Stefan Bradl: «MotoGP-Testfahrer-Job ist vorstellbar»

Von Günther Wiesinger
«Ich machte mir für KTM keine großen Hoffnungen», sagt Stefan Bradl

«Ich machte mir für KTM keine großen Hoffnungen», sagt Stefan Bradl

Bislang hat Red Bull Honda Stefan Bradl kein Angebot für die Superbike-WM 2018 unterbreitet. «Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als auch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen», sagt der 27-Jährige.

Stefan Bradl erholt sich von seiner Handverletzung, die er sich im ersten Superbike-WM-Rennen in Portimao, er fuhr auf Platz 7 und hatte den achten Startplatz erkämpft, zuzog. Der Bayer wurde vor zwei Wochen operiert, nachdem er beim Sturz im rechten Handgelenkt eine skapholunäre Bandverletzung erlitten hatte. Dieses SL-Band spannt sich zwischen dem Kahnbein (Skaphoid) und dem Mondbein und wurde operativ repariert.

«Die zweite Operation erfolgt am 16. November. Bis dahin kann ich das Handgelenk null bewegen», erzählte der Superbike-WM-14., der in Magny-Cours fehlte und auch auf die SBK-Meetings in Jerez (21./22.10.) und Doha (4./5.11.) verzichten muss. «Die Ärzte sagen, ich muss das Handgelenk ab der ersten OP drei Monate lang schonen. Ich kann also erst Ende Dezember wieder Motorrad fahren. Dann herrscht aber sowieso Testverbot», sagt der siebenfache GP-Sieger.

Bei Red Bull Honda ist beschlossen, dass nächstes Jahr mit Magneti-Marelli-Elektronik gefahren wird. Bradl hatte immer das mangelhafte Ansprechverhalten des neuen Fireblade-Motors bemängelt und die ECU von Cosworth in Frage gestellt.

Bradl hat heute natürlich auch das Schlamassel um Jonas Folger mitbekommen: «Ein schwerer Rückschlag für die deutschen Motorrad-GP-Fans. Wirklich schade, denn Jonas hat zum Beispiel beim zweiten Platz hinter Márquez auf dem Sachsenring eine echt starke Listung gezeigt. Das war eindrucksvoll.»

Stefan, es ist bald Mitte Oktober. Red Bull Honda hat heute Leon Camier als Fahrer für 2018 bestätigt. Du hast bisher keinen Vertrag unterschrieben?

Nein, es hat sich alles verzögert, auch deshalb, weil meine Verletzung dazwischen gekommen ist.

Die Ergebnisse in Portimão waren ein kleiner Aufwärtstrend. Teammanager Marco Chini hat mir gesagt, es musste zuerst das Budget für die Superbike-WM mit Honda Japan geklärt werden.

Die Verantwortlichen von Honda Motor Europe haben dir vorgeworfen, dass du wenig Begeisterung für den Suzuka-8h-WM-Lauf gezeigt und dann mit dem MotoGP-Team von Marc VDS gesprochen hast. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass du an der Superbike-WM kein Interesse mehr hast.

Dazu kann ich nur wiederholen: Ich habe den einzig möglichen Suzuka-Test absolviert und bin dann vor dem Abflug an einer Ohrenentzündung erkrankt; der Arzt gab mir Flugverbot. Das war ärgerlich.

Und da ich bisher keinen Vertrag für 2018 habe, habe ich natürlich andere Angebote studiert.

Inzwischen sind alle MotoGP-Plätze für 2018 besetzt. Wenn du keinen Superbike-Vertrag von Honda bekommst, kannst du dir dann auch eine Rolle als MotoGP-Testfahrer vorstellen?

Marco Chini steht in Kontakt mit mir. Vielleicht wollte er zuerst den Vertrag mit Leon Camier besiegeln. Jetzt kümmert er sich wahrscheinlich um den Platz für den zweiten Fahrer.

Bei KTM wurde überlegt, ob man sich von Bradley Smith trennen sollte. Dort wäre dann eventuell der Platz des Testfahrers frei geworden.

Wir sind in Kontakt gewesen, das ist kein Geheimnis. Aber ich habe mir keine konkreten Hoffnungen gemacht. Denn die Situation bei KTM war so, dass sie drei Fahrer für die Saison 2018 unter Vertrag haben, und es wäre teuer und kompliziert gewesen, eine vernünftige Lösung zu finden. Sie wollten keine Verträge brechen. Deshalb habe ich mir keine riesigen Hoffnungen gemacht.

Falls dir Honda Motor Europe keinen neuen Vertrag anbietet: Kannst du dir vorstellen, ein Jahr bei einem renommierten Werk MotoGP-Testfahrer zu werden? Mika Kallio hat auf diesen Weg wieder in die MotoGP-Weltklasse zurückgefunden. Ende 2015 wollte ihn nicht einmal ein Moto2-Team haben.

Vorstellbar ist das schon. Denn nächstes Jahr finden 19 Grands Prix statt. Da kann jedes Werk nicht nur einen Testfahrer brauchen, sondern immer wieder mal auch einen Ersatzfahrer. Das hat man in den letzten Jahren oft bei Pirro und Ducati erlebt, jetzt mit Aoyama bei Honda.

Verletzungen gehören in diesem Sport leider dazu. Ich erlebe das gerade selber am eigenen Leib.

Egal, ob du in der Superbike-WM schaust oder aktuell in der MotoGP-WM, es werden immer wieder Ersatzfahrer gebraucht.

Das Beste ist, was Kallio in diesem Jahr bei KTM abgezogen hat. Das war vom Feinsten. So hat er sich gleich wieder ins Gespräch gebracht. Man hat ja gesehen, wie lange bei KTM über dieses Tema diskutiert wurde.

Der Testfahrer-Job in der MotoGP-WM ist in den letzten ein, zwei Jahren sicher durch die Beispiele Pirro/Ducati und Kallio/KTM deutlich lukrativer geworden.

Sicher ist das kein Vergleich zu einem Stammplatz in der MotoGP-WM, darüber brauchen wir nicht reden. Aber so eine Aufgabe ist nicht mehr so unbedeutend.

Ich denke, auch andere Hersteller müssen in diesem Bereich nachziehen und den Fokus vermehrt auf die Testteams legen, weil bei 19 Grands Prix die offiziellen Testfahrten für die Stammfahrer verringert werden sollen.

Man hat es bei Yamaha gesehen: Sie mussten schauen, wo sie einen Ersatzfahrer für Valentino herbringen. Zufällig war in Aragón ein rennfreies Superbike-Wochenende, also hätte van der Mark einspringen können.

Aber Rossi hat ja im Sommer auch beklagt, dass es keinen Sinn macht, bei den Rennen neue und alte Chassis’ zu vergleichen. Das wäre die Aufgabe eines Testfahrers, meinte er. Bei Honda ist die Situation ähnlich wie bei Yamaha.

Aber wie gesagt: Eigentlich war geplant, dass ich für Red Bull Honda zwei Jahre Superbike-WM fahre. Doch Honda hat die Option nicht eingelöst.

Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als auch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und gleichzeitig auf ein Superbike-Angebot von Honda zu warten.

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