Was wird die Annäherung von ACO und IMSA bringen?
Wie viele Hypercars wird es neben dem Toyota überhaupt noch geben?
Der 24. Januar wird als historischer Tag in die Geschichte des internationalen Sportwagen-Motorsports eingehen. Der Le-Mans-Veranstalter ACO (gemeinsam mit den Kollegen von der FIA WEC) und die amerikanische IMSA-Serie haben sich auf eine gemeinsame Prototypen-Plattform geeinigt. In Zukunft wird es also möglich sein, die 24 Stunden von Le Mans und die 24 Stunden von Daytona mit demselben Rennwagen zu gewinnen. Das ist natürlich erfreulich und wurde seit etlichen Jahren/Jahrzehnten von vielen Seiten gewünscht und erhofft.
Darüber hinaus wird diese Konvergenz auch wieder neue Hersteller in die Top-Prototypen-Klasse bringen. Aus zwei Gründen: Erstens muss (wie erwähnt) nur noch ein Auto entwickelt werden, um im WEC und IMSA Gesamtsiege einzufahren. Und zweitens wird dieses Rennauto dann sogar noch verhältnismäßig günstig sein, da es auf der LMP2-Chassis-Plattform basiert. Preiswerter ist ein Hersteller seit Jahrzehnten nicht mehr an einen Le-Mans-Sieg herangekommen.
Die verkündete gemeinsame LMDh-Klasse (LMD steht natürlich für Le Mans Daytona - h ist noch geheim) ist jedoch nichts anderes, als ein neuer Name für die Neuauflage der DPi-Kategorie, die ab 2022 in der IMSA-Serie sowieso angestanden hätte. Letztendlich handelt es sich bei der so stolz präsentierten Konvergenz also eigentlich nur um die zukünftige Anerkennung der (nun umbenannten) DPi in WEC und Le Mans.
Dieser Schritt stand schon im letzten Sommer im Raum. Jedoch bekam der ACO von Toyota und Aston Martin das Versprechen, ein Hypercar zu bauen – und somit wurde die damals noch namenlose LMH-Klasse im Vorfeld der 24 Stunden von Le Mans final durchgeboxt.
Die Hypercars werden natürlich auch weiterhin dabei bleiben und somit müssen beide Konzepte über eine BoP (Balance of Performance) auf ein Rundenzeiten-Niveau gebracht werden. Dies wäre erspart geblieben, wenn die neue LMDh-Konvergenz schon im letzten Juni ausgerufen worden wäre und nicht jetzt erst mit circa einem halben Jahr Verspätung.
Auf der anderen Seite hätte der ACO seinen Hauptplayer Toyota nie dazu gebracht, einen LMDh zu entwickeln. Denn die Japaner wollten beispielsweise immer ein eigenes Hybridsystem verbauen und keine Standardtechnik von der Stange verwenden müssen.
Wie wird nun die Zukunft aussehen? Klar ist, dass die LMDh um einiges günstiger sind als die Le Mans Hypercars vom Schlage eines Toyotas. Somit ist die Hypercar-Formel schon jetzt eine Art Totgeburt. Denn zukünftig interessierte Hersteller werden ihren Prototypen natürlich auf der LMDh-Formel entstehen lassen. Warum sollten sie etliche Millionen mehr ausgeben, wenn beide Konzepte sowieso über eine BoP angepasst werden? Gerade in der heutigen Zeit müssen die Motorsportabteilungen der Hersteller jeden Euro dreimal umdrehen, um vom Vorstand überhaupt noch ein Werksprogramm genehmigt zu bekommen.
Darüber hinaus steht derzeit noch nicht einmal fest, ob die LMH überhaupt in der IMSA-Serie starten dürfen. Gerüchten zufolge soll das im letzten Dezember angekündigte WEC-Programm von Peugeot bereits schon in Richtung LMDh (anstatt Le Mans Hypercar) umschwenken.
Mit der Zulassung der LMDh in die FIA WEC/24h Le Mans hat der ACO also seine eigene im letzten Sommer gerade erst ins Leben gerufene Hypercar-Formel schon wieder kannibalisiert, bevor sie überhaupt ihr Rennstrecken-Debüt gefeiert hat. Weitsicht in der Planung (und Aufbau von gegenseitigem Vertrauen) sieht anders aus.
Weitere Auswirkungen könnte die LMDh-Klasse auf die GTE/GTLM-Kategorie haben. Denn die dortigen Hauptplayer Porsche und Ferrari finden das LMDh-Konzept ebenfalls interessant. Sollten beide in Richtung LMDh gehen, so wäre die GTE/GTLM hinfällig. Dann wäre es zumindest mit der Zweiteilung im GT-Sport vorbei und die GT3-Klasse würde die Rolle der GT-Königskategorie übernehmen.