Achim Freund: «Ich schaue nach vorn»

Von Rudi Hagen
Achim Freund: «Für mehr Sicherheit einsetzen»

Achim Freund: «Für mehr Sicherheit einsetzen»

Achim Freund, der ehemalige Beifahrer von Dieter Eilers in der IDM Sidecar, hat trotz seiner Querschnittslähmung den Mut zum Leben nicht verloren.

Anfangs sah alles recht harmlos aus, als Dieter Eilers und sein Beifahrer im Seitenwagen, Achim Freund, am 21. August dieses Jahres beim IDM-Sidecar-Rennen im holländischen Assen bei Posten 4 ins Kiesbett rauschten. Doch der Ausritt neben die Strecke endete mit einer Katastrophe: Freund stürzte aus dem Beiwagen und knallte mit dem Kopf gegen eine ungesicherte Leitplanke. Er brach sich den zwölften Brustwirbel und ist seither querschnittsgelähmt. SPEEDWEEK traf den 51-jährigen Wächtersbacher in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Frankfurt, wo er zur Rehabilitation weilt.
 

Herr Freund, wie geht es Ihnen?
«Ich mache gute Fortschritte. Ich werde hier auf mein Leben als Rollstuhlfahrer vorbereitet. Das ist ganz schön anstrengend.»

Welche Erinnerungen haben Sie an den Unfall?
«Für mich sah die Situation zuerst eher unspektakulär aus. Wir wollten eigentlich rechts rum, dann ging es aber geradeaus ins Kiesbett. Nichts Weltbewegendes an sich an dieser Stelle, wenn das Kiesbett die Geschwindigkeit verringert hätte. Ich glaube, es war an der Stelle einfach nicht tief genug. Wegen der breiten Räder sind wir daher nicht eingesunken. «Bloss nicht einschlagen!», dachte ich zu diesem Zeitpunkt noch. Dann lenkte Dieter hart nach rechts, um an der Leitplanke vorbeizukommen. Ich konnte mich nicht mehr im Boot halten und flog raus, mit dem Kopf voran. Ich hörte es dann in mir krachen. «So ein Scheiss-Einschlag», schimpfte ich. Als Erstes überprüfte ich meine Finger, die habe ich gespürt. Aber meine Füsse waren nicht mehr da. Als die Streckensanität mich abtransportieren wollte, habe ich zu den Leuten gesagt: «Vorsicht, ich habe nach unten hin kein Gefühl mehr.»

Wie ging es danach weiter?
«Ich lag eine Woche in der Uniklinik in Groningen, wo sie mich stabilisiert haben. Dann wurde ich nach Frankfurt ausgeflogen und operiert.»

Wie lautete der Befund der Mediziner?
«Das Rückenmark ist durchtrennt. Mir wurde aber auch gesagt, dass es Bereiche gibt, in denen im Laufe eines oder zweier Jahre wieder Reizweiterleitungen stattfinden könnten. Dann sind da auch noch so genannte Spastiken. Die treten mal mehr, mal weniger häufig auf. Die fühlen sich an wie Stromstösse, welche die Beinmuskulatur in Bewegung halten. Von der Eigenmotorik her ist nach unten hin aber alles tot.»

Welches Körpergefühl haben Sie?
«Es fühlt sich an, als ob man sich in einem Panzer oder einem eng geschnürten Korsett befindet. Da mir meine Bauchmuskeln nicht mehr zur Verfügung stehen, fühlt es sich an, als würde ich auf einer Kugel sitzen. Der Oberkörper wackelt hin und her und ist schwer in den Griff zu bekommen. Die Muskeln dafür, die ich so nie gebraucht habe, trainiere ich hier in der Rehabilitation jetzt extrem. Sie tun manchmal abartig weh, doch ich merke, je mehr ich trainiere, desto sicherer werde ich.»

Sind Sie finanziell abgesichert?
«Ja, Gott sei Dank. Ich hatte mehr als die Standardversicherung, die vom DMSB (Deutscher Motor Sport Bund) angeboten wird. Es gibt zwar immer nur Teilauszahlungen, doch es geht einigermassen. Insgesamt strebe ich für die Zukunft eine Berufsunfähigkeitsrente an.»

Sie wirken alles andere als verbittert.

«Warum sollte ich verbittert sein? Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen. Das ist Rennsport, das Risiko fährt immer mit. Man kalkuliert es zwar ein, verdrängt es aber. Es war eine schöne Zeit mit Dieter Eilers, ich würde alles noch mal genauso machen. Das verflixte siebte Jahr wurde mir zum Verhängnis. Ich habe aber meine Querschnittslähmung akzeptiert und keine Selbstzweifel. Also auf zu neuen Ufern! Ich lebe das Leben nun eben anders weiter. Mein Sohn Marcel fährt Motocross und überlegt, in ein F1-Gespann zu steigen. So bin ich weiter dem Rennsport verbunden. Weiter überlege ich, beim DMSB eine Rennleiter-Lizenz zu erwerben. Ich bin zuversichtlich und schaue nach vorne.»
 

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