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Formel 1 in der Krise: Wer ist schuld am Schlamassel?

Von Vanessa Georgoulas
Die Frage nach der Schuld an der aktuellen Formel-1-Krise beantworten die Teamverantwortlichen unterschiedlich

Die Frage nach der Schuld an der aktuellen Formel-1-Krise beantworten die Teamverantwortlichen unterschiedlich

Die Formel 1 sorgt vor allem für negative Schlagzeilen. Nun stellt sich die Schuldfrage: Liegt es an Chef-Vermarkter Bernie Ecclestone, am FIA-Präsidenten Jean Todt – oder zuletzt an der Presse selbst?

Die Pressekonferenz der Teamchefs in Silverstone drehte sich in grossen Teilen um die in der Strategiegruppe diskutierten Massnahmen, mit denen die Formel 1 ab 2017 wieder «attraktiver und spannender» werden soll. Denn darin waren sich Lotus-CEO Matthew Carter, Force India-Teamchef Dr. Vijay Mallya, Manor-Chef John Booth, Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn, McLaren-Sportdirektor Eric Boullier und Williams-Teamchefin Claire Williams einig: In der höchsten Motorsport-Klasse besteht Handlungsbedarf.

Vor allem der Ruf nach einer gerechteren Verteilung der Einnahmen war laut zu hören. Dafür machten sich natürlich die kleineren, weniger wohlhabenden Teams stark. Mallya erklärte etwa: «Für Force India besteht das wichtigste Ziel der F1-Strategiegruppe darin, die Nachhaltigkeit aller Formel-1-Rennställe sicherzustellen. Wenn wir das richtig anpacken, können auch die kleinen Teams sehr konkurrenzfähiger sein, was den Sport verbessert.»

Auch Lotus-CEO Carter schlug in die gleiche Kerbe: «Eines der grossen Ärgernisse für Lotus ist, dass die Chance, einen GP-Sieg zu erobern oder auch nur in die Nähe des Podiums zu kommen, direkt mit der Geldmenge zusammenhängt, die man investiert.» Deshalb plädiert der Brite für ein offeneres technisches Reglement, das den kleineren Rennställen erlaubt, dank innovativer Ideen auf Augenhöhe mit den grossen Teams zu kämpfen.

Plädoyer für Bernie Ecclestone

Doch das ist nicht das einzige Problem, das Carter ausmacht. Denn dem Briten bereitet auch das schlechte Image der Formel 1 Sorgen. Und an diesem sind seiner Meinung nach die Journalisten Schuld, wie er auf Nachfrage betont: «Ich denke, alles Negative kommt von der Presse.» Die Frage, ob nicht Formel-1-Chefpromoter Bernie Ecclestone mit seiner harten Kritik – etwa an den V6-Turbos – das schlechte Bild der Formel 1 gezeichnet habe, ist für ihn schnell beantwortet.

Carter nimmt das 84-jährige Formel-1-Oberhaupt in Schutz: «Ich glaube, er reagiert nur auf das, was in der Presse geschrieben steht. Bernie versucht, den Sport für die Fans attraktiver zu gestalten. Und die Fans lesen, was ihr Jungs da schreibt. Sie hören sich an, was Bernie sagt, da bin ich überzeugt, aber im Grunde lesen sie eure Berichte, und wenn diese negativ sind, werden sie nichts Positives herauslesen können.»

Dass die Presse nur wiedergibt, was ihr gesagt wird, und viele Fahrerlager-Protagonisten über die Formel 1 in ihrer aktuellen Form klagen, ist für Carter kein Argument: «Ihr könnt doch auch Artikel über die neue Technologie schreiben, die wir in der Formel 1 einsetzen. Oder die vielen PS, die von unseren V6-Turbo-Antriebseinheiten erzeugt werden. Oder auch über die fantastische Hybrid-Technologie, die zum Einsatz kommt…»

Auch Mallya ist überzeugt: «Die Medien können zwei Perspektiven einnehmen: Sie können schreiben, der Sport sei langweilig, weil die beiden Mercedes schneller als alle anderen Autos sind. Oder sie sagen: Wow, Mercedes hat einen fantastischen Job gemacht. Es ist schon eine Frage, wie die Medien das Ganze präsentieren. Aber wie gesagt, das Hauptproblem sehe ich in der Frage, die man immer wieder beantworten muss: Werdet ihr nächstes Jahr noch dabei sein? Das ist eine Frage, die sich immer wieder stellt, und deshalb bin ich mir sicher: Wenn die Zukunft aller Teilnehmer gesichert ist, dann wird das Racing besser und das gibt dann auch wieder mehr positive Schlagzeilen.»

Die Rolle des Automobilweltverbands FIA

Etwas diskursiver fällt die Antwort von Kaltenborn aus: «Bis zu einem gewissen Grad sind wir natürlich mit Schuld an der heutigen Situation, auch wenn wir für gewöhnlich andere dafür verantwortlich machen. Wir müssen unsere Probleme selbst in den Griff bekommen, und das bedeutet, dass wir uns zusammensetzen – und zwar vorzugsweise alle Beteiligten – und eine Lösung finden müssen. Gleichzeitig gibt es aber auch Probleme, die wir nicht aus der Welt schaffen können, und das müssen wir akzeptieren.»

Die Sauber-Chefin sieht da auch den Automobilweltverband FIA in der Pflicht: «Einige sind der Ansicht, dass uns die Regeln auferlegt werden müssen, genauso wie in den meisten Sportarten, die so gross sind wie die Formel 1. Wir vertreten unterschiedliche Interessen und werden uns deshalb nie einigen können. Diese Aufgabe muss also per Definition die FIA übernehmen. Ich verstehe, dass sie noch viele andere Geschäfte hat, aber es ist der Automobilweltverband, dem der Motorsport ziemlich viel Geld in die Kassen spült. Es wäre meiner Ansicht nach also gut, wenn da mehr gehandelt werden würde, um die Formel 1 als Spitze des Motorsports zu bewahren.»

McLaren-Sportchef Boullier sieht das Ganze viel pragmatischer: «Nun, wir mussten einen Sündenbock finden, und das wart nun einmal ihr Jungs, das ist alles! Ich denke, man kann die Verantwortung nicht auf eine einzige Person oder ein Management abschieben. Die Wahrnehmung der Fans ist global, und ich finde, wir müssen damit klarkommen. Denn die Formel 1 hat sich verändert: Vor zehn Jahren hatten wir die Hersteller an Bord, die Geld in die Kassen spülten, damit die eigene Marke beworben wird. Die Formel 1 war sich einig, keiner stellte irgendwas in Frage, denn alle waren glücklich, dass sie mit diesem Business-Modell leben konnten.»

Der Franzose ergänzt: «Fast alle Hersteller stiegen 2010 aus – und ich vereinfache das Ganze jetzt einmal – wir blieben mit den gleichen Kosten und weniger Geld, das in die Kassen fliesst, zurück. Damals kamen die negativen Schlagzeilen. Wir müssen die Formel 1 ändern. Wir müssen sicherstellen, dass der Erhalt der Teams nachhaltig gesichert ist. Das ist jetzt sehr vereinfacht, aber im Grunde geht es nur darum. Daraus ergibt sich alles Negative. Wir befinden uns im Wandel und müssen nun einfach einige Dinge anpassen.»

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