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Saisonauftakt nach Mies

Kolumne von Christopher Mies
Sieg in Bathurst: v.li.: Christer Jöns, Darryl O’Young und Christopher Mies

Sieg in Bathurst: v.li.: Christer Jöns, Darryl O’Young und Christopher Mies

Christopher Mies in seiner Kolumne über seinen Sieg bei den 12 Stunden von Bathurst.

Hier ist sie nun… Meine erste Kolumne. Während ich meinen Rückflug antrete, habe ich nochmal genug Zeit, mein erstes Rennen 2012 Revue passieren zu lassen, und ich möchte euch daran teilhaben lassen. Sozusagen «behind the scenes».

Vor drei Wochen flog ich nach Australien und wusste nicht, was mich erwartet. Das Reglement hatte sich geändert, die Konkurrenz war so stark wie noch nie, und ich hatte mit Christer einen neuen Teamkollegen bekommen. Glaubt mir, ich weiss wie schwer es ist, diese faszinierende Rennstrecke zu lernen. Und da wäre noch das Wetter! Wie? Australien? Da ist doch Sommer, und es scheint immer die Sonne?! Falsch gedacht, wie 2011 gab es auch diesmal reichlich Regen. Verrückt, man fliegt 20.000 km, um Eifelwetter zu haben.

Aber eins nach dem anderen, wenn man schon 22 Stunden fliegt, will man auch mal was vom Land sehen. Also etwas eher nach Australien, Kängurus im freier Wildbahn begutachten, Freunde treffen und einfach die Atmosphäre geniessen. Australien muss man mal erlebt haben, wirklich ein faszinierendes Land. Es wurde relaxt, mit den Jungs von Phoenix Racing eine Art «Teambuilding» gemacht, und der Sport kam natürlich auch nicht zu kurz. Bei +37 Grad kann man doch ganz ordentlich schwitzen.

Nach gut zwei Wochen ging es dann endlich nach Bathurst. Die beiden Autos mit ihren Designs sahen wirklich super aus. Unser Känguru-Auto schlummerte noch vor sich hin. Erst mal rumgejoggt und geschaut, ob sich etwas verändert hat. Hat es nicht, nur die Bergaufpassage hatte ich nicht mehr so steil in Erinnerung. Ab dem Mittwoch folgte ein Meeting nach dem anderen. Technisches Meeting, Strategiemeeting und die Audi-Australia-Kunden wollten auch noch unterhalten werden. Es gab also neben dem Fahren noch eine Menge für uns zu tun, aber es hat äusserst viel Spass gemacht, sich mit Leuten aus einer ganz anderen Region der Welt zu unterhalten.

Am Freitag gab es dann die ersten freien Trainings. Leider so kurz (3 x à 35 Minuten), dass wir jedem Fahrer ein Training zur Verfügung stellten. Meine Aufgabe war es, die Reifenmischungen für das Rennen zu bestimmen. Ich entschied mich für die Medium und für die harten Reifen, da wir planten, Doppelstints zu fahren. Im Qualifying sollten sich unsere ganzen Meetings auszahlen, wir stellten das Auto mit knapp einer Sekunde Vorsprung auf die Pole Position! Well done boys! Einen komischen Moment hatte ich allerdings doch: In der Outlap sprangen mir zwei Kängurus vors Auto. Das hatte ich in der Form auch noch nie erlebt… Welcome to Down Under.

Nach dem Qualifying wieder Meetings, Audi-Gala-Abend und dann schlafen. Der Sonntag begann dann morgens um 4 Uhr! Da ich den Start fahren durfte, war ich auch der erste von den Fahrern. Zugegeben, etwas aufgeregt war ich schon... Ist schließlich ein 12-Stunden-Rennen und kein Sprintrennen wie sonst bei den ADAC GT Masters.

