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Eisspeedway-GP in Russland: Kein gewöhnlicher Tripp

Kolumne von Thomas Schiffner
Familie Iwema unterstützte Jasper in Togliatti

Familie Iwema unterstützte Jasper in Togliatti

Eine Reise im frostigen Winter 3000 Kilometer weit nach Russland ist schon in normalen Zeiten eine kleine Herausforderung. Wenn alles unter Covid-19-Restriktionen steht, wird’s noch mal eine Nummer härter.

Zunächst braucht man für die Reise nach Russland ein Visum; an dessen rechtzeitiger Ausstellung ist Harald Simon schon mal gescheitert. Ich bin nicht den Weg über die Verbände und das russische Sportministerium gegangen, sondern habe mir im Reisebüro ein Touristenvisum geholt. Hat geklappt.

Letztes Jahr war das nicht möglich: Es gab keine Touristenvisa. Nach zwei Flügen via Moskau landeten wir Freitagmorgen um 3 Uhr auf dem Flughafen in Kurumoch, 60 Kilometer östlich von Togliatti. Das benötigte Taxi gibt es leider nicht. Da sehe ich einen Russen, der ein Schild in der Hand hält: «Iwema». Der Name kommt mir sehr bekannt vor. Als wir sechs Personen hinter dem Mann herlaufen sehen, nehmen auch wir die Verfolgung auf. Mit Erfolg: Die gesamte Familie Iwema nimmt das Taxi zum Hotel «Alpenblick» in Togliatti, um ihren Jasper anzufeuern, und gewährt uns Obdach im Großraumtaxi.

Am Freitag geht es per Taxi zum Training ins Stadion zum Standardpreis von 105 Rubel (1,23 €). Dort ist zwar kein Zuschauer, doch der in Togliatti allherrschende Daniil Iwanov wuselt durch die Gegend, die gute Pressefee von Mega Lada, Julia Romanenko, im richtigen Leben Chefsekretärin des neuen Bürgermeisters von Togliatti, wartet bereits mit unseren Pressetickets und liest mir auch sonst – fast – jeden Wunsch von den Lippen ab.

Beim Rennen am Samstag treffen wir nicht einen einzigen Fan aus Westeuropa – wie auch? Es sei denn, man bezeichnet Inzell-Organisator Daniel Fuchs und seine Frau als Fans. Ein einziges Mal verliert Pressechefin Julia ihre Contenance, als sie nach dem Rennen feststellt, dass die Deutschland-Flagge, die sie Daniel Fuchs gegeben hat, um sie auf den Zuschauerrängen aufzuhängen, verschwunden ist. Recherchen nach dem Verbleib des schwarz-rot-goldenen Stoffs bleiben erfolglos, nur die Erkenntnis, dass er nicht von deutschen Fans geklaut worden sein könnte.

Das Fahrerlager in Togliatti ist ein heimeliger Ort: 25 Grad wärmer als draußen und man trifft dort das Who is Who des Eisspeedwaysports. Der dreifache Weltmeister Aleksandr Balashov wohnt noch immer in Moskau. Er hat jedem WM-Teilnehmer ein russisches Autokennzeichen mit seinem Namen mitgebracht. Vladimir Lumpov, der einstige Crash-König der Spike-Szene, ist mit seinem Sohn gekommen. Lumpov organsiert im Winter Eisrennen für seinen Club Viktoria – mit Autos und Karts. Rekordweltmeister Nikolai Krasnikov ist natürlich auch da, doch er hat wie immer nicht für mehr als ein kurzes Hallo Zeit, er muss sich ja um seinen neuen Schützling Nikita Bogdanov kümmern. Wie zu seiner aktiven Zeit: Er kam, siegte und ging.

Rif Mustafin, der wilde Reiter der Siebziger-Jahre, ist gemütlicher drauf. Oleg Kurguskin, der ehemalige russische Speedwayfahrer fungiert als Offizieller: Er ist in Togliatti der FIM-Rennleiter.

Im Fahrerlager erkundige ich mich auch nach der politischen Lage: Von 30 Befragten versichern mir 30, dass eine russische Invasion in der Ukraine so unwahrscheinlich sei wie ein chinesischer Einmarsch in die USA.

Während unseres Aufenthalts haben wir sowieso ein sicheres Gefühl, denn am Dienstagmittag, der Zeit unserer Rückreise aus Moskau, trifft Bundeskanzler Olaf Scholz ebenda Präsident Putin – da kommt bestimmt keiner auf dumme Ideen.

Den Montag haben wir uns freigehalten, denn auf meinen gefühlt Dutzenden von Russland-Reisen habe ich noch nie die Wolga gesehen. Also buchen wir uns vom Militärmuseum in Togliatti (Geheimtipp!) aus ein Taxi Richtung Wolga. Nach 45 Minuten Fahrzeit und zum horrenden Fahrpreis von 350 Rubel (4,12 €) wirft uns der Taxifahrer an einem Parkplatz vor einem Waldweg raus und deutet in eine Richtung.

Nach zehn Minuten Fußweg sehen wir vor uns ein riesiges schneebedecktes Tal. Beim zweiten Hinsehen erkennen wir: das ist die Wolga – vollständig zugefroren. Ich mache meine Beweisfotos und wir können zum Hotel zurückkehren.

Am nächsten Tag, als wir zweimal beinahe unseren Anschlussflug verpasst haben, beschließen wir: Falls es nächstes Jahr noch Eisspeedway gibt und Togliatti wieder im Kalender ist, sind wir wieder dabei.


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