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«Wunderheiler» Toni Mathis feiert 75. Geburtstag

Kolumne von Rainer Braun
​Oft war er die letzte Rettung für verletzte Rennfahrer. Am 10. April vollendet Physio-Therapeut Toni Mathis sein 75. Lebensjahr.

Es müssen wohl mehr als hundert verletzte Sportler gewesen sein, denen der begnadete Physio-Therapeut Toni Mathis im Laufe der Jahre an Rennstrecken, Skipisten oder in seinem Therapie-Center im österreichischen Feldkirch im Rekordtempo wieder zu alter Leistungsstärke verholfen hat. Viele dankbare Kommentare der Genesenen belegen dies. Inzwischen behandelt der «Heiler mit den goldenen Händen» (Feldkircher Anzeiger) nur noch «alte Freunde in Not». Das Tagesgeschäft überlasst er schon seit Jahren ansonsten seinem Sohn Tino (43).

Allein für das AMG-Mercedes-Werksteam war Toni zu DTM-Zeiten über 20 Jahre lang an den Rennstrecken der Heiler vom Dienst. So mancher Racer, Skistar oder Kicker erinnert sich noch heute dankbar daran, wie er nach Brüchen, gerissenen Bändern oder Operationen in den Wochen der Rekonvaleszenz von Mathis wieder fit für Cockpit, Skipiste oder Fußballplatz gemacht wurde.

Aber nicht etwa mit Spritzen oder starken Schmerzmitteln, sondern mit den heilenden Händen eines Mannes, der die Kräfte der Natur und die Wirkung seiner Hände zu nutzen wusste. Wenn seine Hilfe von den Sportlern schnell gebraucht wurde, war er sofort zur Stelle und ließ notfalls auch mal seine regulären Praxis-Patienten auf neue Termine warten.

Gerade diese spontane Hilfsbereitschaft hat ihm in Sportlerkreisen viel Dankbarkeit und Bewunderung eingebracht. Egal ob vor Ort an den Rennstrecken oder den Skipisten – wenn es was einzurenken oder zu richten gab, half Toni immer schnell, unkompliziert und zumeist erfolgreich. Sein Lohn war in der Regel ein herzliches Dankeschön und oft auch eine enge Freundschaft mit den Sportlern. Diese Hilfe hat er stets mehr als Hobby denn als honorierte Dienstleistung gesehen. Sein Einkommen bezog er hauptsächlich aus dem Tagesgeschäft seines Therapie-Centers und festen Aufträgen von Sportverbänden oder Rennställen.

Der ehemalige Formel-1-Pilot Johnny Herbert wird vielleicht am besten wissen, dass Toni Mathis wahre Wunder vollbringen kann. Bei seinem fürchterlichen Formel 3000-Unfall im August 1988 in Brands Hatch hatte er sich an Beinen und Füßen so ziemlich alles gebrochen. Es gab multiple offene Frakturen und schwere Quetschungen. Die Fortsetzung seiner Karriere schien zu Ende. Um nach der Entlassung aus dem Krankenhaus die Reha-Maßnahmen zu beschleunigen, wurde Mathis um Hilfe gebeten. Der ließ in Feldkirch alles stehen und liegen, schloss seine Praxis tagelang und kümmerte sich ausschließlich um den schnellen Patienten.

Kaum jemand mochte damals glauben, dass Herbert jemals wieder ein Rennauto würde besteigen können. Dass der Brite ein paar Monate später wieder gehen und seine Beine belasten konnte, galt schon als kleines Wunder. Und dass er im März 1989 beim Brasilien-GP auf Krücken zum Benetton-Cockpit humpeln und seine Formel 1-Premiere feiern konnte, war ausschließlich den physiotherapeutischen Bemühungen von Mathis geschuldet. Die Presse in England sprach von einem Wunder.

Zu DTM-Zeiten war Toni Mathis ab 1989 als Physio für alle Rennen exklusiv bei AMG-Mercedes unter Vertrag. Die Realität sah allerdings so aus, dass auch Journalisten, Mechaniker, Offizielle und Service-Leute mit ihren großen und kleinen Wehwehchen im Mathis- Behandlungsmobil vorsprachen. Niemals wäre ihm in den Sinn gekommen, einen Bittsteller abzuweisen – Mercedes hat die «Fremdversorgungen» allerdings auch stets großzügig toleriert.

