Hauenstein 2012: In der Hitze der Rhön
Sebastian Schmitt - Opel Gerent Kadett CQP Evo 2
2012, Bergrennen, Hitze? Doch wohl eher kaum vorstellbar. Die bayerische Rhön belehrt uns eines Besseren. Sie präsentiert sich über das komplette Rennwochenende heiß und trocken. Und verwöhnt obendrein mit teilweise neuem, glattem Asphalt. Lief das Training mit drei Sitzungen am Samstag noch etwas holprig, so versöhnt der Sonntag mit vollen vier Läufen und einem perfekt getimten Rennende knapp vor 17:00 Uhr. Klingt bisher alles easy und voll relaxed. Ein Zuckerschlecken war das 43. AvD/MSCR Hauenstein-Bergrennen aber keineswegs. Denn insgesamt 16,8 Wertungskilometer mit bekannt hohem Vollgasanteil bei Sauna-Cockpit-Temperaturen forderten alles von Mensch und Material.
Beim siebten KW Berg-Cup-Saisonlauf zeigten sich die Akteure der 1150er-Klasse mitsamt ihren Arbeitsgeräten standfest. Das Training sah die beiden 16-Ventiler Polo von Robert Bauer und Jürgen Schneider an der Spitze, gefolgt von Tobias Stegmann im Schneider Audi 50. Der Sonntagmorgen zeigt überraschend ein anderes Bild. Zwar geigt Robert Bauer trotz Schaltproblemen vorne gewaltig auf und setzt sich mit 5,01 Sekunden Vorsprung deutlich an die Spitze. Aber dann folgen Bernd Deutsch (Schneider Audi 50) und Tobias Stegmann. Jürgen Schneider startet super, auf dem Weg zum Ziel wird sein Motor immer zäher, mehr als Rang vier ist so nicht drin. Man vermutet Gremlins im Motorumfeld und in der Elektronik. Sie werden fieberhaft gesucht, treiben aber auch in den restlichen Läufen ihr Unwesen. Die Abstände in der Verfolgergruppe sind eng. In der Hitze des Tages bleibt Tobias Stegmann cool, ab Heat zwei ist er Klassenzweiter. Derweil betreibt Jürgen Schneider Schadensbegrenzung, schiebt sich mühsam auf Position drei nach vorne. An der Spitze nimmt Robert Bauer Tempo raus, gewinnt dennoch unangefochten vor Tobi Stegmann und Jürgen Schneider. Bernd Deutsch und Jörg Eberle (Fiat 127 Sturm Keepsake) laufen auf den Plätzen vier und fünf ein. Die Klassen 8-Ventiler Wertung wird zur Beute von Tobias Stegmann, vor Bernd Deutsch, Jörg Eberle, Peter Richter (VW Polo) und Rolf Rauch im Fiat 128 Coupé.
Die 1,3-Liter haben ihre Sensation schon vor dem Rennen. Franz Weißdorn übersieht den Nennungsschluss, kann nicht teilnehmen, muss kampflos seine KW Berg-Cup-Führungspositionen abgeben. In der Division I an Bernd Deutsch, im Gesamtranking an die Titelverteidiger Hansi Eller/Mario Minichberger. In der Rhön ist in der 1300er-Klasse ganz ohne Zweifel Jürgen Gehrig der „Man of the Race“. Der Odenwälder dominiert im sequentiell geschalteten 16V Polo mit Motorradzylinderkopf Training und Rennen, gewinnt überlegen. Mit leichtem Respektabstand belegen von Anfang an Manfred Konrad (VW Corrado 16V) und Klaus Bernert die Ränge zwei und drei. Daran ändert sich bis zum Finale nichts. Bis kurz vor der Jopp-Schikane die Sicherungsklammer des Schaltseiles am Bernert Polo 16V keine Lust mehr auf Höhenluft hat und von Bord springt. Klaus steht für den Zielsprint nur mehr der 6. Gang zur Verfügung, rund 8 Sekunden gehen verloren, er fällt auf Position fünf zurück. Markus Spöri (Suzuki Swift 4WD) und Berg-Cup-Urgestein Martin Kleiner (Polo 16V) rücken auf die Plätze drei und vier nach vorne. Auch für Wolfi Glas liegt ein Podiumsplatz im Bereich des Möglichen. Doch der Minichberger Polo 16V rollt an vierter Stelle liegend im dritten Heat ohne Vortrieb nach der Jopp-Kurve aus. Einmal mehr sichert sich der Eichenbühler Christof Hörnig die 1,3-Liter 8-Ventiler-Krone vor Nils Abb und Klaus Streiberger (alle VW Polo). Die Sonderwertungs-Ehrenplätze vier und fünf gehen an Rupert Rumpel (Simca Rallye) und Markus Hülsmann im VW Golf.
