Formel-1-Champion BMW: Wie Piquet in Monza siegte
Großer Preis von Italien, 11. September 1983: Nelson Piquez hat 14 Punkte Rückstand auf Renault-Fahrer Alain Prost, immerhin sechs auf den Ferrari-Piloten René Arnoux. Nur drei Rennen sind noch zu fahren und, nicht vergessen, damals gibt es ein anderes Punktesystem als heute, mit 9 Punkten für den Sieger, dann 6–4–3–2–1 für die Ränge 2 bis 6.
Piquets Position im Kampf um den Titel ist nicht gerade rosig, als die Hölle von Monza (die Hölle gilt für alle, einzige Ausnahme Ferrari) auf dem Dienstplan steht.
Noch drei Rennen und 14 Punkte auf den Spitzenreiter, aber da ist diese kaum zu greifende Selbstsicherheit in Piquets ganzem Auftritt.
Brabham-Konstrukteur Gordon Murray schmunzelt viel- und nichtssagend in sich hinein, und BMW-Motorenpapst Paul Rosche studiert noch intensiver als sonst seine Unterlagen, die offenbar ein paar Geheimnisse in sich bergen.
Als hätten sich die Brabham-BMW-Männer verschworen, als schweißte sie eine Philosophie zusammen, die ungefähr lauten konnte «jetzt gibt es nur noch den bedingungslosen Angriff», machten sich die weiß-blauen Pfeile auf Rekordjagd, als wollten sie es gerade hier den roten Rennern aus Maranello zeigen.
Piquet und sein Stallgefährte Riccardo Patrese immer neue Trainings-Bestzeiten, bis schließlich Patrese vor eigenem Publikum (das vier Monate zuvor gejubelt hatte, als er beim Großen Preis von San Marino in Imola Auto und Sieg weggeworfen hatte) Qualifikationskönig ist. Ebenso resolut setzt sich Piquet am Start hinter seinen davonstürmenden Teamkollegen.
Das Brabham-BMW-Geschwader entschwindet den Verfolgern nach Belieben, als führe es in einer anderen Klasse.
In der zweiten Runde ist Piquet vorne! Damit (Patrese war der Motor hochgegangen) erübrigen sich die Spekulationen, wie sich der Italiener wohl verhalten würde, wenn er von der Box ein Zeichen bekäme, das ihm befiehlt, Piquet den Vortritt zu lassen.
Immerhin bis dahin nicht ganz müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Wer könnte es einem Italiener verdenken, mit aller Macht den Großen Preis von Italien gewinnen zu wollen? Noch dazu, wenn man so gut in Form ist und wenn seine Vertragsverlängerung noch in den Sternen steht. (Sie kommt letztlich auch nicht zustande.)
Aber diese Gedanken sind an diesem Sonntagnachmittag im königlichen Park überflüssig geworden. Jetzt kann man sich nur darüber wundern, wie es möglich gewesen war, dass Piquet die beiden Ferrari einfach ausbeschleunigt hatte und alle Anstalten machte, das gesamte Feld zu deklassieren.
Es dauert nicht lange, dann geht der brasilianische Spitzenreiter dazu über, das Tempo zu drosseln und aus sicherem Abstand die Verfolger zu kontrollieren.
Als die Boxenmannschaft signalisiert, dass Prost in der 26. Runde mit Turboschaden aus dem Rennen ist, macht sich Piquet in bewährter Manier am «Dampfrad» (der Regulierung für den Ladedruck) zu schaffen.
Aber auch er ist sich seiner Sache nicht ganz sicher: «Ich fuhr ständig mit überhöhter Wassertemperatur und deshalb so langsam es eben ging.»
So langsam er auch die letzten Runden absolviert: Diesen Sieg lässt er sich nicht nehmen. Und diese seltsame Selbstsicherheit wächst und wächst.
Lesen Sie in der nächsten Folge, wie Piquet einige Schrecksekunden überstehen muss und dann doch siegt.