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Ohne Bernie Ecclestone: GP-Programm wird umgekrempelt

Von Mathias Brunner
Vergangenheit und Zukunft der Formel 1: Sir Jackie Stewart mit Chase Carey

Vergangenheit und Zukunft der Formel 1: Sir Jackie Stewart mit Chase Carey

​Der langjährige Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone ist entmachtet. Viele Grand-Prix-Fans fragen sich: In welcher Art wird das GP-Programm nun geändert? Verlieren wir noch mehr Rennen in Europa?

Die Spezialisten der Formel-1-Grossaktionäre von Liberty Media wollen dem Grand-Prix-Sport wieder den Stellenwert einer wahren Königsklasse zurückgeben: Mit Autos, die schon im Stehen schnell aussehen. Mit Rennen, die den Fans den Atem rauben. Mit Piloten, die als Helden empfunden werden. Mit ganz anderen Formen der Zugänglichkeit für die Fans.

Viele Menschen reagieren auf Veränderungen grundsätzlich ängstlich. Denn anders muss nicht zwingend besser sein. So mancher Formel-1-Fan wird sich in diesen Tagen bange fragen: Was passiert mit meinem Lieblingssport, gerade was die Austragungsorte angeht? Verlieren wir noch mehr Rennen in Europa zu Gunsten exotischer Orte? An Länder, wo es eine untergeordnete Rolle spielt, was ein WM-Lauf kostet? Was hat die Formel 1 davon, wenn der Nürburgring verwaist ist und in Baku vor leeren Rängen gefahren wird?

Liberty-Media-Geschäftsleiter Greg Maffei hatte den Takt im Herbst schon mal vorgegeben: «Ich glaube, wir können die Anzahl Grands Prix milde erhöhen. Ich mag besonders die Vorstellung eines Nacht-GP in Las Vegas.»

Maffei und Ecclestone-Nachfolger Chase Carey sind davon überzeugt, dass in den USA viel Fan-Potenzial für die Formel 1 brachliegt. Zur Erinnerung: 1982 gab es im Rahmen der Formel-1-WM gleich vier Rennen in Nordamerika: Den Montreal-GP, dazu Grands Prix in Long Beach, Detroit und Las Vegas! Jahrelang versuchte Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone, in den USA ein zweites Standbein zu finden, nachdem der Grosse Preis der USA auf dem wundervollen «Circuit of the Americas» (COTA) 2012 endlich ein würdiges Zuhause gefunden hat.

Immer wieder hat der Baumeister der modernen Formel 1 versucht, einen WM-Lauf nach New York zu bringen. Vergeblich. Statt dessen fährt in Brooklyn im kommenden Juli die Formel E mit der weltberühmten Skyline von Manhattan im Hintergrund.

Maffei und Carey wollen Abhilfe schaffen. Greg Maffei: «Wir sehen den Weg im Ausbau des Programms mit Orten, die für Fernsehanstalten und Sponsoren reizvoller sind. Ich erkenne da vor allem Asien und Lateinamerika, längerfristig Nordamerika, besonders die USA, wo wir zu wenige Zuschauer haben. Das alles geht aber nicht über Nacht. Natürlich gibt es Grenzen, allein schon durch die Tatsache, dass wir die Autos rund um die Welt senden. Aber neue Rennen spülen nun mal mehr Geld in die Kasse.»

Ein Jahrzehnt lang keinen Frankreich-GP (erst 2018 kehrt die Formel 1 nach Le Castellet zurück), kein Grand Prix unter der Nürburg, Veranstalter in Silverstone, Monaco, Hockenheim und Belgien im finanziellen Schwitzkasten aufgrund der hohen Antrittsgebühren – rosig sieht das alles nicht aus für die alte Welt.

Aber Chase Carey will die Fans beruhigen. Der US-Amerikaner sagt gegenüber der britischen Sky: «Wir möchten gerne ein zusätzliches Rennen in den USA, in einer faszinierenden Stadt in der Art von New York, Los Angeles, Miami oder Las Vegas. Es soll eine Stadt sein, die genug Attraktivität bietet, um bis zu einer Woche dort zu verbringen – idealerweise mit dem Formel-1-Rennen als Krönung der Reise.»

Und was ist mit Europa? Carey weiter: «Wir wollen weltweit wachsen, wir erkennen in einigen bestehenden Märkten die Möglichkeiten, mehr zu machen. Aber wir sind uns dabei immer bewusst, dass das Fundament des Sports in Westeuropa liegt. Daher wollen wir die Rennen in Europa stärken, so gut es geht. Dazu gehört auch, dass wir einen britischen Grand Prix haben.»

Ross Brawn, der im neuen Führungsgremium der Formel 1 für die sportliche Entwicklung verantwortlich ist, bestätigt seinerseits gegenüber der BBC: «Die Tradition ist ein elementarer Bestandteil der Formel 1. Die Menschen hinter vielen aufregenden neuen Austragungsorten wollen den Charakter ihres jeweiligen Landes beisteuern, sie wollen aber Teil einer Gesamtshow sein, in welcher Platz ist für Monaco und Silverstone, für Hockenheim und Monza und den Nürburgring. Wer die Werte der Formel 1 wahren will, der muss auch die Tradition schützen.»

Der frühere BMW-Motorsportchef Dr. Mario Theissen hat es vor Jahren völlig richtig auf den Punkt gebracht, seine Sätze behalten ihre Gültigkeit: «Die Formel 1 muss eine Mischung bleiben aus traditionellen Rennstrecken und aufregenden neuen Kursen in Wachstumsmärkten. Wir müssen Rennen haben wie in Singapur oder wie in Abu Dhabi. Aber die grossen Strecken müssen unbedingt bleiben, Monza und Spa-Francorchamps, Silverstone und Monte Carlo.»

Angedacht ist bei Liberty Media mittelfristig ein schrittweiser Ausbau auf bis zu 25 Rennen.

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