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Formel 1 in Bahrain: Ignoranz gegenüber Politik?

Von Vanessa Georgoulas
Der Bahrain-GP wird jedes Jahr aufs Neue kritisiert

Der Bahrain-GP wird jedes Jahr aufs Neue kritisiert

Alle Jahre wieder, pünktlich zum Bahrain-GP, entrüsten sich die Kolumnisten und Menschenrechtler über die Tatsache, dass die Formel 1 die politischen Spannungen im Königreich nicht anspricht.

Es war ein Bild für die Götter – und zwar des Orients und Okzidents: Am Renntag kreuzte Weltmeister Lewis Hamilton in einem traditionellen arabischen Gewand im Fahrerlager auf, samt Kopftuch und einer dicken, mit Diamanten bestückten Jesus-Kette. «Ich habe nichts als Liebe und Respekt für diese Kultur und dieses Land! Ich fühle mich königlich», twitterte der modebewusste GP-Fahrer fröhlich zu einem entsprechenden Foto seiner weissen Tracht.

Die negativen Reaktionen liessen nicht lange auf sich warten – manch Formel-1-Fan warf dem Mercedes-Piloten angesichts der Menschenrechtslage im Wüstenstaat zumindest mangelndes Fingerspitzengefühl vor. Dabei hatte sich der dreifache Champion einfach nur als guter Gast präsentieren wollen und keineswegs die politische Lage angesprochen. Abgesehen davon darf man dem 31-jährigen Formel-1-Star durchaus zutrauen, seine kulturellen Vorlieben selbst wählen zu können.

Hamilton stach mit seinem Outfit jedoch in ein Wespennest, denn im Jahresrhythmus muss sich die Königsklasse des Motorsports seit 2012 den Vorwurf anhören, die politischen Spannungen in Bahrain während ihres Besuchs zu ignorieren. Denn nachdem das Rennen 2011 wegen politischer Unruhen kurzfristig abgesagt werden musste, wurde es ein Jahr später wieder in den WM-Kalender aufgenommen.

Rampenlicht für alle

Auch in diesem Jahr sind die Kritiker nicht verstummt, so hat das in London ansässige «Bahrain Institute for Rights and Democracy» einen Brief an Jean Todt geschrieben, der den Präsidenten des FIA-Verbands am Donnerstag erreicht haben soll. Darin berichtet die Organisation von Verhaftungen, die sich im Rahmen des Formel-1-Rennens in den vergangenen Jahren und Wochen ereigneten.

Verwiesen wird im Schreiben auch auf die Menschenrechtsklausel in den Geschäftsbedingungen der Formel 1, die – recht schwammig – die «Erwägung praktischer Lösungen» und den Austausch mit den Interessengruppen vorsieht, sollte ein Formel-1-Rennen die Menschenrechtslage in einem Gastgeber-Land verschlechtern.

Die Frage ist: Tun sie das wirklich? Verstehen Sie mich nicht falsch: Hier wird nicht angezweifelt, dass Bahrain beim Thema Menschenrechte keine Defizite aufweist. Aber dass die Zahl der Verhaftungen im Umfeld des Rennens ansteigt, liegt nicht zuletzt auch daran, dass die Oppositionellen die Aufmerksamkeit, die der WM-Lauf generiert, für ihre Zwecke zu nutzen versuchen und verstärkt auf die Strasse gehen.

Daran ist nichts auszusetzen, schliesslich nutzt auch das Königshaus den GP, um sich der Welt von seiner schillerndsten Seite zu präsentieren. Aber der Formel 1 vorzuwerfen, die Menschenrechtslage im Land zu verschlechtern, weil sie die Aufmerksamkeit auf ein Land richtet, dessen politische Spannungen und Missstände an den restlichen 51 Wochenenden im Jahr die wenigsten (Sport-)Kolumnisten interessieren, ist absurd.

Es darf sogar bezweifelt werden, dass es die jüngsten Verhaftungen von Bahrain – Gemäss dem «Bahrain Institute for Rights and Democracy» wurden in den zwei Wochen vor dem diesjährigen Rennen 57 Menschen weggesperrt – bis in die deutschen Zeitungen geschafft hätten, wäre der GP-Zirkus nicht zu Gast gewesen.

Und: Es gibt mehrere politische Gremien, in denen die Menschenrechtslage in den einzelnen Ländern diskutiert werden kann und sollte. Dass dies zu wenig und nicht nachhaltig geschieht und die Politik in dieser Hinsicht oft die eigenen Erwartungen nicht erfüllt, kann nicht bedeuten, dass die Formel 1 einspringen muss.

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