Schock für KTM: Motorenpapst Kurt Trieb geht zu Honda
Nicht nur auf dem Fahrermarkt der MotoGP geht es dank der Causa Jorge Martin noch vor der Sommerpause hoch her. Aus sicherer Quelle wird berichtet, dass Honda sich eine weitere Spitzenkraft des Fahrerlagers zur Verstärkung der MotoGP-Mannschaft gesichert hat. Kurt Trieb, verantwortlicher Chefentwickler der Motorenabteilung bei KTM Racing, wird zu Honda wechseln.
Bereits vor einigen Tagen hatte die Plattform GPone.com die Fährte aufgenommen und vom gesteigerten Interesse der Japaner an dem dem deutschen Spitzentechniker berichtet. Eine Bestätigung zu der strategisch hochbrisanten Personalie gibt es derzeit weder aus Österreich noch von dem potenziell neuen Arbeitgeber aus Japan. Doch es gilt als sicher, dass der Deutsche die Struktur aus Oberösterreich verlässt und zukünftig Antriebe für die Honda Racing Corporation entwickelt.
Hierzu soll eine Technik-Einheit in Italien formiert werden, die auch mit Ingenieuren aus Japan bestückt ist, aber unter der Regie des Mannes aus Baden-Württemberg stehen wird, der nicht nur den Antrieb der KTM RC16 zur Leistungsreferenz der MotoGP gebracht hat.
Trieb ist Kopf der gesamten Rennmotorenentwicklung in Munderfing. Trotz der immensen Einschnitte nach der wirtschaftlichen Bauchlandung zum Ende des letzten Jahres kümmert sich die Mannschaft um Trieb weiter um die Disziplinen Motocross, Enduro, Rally, Moto3 und MotoGP sowie sämtliche Zukunftsprojekte der Rennmotorenabteilung.
Dazu zählt auch der bereits konstruierte, komplett neue RC16-Antrieb, der mit 850 ccm und Beginn der neuen MotoGP-Ära 2027 eingeführt werden soll. Ob ein neuer KTM-MotoGP ab 2027 tatsächlich zum Einsatz kommt, ist offiziell noch unbestätigt, denn alle Hersteller haben noch nicht die Verträge der 850er-Ära vorliegen –die werden auf der anderen Seite vom neuen Mehrheitseigentümer Liberty Media unterzeichnet.
Dass Honda auch ab 2027 mit nochmals gesteigertem Engagement versuchen wird, wieder an die MotoGP-Spitze zu gelangen, daran besteht nicht der geringste Zweifel. Ebenso ist es ein offenes Geheimnis, dass HRC zwar immense Fortschritte mit der Entwicklung der RC213V gemacht hat, jedoch klare Defizite auf Seiten des Antriebs hat. Erst beim jüngsten MotoGP-Test in Barcelona beklagte Tester Aleix Espargaro den anhaltenden Rückstand in Sachen Beschleunigung und Topspeed.
Referenz hier, KTM. Der von Trieb entworfene und von seinem Team meisterhaft umgesetzte V4-Antrieb lässt die RC16-Piloten zuverlässig an der Spitze der Topspeed-Listen auftauchen. Selbst die Ducati-Techniker und -Piloten applaudieren auch in der Öffentlichkeit der offensichtlichen KTM-Power.
Der Weggang des 63-jährigen Motoren-Gurus, der an der Seite mit Chassis-Spezialist Wolfgang Felber für das gesamte MotoGP-Entwicklungsprojekt verantwortlich ist, bedeutet für KTM einen gigantischen Lawinenabgang. Sämtliche heute im Renneinsatz befindlichen Motoren der Österreicher gingen über den Schreibtisch von Trieb. Zwar ist die Motorenentwicklung keine Einmann-Unternehmung, doch mit Trieb werden wertvolles Know-how und Innovationen in Richtung Japan verschoben.
Der Wechsel zu HRC ist sehr viel mehr als eine gewöhnliche Personalie. Er unterstreicht die Entschlossenheit von Honda: Nach der Verpflichtung des Italieners Romano Albesianos als neuem Leiter der Fahrzeugentwicklung soll es mit Kurt Trieb auch im Antriebsbereich wieder ganz nach vorne gehen.
Kurt Trieb befasst sich seit Jahrzehnten mit Rennmotoren, arbeitete mit etlichen Ikonen der Entwicklung zusammen und war unter anderem auch in der Formel 1 tätig. Die Liste der Antriebe mit Trieb-Handschrift ist lang. Nennenswert neben den KTM-Antrieben mit Beginn des erfolgreichen 250er-Viertakt-Einzylinders für die Moto3 ab 2012 sind auch erfolgreiche Antriebe auf Serienbasis wie die Superbike-Motoren von Aprilia (RSV4) und BMW (S 1000 RR).