Zwei Dinge sind in der 1600er-Klasse schnell geklärt: Der Weg zum Sieg führt nur über Hans Paulitsch und seinen Minichberger Scirocco 16V, wer Zweiter werden möchte muss Helmut Maier im Spiess Golf 16-Ventiler bezwingen. Das schafft in der Rhön niemand, routiniert sichern die beiden Front-Runner ihre Positionen ab. Um Platz drei entbrennt ein heißer Fight zwischen Tobias Auchter (Zöllner Corsa 16V), Werner Heindrichs im Veytal-Corsa 16V und Thorsten Brunner (VW Golf 16V). Nach Run drei, nach 12,6 Highspeed-Kilometern, klebt dieses Kampf-Trio immer noch innerhalb von 1,1 Sekunden zusammen. Schlussendlich entert Thorsten Brunner als Dritter den noch zu vergebenden Podiumsplatz. Tobias Auchter übersteht die Schlussoffensive von Werner Heindrichs knapp, rettet mit dem Minimalvorsprung von 16 Hundertstelsekunden Rang vier. Kfz.-Meister Jürgen Seitz fährt im Ford Escort MK III motiviert und mit vollem Einsatz auf P7, leider aber auch im „luftleeren Raum“, da er im Moment der einzige KW 8V-Trophy-Teilnehmer bei den 1600ern ist.
Volles Haus bei den 2-Litern. 27 Starter versprechen spektakuläre Action und höchste Spannung. Fünf Piloten knacken bereits im Training die 2-Minuten-Schallmauer. Mit 1:56,53 markiert Vorjahressieger Mario Minichberger im zweiten Probedurchgang die Bestzeit. Vor „Local Hero“ Sebastian Schmitt, der im dritten Run mit dem Gerent Kadett 16V leicht in die Reifenstapel der Jopp-Kurve rutscht. Die weitere Reihung lautet Peter Naumann, Ralf Kroll und Dieter Rottenberger. Bei Roman Sonderbauer fährt die Defekthexe mit, ein Motorschaden am Risse-Kadett zwingt den Niederbayern zur Aufgabe. Peter Naumann registriert erhöhte Kühlwassertemperatur am Polo Super Charger. Ein nächtlicher Reparaturversuch scheitert. Die vier verbliebenen Top-Leute des Trainings geben auch im Rennen den Ton an, diktieren das Tempo. Lauf eins sieht zwei Fronttriebler vorne. Mario Minichberger presst den Scirocco 16V an die Spitze, ist 0,27 Sekunden schneller als Ralf Kroll im Lehmann Golf 16-Ventiler. Es folgen Basti Schmitt, Dieter Rottenberger und Holger Hovemann im Risse Kadett. Im zweiten Durchgang schaltet Sebastian Schmitt bedingungslos auf Angriffsmodus um, brennt in 1:55,19 die schnellste 2-Liter-Einzellaufzeit des Wochenendes in den ohnehin heißen Hauenstein-Asphalt. Marios Vorsprung schmilzt auf winzige 0,072 Sekunden zusammen. Im dritten Heat kontert der Scirocco Pilot, nimmt dem Gerent-Kadett eine Zehntelsekunde ab.
