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Nach Quali-Witz: Bahrain – Abschlusstraining wie 2015

Von Mathias Brunner
Die Fahrer machten schon in Barcelona klar: So wird das nicht gehen

Die Fahrer machten schon in Barcelona klar: So wird das nicht gehen

​Niemand wurde mit dem neuen Quali-Prozedere glücklich. Welche Möglichkeiten gab es nach der Blamage von Melbourne überhaupt? Lösung: Schon in Bahrain wird anders gefahren.

Wenige Minuten vor Schluss des Qualifyings in Melbourne: Theoretisch die heisseste Phase des Formel-1-Abschlusstrainings, nun sollte es für die besten Grand-Prix-Fahrer der Welt um alles gehen – wer ist der schnellste Mann im Albert-Park?

Und dann das: Auf der Bahn – niemand. Die Fans trotteten von den Tribünen davon, die meisten schüttelten ungläubig den Kopf darüber, was sie soeben erlebt hatten. Viele fluchten, völlig zu Recht. Die Formel 1 hat sich wieder mal bis auf die Knochen blamiert. Das neue Quali-Prozedere ist ein prima Beispiel für das geflügelte Wort: Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut.

In der Theorie sollte das Ausscheidungsverfahren die Spannung erhöhen und das Überraschungsmoment fördern. In der Praxis waren alle vom Blick auf die herunterzählende Uhr fasziniert, weniger vom Geschehen auf der Bahn. Einige Rennställe schickten ihre Piloten zu spät auf die Bahn und gaben sich damit der Lächerlichkeit preis. Ist es für die angeblich besten Strategen der Branche zu schwierig auszurechnen, wann der eigene Fahrer auf die Bahn muss, um nicht von der Stoppuhr abgefangen zu werden? Jeder Zweitklässler kann das.

Zum Schluss hatten die Piloten keine Reifen mehr oder keine Möglichkeit, sich zu verbessern. Also wurde nicht mehr gefahren. Dafür hat doch kein Melbourne-Besucher ein Ticket gekauft.

Ferrari-Star Sebastian Vettel brachte es auf den Punkt: «Jetzt ist die Aufregung gross, aber als das neue Quali-Prozedere angekündigt wurde, haben wir gleich darauf hingewiesen, was passieren würde.»

Die Rennfahrer hatten sich schon im Rahmen der Barcelona-Tests bei ihrem FIA-Ansprechpartner Charlie Whiting lautstark über das neue Prozedere beschwert.

Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone – nicht in Australien – liess aus London ausrichten, so gehe es nicht. Eine späte Einsicht, denn das Grundübel begann bei ihm.

Die meisten Formel-1-Piloten hatten sich schon vor dem Flug Richtung Australien ihre Meinung gemacht. Zum neuen Qualifikationsmodus sagten sie praktisch im Chor: «Das ist die Antwort auf eine Frage, die keiner gestellt hatte. Am früheren Qualiprozedere gab es nichts auszusetzen.»

Das Ausscheidungsverfahren, das dem neuen Format zugrunde liegt, ist im Sport keine Neuheit, um genau zu sein, hat es die Formel 1 abgekupfert: Im Bahnradsport und beim Dirt-Track kennt man dieses Prinzip, bei dem am Ende zwei Fahrer übrigbleiben und um den Triumph kämpfen, seit längerem. In beiden Fällen handelt es sich um Rennen, nicht um ein Qualifikationsverfahren.

Wieso also ein neues Abschlusstrainingsformat?

Auf diese Weise sollte das Training spannender gestaltet werden, die Fans sollten mehr Aktion auf der Bahn erleben. Im Eliminationsverfahren kann es sich ein Pilot selten leisten, unbekümmert an der Box zu stehen. Der Grundgedanke war richtig, aber wichtige Punkte wurden dabei ausser Acht gelassen.

Angefangen bei den Reifen: Wenn ein Fahrer nur eine beschränkte Anzahl des schwarzen Goldes zur Verfügung hat, muss sich niemand wundern, wenn er mit seinen Ingenieuren ausheckt – lieber noch einen Satz fürs Rennen zur Seite legen und eben im Training einmal weniger auf die Bahn gehen.

Bedenklich: Die Farce von Australien war sogar das kleinere Übel.
Denn Bernie Ecclestone sagte gegenüber Sky Sports in England in vollem Ernst: «Ich wollte eigentlich etwas ganz anderes. Ich wollte das bisherige Training so lassen. Dann aber sollte der GP-Sieger fürs Abschlusstrainings des folgenden WM-Laufs eine Art Zeitstrafe erhalten. Um die Startaufstellung ein wenig zu durchmischen. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass sich die Besten durchsetzen würden, aber sie hätten es nicht gar so einfach. Und wir kämen in den Genuss besserer Rennen, wenn sie sich durchs Feld kämpfen müssen.»

Ebenso diskutiert wurde eine Idee aus der GP2 oder GP3: Die ersten Acht einfach umdrehen – der schnellste Mann müsste dann also vom achten Startplatz losfahren, der zweitschnellste Fahrer von Rang 7 und so fort. Der Achtschnellste stünde auf Pole.
Aber zur DNA der Formel 1 gehört, dass der schnellste Mann belohnt, nicht bestraft werden soll. Nicht nur Traditionalisten rümpften die Nase: Warum soll sich jemand Mühe geben, um auf Pole zu fahren, dann aber nur Achter in der Startaufstellung sein?

Als Zückerchen wurde erwogen, dem zurückversetzten Besten einen zusätzlichen WM-Punkt zu geben.

Also bitte – was denn noch alles?

Die Lösung konnte nur lauten: Die neue Quali muss sofort wieder weg.

Lösungsweg 1: Rückkehr zum bis Ende 2015 verwendeten Quali-Format. Also kein Ausschlussverfahren.

Lösungsweg 2: Ausschlussverfahren nur in den ersten beiden Quali-Segmenten, im dritten Quali, wenn es unter den besten Acht um die Wurst geht, darf frei gefahren werden.

Lösungsweg 3: Neue Quali bleibt, aber die die Fahrer erhalten mehr Reifen zugesprochen. Damit sie nicht sparen müssen.

Der Autoverband FIA lud am Sonntagmorgen in Australien die Team-Manager und Teamchef der elf Formel-1-Rennställe zum Krisengipfel: Allen war klar – noch so eine Quali darf es nicht geben.
Eine Änderung des sportlichen Reglements ist nur dann erlaubt, wenn alle Rennställe einverstanden sind. Normalerweise würgt das selbst die besten Ideen gleich im Keim ab. Dieses Mal waren sich alle einig: Es muss etwas passieren und zwar schon für Bahrain.

Der Vorschlag der Teamchefs tröpfelt dann durch die normalen Entscheidungsgremien Formel-1-Kommission und Motorsport-Weltrat. Die müssen sich dazu nicht einmal treffen, abgestimmt wird über E-mail.

Nach kurzer Zeit waren sich die Team-Vertreter einig: Voller Stopp, Rückkehr zur früheren Quali in Bahrain, das Ausscheidungsverfahren scheidet also selber aus.

Der schale Nachgeschmack bleibt: Wieso schafft es die Formel 1 immer wieder, aus den falschen Gründen Schlagzeilen zu machen?

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