach die Spiegel kostet, welche die für sie neuen Vibrationen nicht aushalten.

Ickx wächst über sich hinaus, er verliert sechs Kilo an Flüssigkeit, verbessert mehrfach den Rundenrekord, der dann bei 3.36.9 min festgenagelt wird. In seinem längsten Stint sitzt er 3 Stunden und 54 Minuten am Steuer. Teilweise fährt der 936 zehn Sekunden schneller als die Renault, die dann aber ebenfalls wieder etwas zulegen. Doch noch vor Halbzeit verliert Renault den Wagen von Tambay/Jaussaud mit Motorschaden. Was Gérad Larrousse nervös macht: «Alle Motoren sind gleich!»

Der 936 hatte es in der Nacht auf den dritten Rang geschafft, sechs Runden betrug noch der Rückstand. Morgens dann fallen Laffite/Depailler wegen eines Getriebeschadens zurück, der fünfte Gang will nicht mehr. Barth/Haywood/Ickx liegen nun auf Rang zwei.

Es fängt dann noch an zu regnen, was dem bis dahin souverän führenden Jabouille überhaupt nicht behagt. Gleich dreimal dreht er sich an der gleichen Stelle. Doch das tut nichts mehr zur Sache: Um kurz nach neun rauchte auch der führende Renault und musste wegen durchgebranntem Kolben aufgeben.

Damit hatte der Martini-Porsche 936 von Rang 41 kommend die Führung übernommen. Doch der wurde nun gejagt vom Renault von Patrick Depailler/Jacques Laffite. Laffite verlor auf Barth jedoch Zeit, Depailler aber war schneller als Haywood. Renault-Teammanager Larrousse gab die Order zum Angriff und schickte damit auch den letzten Renault ins Verderben: Kurz vor Mittag kollabierte auch bei diesem A442 der Motor. «Wir haben nie aufgegeben und immer Druck gemacht. Deshalb mussten die Renault schneller fahren, als die Motoren vertragen haben!» schlussfolgert Jürgen Barth.

Porsche konnte es nun die verbleibenden vier Stunden gemütlich angehen, der Vorsprung auf den verbliebenen, Zweitplatzierten Mirage betrug 19 Runden.

Doch dann, 45 Minuten vor dem Ende kommt Haywood mit rauchendem Motor an die Box. Auch hier war ein Kolben kaputt. Der schöne Vorsprung ist bekanntlich in Le Mans nutzlos, man muss die Zielflagge auf der Strecke sehen und die letzte Runde in einer Maximal-Zeit absolvieren. Die Mechaniker legten den betroffenen Zylinder lahm.

Als Fünf-Zylinder ging Jürgen Barth vor den zitternden Teamkollegen und der nervösen Mannschaft um 15.50 Uhr wieder auf die Strecke und drehte noch zwei langsame Runden von über sechs Minuten. Schnell genug und absolut protestsicher, der Sieg war geschafft.

Jacky Ickx Im Siegerauto war Ickx für 10h53 min am Steuer, Barth fuhr 8h52 min, Haywood 3h 13min. Für Jürgen Barth war es der einzige Le Mans-Sieg seiner Karriere. Hurley Haywood, für den es sein erstes Rennen ausserhalb der USA überhaupt war, gewann noch 1983 und 1994. Für Jacky Ickx war es nach 1969, 1975 und 1976 der vierte Sieg, 1981 und 1982 sollten noch zwei weitere folgen.

Porsche hatte die vielleicht grösste Materialschlacht von Le Mans aller Zeiten gerade noch für sich entschieden. Das Rennen wird neben dem Porsche-Erfolg immer verbunden sein mit der Aufholdjagd des Jacky Ickx: «Es war das perfekteste Rennen meines Lebens, sowohl für mich als Fahrer als auch beim Teamwork.»

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