Die endgültige Entscheidung wird auf den letzten Durchgang vertagt. Basti setzt nochmals eine 55er-Zeit, für Mario bleibt die Uhr bei 1:56,52 stehen. Damit ist alles klar. Sebastian Schmitt gewinnt erstmals seinen „Heim-Grand-Prix“. Hinter dem Siegerduo wird hart um die Positionen gekämpft. Ralf Kroll wird Dritter, Dieter Rottenberger holt sich im BMW 320i STW Rang vier, Holger Hovemann wird Fünfter. Mit Position sechs lässt der schnelle Vorarlberger Baumeister Markus Reich das Potential seines Golf nach der Minichberger Fitness-Kur aufblitzen. Patrick Orth fährt im BMW 320 iS angriffslustig wie immer, unterhält das Publikum in der Jopp-Kurve mit akrobatischen Zweiradeinlagen, sichert sich Platz sieben, versüßt sich das Wochenende mit einem weiteren „Berg-Cup Youngster Sofort-Hunderter“. André Wiebe, (Renault Clio, P8), Norbert Wimmer im BMW 2002 8-Ventiler (P9) und Jens Weber als Zehnter vervollständigen die Top-Ten. Aus der 2-Liter KW 8V Trophy ist leider schon früh die Spitzen-Spannung heraus. Nach dem Auftaktlauf ist das Duo Infernale Norbert Wimmer/Michael Rauch nur durch 0,63 Sekunden getrennt. Im zweiten Run schwächelt die Hinterachse am Briegel-Kadett, produziert schlagende Geräusche. Michael biegt in der Jopp-Kurve links ab Richtung Fahrerlager. Aber hinter dem nun einsam führenden Norbert Wimmer geht der Punk ab. Die Herrschaften Bernhard Lang, Johann Hatezic und Rookie Christian Dümler bewerben sich vehement um den Titel des 8-Ventiler „Klassen-Vize“. Nachgeben will keiner. Also wird bedingungslos Gas gegeben. Bis zum Schluss. Mit einem Kraftakt treibt Bernhard Lang seinen Ford Escort RS 2000 im Finale zur persönlichen Bestzeit von 2:05,93 und damit auf Sonderwertungsplatz zwei. Dritter wird Johann Hatezic im Opel Ascona B. Ex-Kart Pilot Christian Dümler, der die KW Berg-Cup Rookie Wertung weiterhin anführt, verfehlt im VW Golf das 8V-Siegerpodest lediglich um 0,56 Sekunden und wird Vierter. Den Pokal für Platz 5 sichert sich Hans-Dieter Seitz (Ford Escort).
Etwas klarer verteilt sind die Kräfteverhältnisse in den restlichen KW Berg-Cup Klassen. In der H über 2000 ccm fährt Markus Wüstefeld seinen AMG Mercedes 190 DTM souverän zum erwarteten Favoritensieg. Auf dem Siegerpodium wird er flankiert von Siegfried Hauff (Opel Kadett C 16V/P2) und Normann Struckmann, der den Turbo-Allradler namens Ford Escort Cosworth auf den dritten Rang wuchtet. Ähnliches gilt für die beiden Klassen (bis und über 2000 ccm) der zusammen gewerteten Gruppen FS/E1-Bergrennen/E1-FIA und E2-SH. Die 2-Liter-Fraktion steht ganz im Zeichen von Rainer Schönborn, der von der imaginären „Pole-Position“ im VW Golf I 16V zu einem ungefährdeten Start-Ziel Sieg fährt. Und damit für sich und seine Frau Andrea alle Chancen zu einer absoluten Top-Platzierung im KW Berg-Cup Gruppe H 2012 offen hält. Günter Göser sichert sich Platz zwei, Dritter wird Edmund Bodenmüller (beide Opel Kadett 16V).
Die Auseinandersetzung der schnellsten Tourenwagen eine Klasse höher beginnt mit einem Paukenschlag: Der Kitzinger Klaus Hoffmann beansprucht im Opel Astra V8 DTM die Führung für sich. Vor Norbert Brenner (Opel Vectra V8 DTM) und Herbert Stolz im Porsche 935 Turbo. Aber bereits in der nächsten Auffahrt kontert der achtfache Deutsche Automobil-Bergmeister Norbert Brenner, stellt die gewohnte Hackordnung wieder her. Die Reihung Norbert Brenner, Klaus Hoffmann, Herbert Stolz und Norbert Handa (Lancia Delta Integrale) hat Bestand bis zum Ende des Wettbewerbes. Zusätzlich zum Tourenwagensieg holt sich Norbert Brenner auch Rang zwei der Hauenstein Gesamtwertung, in seinem Windschatten fliegt Klaus Hoffmann zu Platz drei „Over All“.
Bereits am kommenden Wochenende geht es im eidgenössischen Oberhallau für die KW Berg-Cup-Truppe weiter. Saisonlauf Nummer acht steht auf dem Programm. Die Regel „die besten acht von elf Läufen“ gilt weiterhin. Wohl dem, der bisher regelmäßig und gut punkten konnte. Denn die Luft wird dünner, die Anspannung steigt. Nach Oberhallau können nur noch in Unterfranken, im österreichischen St. Agatha und in Mickhausen KW Berg-Cup-Zähler geholt werden. Und es deutet alles darauf hin, dass sich die uralte Rennsportweisheit „zusammengezählt wird ganz zum Schluss“ wieder einmal bewahrheitet. Also flugs die Koffer gepackt und live vor Ort mitgefiebert. Wenn es geht am besten bei allen restlichen Stationen der KW Berg-Cup-Tournee 2012. Ganz sicher aber beim großen Finale vom 5. bis zum 7. Oktober in Mickhausen. Spätestens dort sehen wir uns – abgemacht!