Nochmal kurzes Meeting, Helm auf, rein ins Cockpit und konzentriert die Reifen auf Temperatur bringen – ach ja, Sprit sparen dabei nicht vergessen.
Der Start an sich gelang mir sehr gut, ich konnte mich in den ersten drei Runden leicht von Allan Simonsen im Ferrari absetzen, danach jedoch kam dieser wieder mit Riesenschritten heran. Schwuppsdiwupps war er auch vorbei und ich nur noch Zweiter. Danach entschwand Allan in den Weiten des Berges vom Mount Panorama. Ich war jedoch in der Lage, bis zum Ende meines Doppelstints auf Platz 2 zu bleiben.

Erster Stopp, Christer rein. Alles perfekt, wenn…, ja wenn da nicht der Regen kommen würde. Inzwischen hatten wir einen Dreikampf mit uns, dem Schwester-Audi und einem Mercedes. Spannend und zeitgleich faszinierend zu sehen, wie gut die «Balance of Performance» hier gegriffen hat. So einen ausgeglichenen Kampf habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Hier werden eben die Fahrer noch nicht mit balanciert. Guter Ansatz! Christer übergab das Auto an mich auf Platz 1 liegend, und ich durfte nach einer Stunde Pause zu meinem nächsten Doppelstint ran. Dabei war das Auto so genial zu fahren, dass ich pro Runde fünf Sekunden auf Bleekemolen im Mercedes und gar 10 Sekunden auf Mark Eddy im Schwesterauto gutmachen konnte. Ich fühlte mich pudelwohl in unserem Känguru-Audi.

Ich war quasi schon auf dem Weg in die Box, führendes Auto mit mehr als 40 Sekunden Vorsprung, als mir ein Missgeschick unterlief. Durch den Regen und den «kalten» Temperaturen kühlte die vordere Bremse im Verhältnis stärker ab wie die auf der Hinterachse. Das Ergebnis? Eine überbremsende Hinterachse, folglich ein Dreher und das ach so beliebte Kiesbett – da ist er wieder, der Kies Mies (danke an dieser Stelle an Patrick Simon für diesen Spitznamen!). Führung ade, nur noch Dritter.

Gute zwei Minuten verloren, aber noch in derselben Runde. Glück gehabt! Danach hieß es Maximum attack, ich übergab an Darryl, und der brannte förmlich ein Feuerwerk ab. Zusammen mit Christer waren wir immer das schnellste Auto im Feld und fuhren uns konstant nach vorne. Am Ende hatten wir über eine Minute Vorsprung – nach 12 Stunden!

Ich stand an der Box, als Darryl über die Linie fuhr, und zum ersten Mal in meiner Karriere kamen mir die Tränen. Es war ein Rennen mit Höhen und Tiefen, und ich war einfach nur froh, gewonnen zu haben! Es ist ein unglaubliches Gefühl mit dem Sieg in der Tasche nach Hause zu fliegen, ich hätte es mir nie verziehen, wenn wir wegen meinem Dreher das Rennen verloren hätten. Es ist schwer, so etwas zu verdauen, wenn man mit dem Ingenieur funkt und man die enttäuschende Stimme hört. Böse war mir trotzdem keiner, wir sind bei Phoenix Racing eben wie eine Familie, und Fehler passieren jedem. Deswegen arbeite ich so gerne mit Phoenix zusammen. Der gute Glaube in einem geht nie verloren. Aber es ging ja nochmal gut, und ich konnte genügend mit den Jungs feiern…

Das war es also, das legendäre 12-Stunden-Rennen von Bathurst, ich hoffe auf ein neues in 2013! Dann mit dem neuen Audi R8 LMS ultra.

Jetzt geht es für mich heim, Workshop mit dem neuen Team. Wo ich wann und wie fahren werde, wird bald bekannt gegeben. Jedenfalls wird es ein strammes Programm aus mehreren Serien und natürlich die Langstreckenklassiker, wo ich hoffentlich einen genau so guten Ausgang wie das Rennen in Australien haben werde. Ich hoffe, ich sehe viele von euch live an der Strecke, auf dass wir eine spannende Saison zusammen haben.

Bis dahin!

Euer Chris

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