Niemand schert sich um die Regeln
Christian Hülshorst wurde von den Offiziellen betrogen
Kaum zu glauben, schaut man sich die Zustände auf manchen Rennbahnen an. In St. Macaire und Marmande wird seit Jahren Grand Prix gefahren, im FIM-Handbuch finden sich zahlreiche Paragraphen, die einen Start auf diesen Rennbahnen untersagen.
Auch die Bahn in Artigues de Lussac kann man nicht als WM-würdig bezeichnen. Was für ein offenes Rennen am Sonntagmittag eine prima Strecke wäre, wird bei Nacht und Nieselregen «mörderisch», wie es Quali-Sieger Martin Smolinski nannte.
Bereits nach wenigen Rennläufen war die weisse Bande vom nassen Bahnbelag verdreckt, es gab keinen optischen Übergang. «Wie soll ich aussen fahren, wenn ich nicht sehe wo die Bahn aufhört», klagten WM-Teilnehmer.
Dazu kommt ein Flutlicht, bei dem nicht einmal die Dorfkicker des FC Hintertupfingen trainieren würden. Doch die Langbahn-Piloten müssen bei solchen Bedingungen eine WM-Qualifikation fahren. Manch ein Fahrer dachte über die Montage einer Stirnlampe nach. Ich frage mich, wie der Schiedsrichter etwas sehen kann, wenn weder Fahrer noch Zuschauer etwas erkennen. Wer kümmert sich darum, dass Sicherheitsstandards eingehalten werden und das Licht hell genug ist? Schiedsrichter und Jury-Präsident in Artigues war es egal.
Vor zwei Jahren sind wir in Artigues im Schlamm versunken, der Matsch lief den Leuten oben zu den Gummistiefeln hinein. Die Offiziellen hat das damals nicht interessiert, sie musste auf Biegen und Brechen das Rennen durchziehen – unter irregulären Bedingungen. Es ging ja nur um die Grand-Prix-Qualifikation.
Dieses Jahr war es zumindest einigermassen trocken. Dafür gab es zweimal während des Rennens einen Stromausfall. Im Fahrerlager brach die Stromversorgung zusammen, sobald mehr als ein Kompressor lief. Zahlreiche Mechaniker schraubten im Dunkeln.
Bei der Besichtigung im Parc Fermé stellten die Offiziellen fest, dass nicht nur das Bike von Perry, sondern noch zwei weitere illegale Kotflügel hatten. Von unzulässigen Ölauffangbehältern ganz zu schweigen. Diese Bikes hätten gar nie abgenommen werden dürfen. Doch wen kümmert schon, was im Reglement steht?
Dabei waren der Jury-Präsident und der Technische Delegierte der FIM den ganzen Tag im Fahrerlager unterwegs und nahmen die Bikes genauestens in Augenschein. Offensichtlich ohne das technische Reglement zu kennen oder sich darum zu kümmern. Der Abnahmekommissar stand ihnen in nichts nach.
Obwohl der Protest gegen Perry fristgerecht eingereicht und das dafür nötige Geld bar bezahlt wurde, passierte – nichts! Nicht einmal eine offizielle Begründung zur Ablehnung des Protests gab es von der Jury.
Während der Fahrer-Vertreter der ACU für die Rechte des exzellent gefahrenen Tom Perry kämpfte, standen die Fahrer der meisten anderen Föderationen auf verlorenem Posten. Sie hatten keinen Vertreter. Auch vom DMSB war niemand anwesend. Und französisch sprach ausser den Franzosen keiner.
Weder der Chef am Bahneinlass noch der Rennleiter oder das Abnahmepersonal sprach ein Wort Englisch. Ohne Dolmetscher ging gar nichts. Das nennt man dann wohl Heimvorteil für die Franzosen.
Papier ist geduldig und das FIM-Handbuch zuweilen die Druckkosten nicht wert. Leidtragender ist Christian Hülshorst, der als Siebter in Artigues de Lussac aus der WM ausschied, während drei Fahrer mit illegalen Bikes eine Runde weiter sind.