Ausgehebelte Bandscheiben, Prellungen und Zerrungen galt es immer wieder zu reparieren. Mal zwickte bei Jockel Winkelhock der Rücken, bei Armin Hahne waren es die Beine nach seinem schweren Unfall 1989 oder ein Offizieller klagte über eine blockierte Hüfte. Sprechstunde immer rund um die Uhr, fast alles wurde geheilt, und dass möglichst schnell und sofort und natürlich kostenlos.

Trotzdem war der Mann mit den heilenden Händen von so manchem prominenten Fahrerlager-Patienten menschlich enttäuscht: «Eilig hatten sie’s alle, aber wirklich bedankt haben sich danach nur wenige.»

Aber es gab auch andere, die wussten, was sie ihrem Toni schuldig waren. So wie beispielsweise Mercedes-DTM-Pilot Jan Magnussen, der nach einem bösen Roller-Unfall am Norisring 1995 mit einem offenen Beinbruch von Mathis innerhalb kürzester Zeit wieder fit gemacht wurde. Sehr zur Freude seines Behandlers stand er wenige Wochen später gleich beim Comeback in Estoril wieder als Sieger auf dem Podium. Wie so viele Sportler vor ihm bekannte auch der Däne «dass ich das ohne Toni niemals in so kurzer Zeit geschafft hätte».

Seit den 1980er-Jahren eilt Toni Mathis der Ruf voraus, selbst bei jenen Fällen helfen zu können, die von der Schulmedizin als aussichtslos eingestuft werden. Und alle hatten Vertrauen in seine Arbeit, sogar einen Olympia-Stützpunkt richteten ihm seine Landsleute vom Österreichischen Ski Verband (ÖSV) ein. Austrias Ski-Adler wurden von Toni genauso betreut wie ganze Fußballmannschaften. Überdies nutzten gestresste Manager und ausgelaugte Konzern-Chefs seine mehrfach im Jahr angesetzten «Fitnesswochen», um ihren Körper wieder auf Vordermann zu bringen und um neue Energie zu tanken. Bei diesen Gelegenheiten konfrontierte er die Teilnehmer immer gerne mit seinen beiden Wahlsprüchen «Quäle deinen Körper, sonst quält er dich» und «Leben ist Bewegung – Bewegung heißt Leben».

Apropos Quälen. Da gibt es in Feldkirch jene berühmte «Himmelstiege», eine Treppe mit 178 Stufen, über die Mathis seine Fitness-Kundschaft gnadenlos hinauf hetzte. Notfalls wurde die Übung auch zwei oder drei Mal wiederholt, was irgendwann dazu führte, dass so manch atemloser Klient den Ort der Schinderei spaßeshalber in «Kotzstiege» umtaufte. Hier mussten sie alle rauf, runter und wieder rauf, die Formel 1-Stars, die Fußball-Profis und die Wintersport-Prominenz.

Lang ist die Liste der berühmten Patienten, die Toni Mathis nach Verletzungen mit seinen goldenen Händen wieder startklar gemacht hat. Da sind die F1-Piloten Alboreto, Mansell, Rosberg oder Herbert, ÖSV-Skispringer wie Innauer, Kogler oder Neuper, die alpinen Ski-Stars Mair, Klammer, Girardelli, Wenzel und Weirather oder nationale Starkicker wie Pezzey und Jara.

Selbst der Autor dieser Geschichte durfte 1990 schon mal die wundersame Wirkung von ein paar Tagen «Körperertüchtigung» bei und mit Toni Mathis erfahren – zufälligerweise zusammen mit dem damaligen ZDF-Kollegen Harry Valérien.

Als geradezu peinlich empfand ich die Tatsache, dass ich gegenüber dem fast 20 Jahre älteren Wintersport-TV-Experten in nahezu allen von Toni angesetzten Konditions-Disziplinen das Nachsehen hatte. «Der Harry ist ja auch Stammgast und kommt jedes Jahr mindestens einmal zum Auftanken», klärte mich Toni grinsend auf, «und du bist zum ersten Mal da.» Am Ende gab er mir damals noch dies mit auf den Weg: «Wenn du nicht ab sofort regelmäßig was für deinen ramponierten Rücken tust, wirst du im Alter viele Schmerzen und Einschränkungen ertragen müssen.» Er sollte leider recht behalten.

Lieber Toni, alle guten Wünsche zu deinem 75. Geburtstag. Und danke für all deine guten Ratschläge und die unzähligen «Schnellheilungen», mit denen du mir und so manch anderen Kollegen in den schönsten Jahren der DTM das Leben leichter gemacht hast.

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