Erzbergrodeo gegen die FIM: Der große Krach eskaliert

Das Red Bull Erzbergrodeo ist auch ohne FIM der prestigeträchtigste Event
Die Hard-Enduro-WM 2024 wurde von der vorwiegend von KTM finanzierten WESS Promotion GmbH organisiert. Als beim österreichischen Hersteller am 29. November 2024 ein gerichtlich überwachtes Sanierungsverfahren eingeleitet wurde, das inzwischen abgeschlossen ist, kam auch jegliches Sponsoring auf den Prüfstand.
Der Rest ist Geschichte: Die WESS Promotion GmbH wurde liquidiert, der Motorrad-Weltverband FIM fand mit der Schweizer Firma ProTouchGlobal einen neuen Promoter. Dieser präsentierte Ende April den Kalender für die Weltmeisterschaft 2025: Zwar sind sieben Veranstaltungen vertreten, doch mit dem Red Bull Erzbergrodeo sowie den Romaniacs fehlen die beiden größten und prestigeträchtigsten.
Weil monatelang unklar war, wie es mit der Weltmeisterschaft weitergeht, ergriffen die Macher des Erzbergrodeos und der Romaniacs selbst die Initiative.
«Nach dem Stand damals, als die WM abgesagt wurde, hätte es 2025 keine WM und somit auch keinen Titel gegeben», erklärte Erzberg-Großhirn Karl Katoch im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com. «Dieser ist für die Fahrer aber wichtig. Man muss auch unterscheiden zwischen Hard-Enduro, Extrem-Enduro und Extrem-Rallye. Das sind aus meiner Sicht die drei Titel, die man haben kann. Extrem-Enduro ist am Erzberg entstanden und gehört zum Erzberg. Die FIM würde das alles hier komplett verändern und ich glaube nicht, dass das die Leute wollen. Wenn du den Erzberg gewonnen hast, bist du ohne Preisgeld ein Star. Wir investieren das Geld in die Werbung, in die Präsenz der Fahrer und nicht in das Preisgeld für wenige.»
Der Bayer Manuel Lettenbichler (Red Bull KTM) gewann das Erzbergrodeo am vergangenen Wochenende zum vierten Mal in Folge und wurde anschließend zum Extrem-Enduro-Weltmeister ausgerufen.
Für FIM-Präsident Jorge Viegas ein Affront, wie er SPEEDWEEK.com mitteilte. «Wie du dir vorstellen kannst, halte ich diese ‚Weltmeisterschaften’ für einen Schwindel und lächerlich», hielt der Portugiese gegenüber der Chefredaktion fest. «Wie können sie sich über die Anstrengungen so vieler Piloten lustig machen, die Wochenende für Wochenende darum kämpfen, am Ende der Saison die Besten zu sein und als ‚ECHTE’ Weltmeister gelten?»
Viegas weiter: «Wir mussten in diesem Jahr den Veranstalter für das Hard-Enduro wechseln, da die Probleme mit der KTM-Gruppe allen bekannt waren. Wir haben sehr schnell eine Ausschreibung gemacht, sechs Firmen waren interessiert, und beschlossen, die Vermarktung an ProTouchGlobal zu geben, die alles versucht haben, um diese beiden Events in ihrem Kalender zu behalten. Tatsächlich glaubten sie nicht, dass wir so schnell einen neuen Promoter finden würden und beschlossen, ihre Veranstaltungen als ‚Weltmeisterschaft‘ zu bezeichnen. Wir könnten sie vor Gericht bekämpfen, aber das würde ihnen nur noch mehr Ruhm einbringen. Ich betrachte diese so genannten ‚Weltmeisterschaften’ als eine Beleidigung für die Fahrer, die darum kämpfen, in dieser fantastischen Disziplin wirklich die Besten der Welt zu sein!»
In zwei Punkten ist Viegas möglicherweise nicht vollumfänglich informiert. Laut Aussage von Karl Katoch wurde er erst einen Tag (!) vor der Veröffentlichung des Kalenders der FIM Hard-Enduro-WM vom neuen Promoter ProTouchGlobal kontaktiert, von «alles versucht» kann also keine Rede sein.
Und was die Fahrer am Erzberg betrifft: Die gesamte Weltelite war beim für sie wichtigsten Rennen des Jahres versammelt. Und es lässt sich mit Bestimmtheit sagen: Von den 1100 Teilnehmern aus 41 Ländern fühlte sich keiner beleidigt, weil am Erzberg ein Weltmeister ohne den Segen der FIM ausgerufen wurde.
Katoch redet bezüglich des Weltverbands Klartext: «Es sollte sich keiner anmaßen zu bestimmen, wer welche Titel vergibt. Extrem-Enduro ist am Erzberg entstanden und nach 30 Jahren kommt jemand daher, der möchte, dass ich ihm Geld gebe, dass die Fahrer eine Lizenz haben, er möchte vom Gewinn eine Provision haben und er möchte uns ein Reglement aufdrücken, das mit unseren Werten und Vereinbarungen nicht übereinstimmt. Wenn ich mir erlaube, nach 30 Jahren einen Weltmeister-Titel zu vergeben, dann ist das aus meiner Sicht nur gerecht. Darüber hinaus muss man irgendwann in dem System auch mal die Stimme heben. Die FIM hat vieles geschafft, aber auch vieles zu Grabe getragen. Irgendwann muss man auch mal klarmachen, dass ein gewisser Weg nicht der richtige ist. Und von den Fahrern sind ausnahmslos alle zum Erzbergrodeo gekommen. Mal schauen, wie viele mit FIM-Lizenz beim nächsten Rennen in den USA antreten werden.»