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Silverstone: Endlich die perfekte Asphaltschicht?

Von Günther Wiesinger
Im August 2018 mussten am Sonntag beim Silverstone-GP alle drei Rennen abgesagt werden, die Entwässerung der Piste klappte nicht. Silverstone-CEO Stuart Pringle schildert, welche Lehren daraus gezogen wurden.

Nach dem Silverstone-GP-Desaster von 2018 wird der GP-Circuit in Northampton seit zwei Wochen wieder neu asphaltiert. Letztes Jahr hat die Firma Aggregate Industries kläglich versagt, die Drainage funktionierte bei Regen nicht, selbst die Bodenwellen von 2017 waren nicht verschwunden. Es kam am Samstag im FP4 zu einigen Stürzen wegen Acquaplanings, Tito Rabat fiel danach ein halbes Jahr verletzt aus.

Jetzt hat Stuart Pringle, CEO der Silverstone Circuit Ltd., die italienische Firma Dromo als Beratungsagentur engagiert, die Firma Tarmac kümmert sich um die neue Asphaltschicht, die eine einzigartige Mischung von Shell Bitumen darstellt, das Bindemittel setzt sich aus einen Polymer-Gemisch zusammen.

Mit Aggregate Industries dürfte der britische Rennstreckenbetreiber in einen Rechtsstreit verwickelt sein. Auf die Frage, ob alle Rechnungen bei Aggregate Industries für 2018 bezahlt wurden, entgegnet Pringle: «Ich möchte dazu keine Auskunft geben.» Wird man die Schadenersatzfrage vor Gericht klären? Pringle ausweichend: «Wir prüfen unsere Optionen.» Im Vorjahr war von Kosten in der Höhe von ca. 5 Millionen Pfund für die Neuasphaltierung die Rede.

Doch Formel-1-Star Lewis Hamilton klagte, die Bodenwellen seien dieselben wie im Jahr zuvor. Immerhin blieb die Strecke beim Formel-1-GP 2018 trocken...

Tarmac bringt jetzt einen vorbestellten High-Tech-Belag auf, der von Dromo speziell für Silverstone designt und entwickelt wurde. Nach der Fertigstellung wird die Piste bis zum Formel-1-GP im Juli nicht befahren. Am 24./25. August wird der British Motorcycle Grand Prix stattfinden. Dieser WM-Lauf ist jetzt bis inklusive 2021 in Silverstone gesichert, die Ticketverkauf läuft einigermassen zufriedenstellend.

Pringle betont, er habe sich im Vorjahr auf die Fachkenntnis von Aggregate verlassen. Nach dem Flop habe er sich in die Materie vertieft, er sei inzwischen selbst halb zum Asphalt-Ingenieur geworden.

Unzählige Verbesserungen für 2019

Für Dromo ist der anerkannte Rennstrecken-Experte Jarno Zafelli verantwortlich, der schon mehr als ein Dutzend GP-Strecken entworfen oder umgebaut hat, darunter Las Termas de Río Hondo, Misano, Singapur, San Martino de Lago, Varano, Monza, Imola, Mugello und Primring (in Wladiwostok).

Tarmac hat gemeinsam mit Dromo monatelang alle Baumaßnahmen minutiös bis ins Detail geplant, dazu haben Materialtests stattgefunden. Es kamen bei der Entfernung der alten Belagsschicht 3D-Scanning-Maschinen zum Einsatz, um die Hangneigung und das Gefälle in den Kurven für die Wasserableitung optimal zu gestalten, damit erstens die Bodenwellen verschwinden und zweitens die Drainage verbessert wird. An kritischen Stellen wurde die Piste jetzt in der Fahrbahnmitte sogar leicht gewölbt, zum Beispiel am Ende der Hangar Straight. «Aber natürlich nur dort, wo die Ideallinie weit genug von der Fahrbahnmitte entfernt ist», erklärte Pringle im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com. «Die Piste ist dort 15 Meter breit. Durch die Wölbung müssen wir das Wasser jetzt nicht mehr 15 Meter wegbringen, sondern nur noch 7,5 Meter. Das macht viel Sinn.»

Vom alten Belag wurden auf der 5,891 km langen Strecke mit den 18 Kurven nicht weniger als 14 Zentimeter abgehobelt. Tarmac hat für diesen Zweck zwei zusätzliche Planing-Spezialfahrzeuge gekauft, sie besaßen nur eines.

Für das Resurfacing-Programm nutzt Tarmac eine automatisierte Technologie für eine möglichst ebene Oberfläche, die Qualität der Asphaltschicht und die Kompaktheit des Asphalts wird als vorbildlich beschrieben.

An vielen Stellen wurde neu je nach Sinnhaftigkeit von der Kurvenaußenseite nach innen ein zusätzliches Gefälle oder eine Überhöhung von 7 Millimeter erzeugt, um das Wasser mustergültig abrinnen zu lassen und Pfützen zu vermeiden.

Bei der Aufbringung des Belags und der Planierung ließ Tarmac drei Fahrzeuge gestaffelt nebeneinander fahren, um über die gesamte Breite des Circuits die Asphaltstücke nahtlos aneinanderreihen zu können.

Thermometer, Sensoren und ein spezielles GPS-System (es nennt sich TopCon) kamen zum Einsatz. So erhielten die Tarmac-Techniker in Echtzeit alle gewünschten Daten übermittelt. So konnte das Team die Installationen für die neue Piste jederzeit mit höchstmöglicher Präzision kontrollieren.

«Unser Zugang zu diesem prestigeträchtigen Projekt vermischt die Expertise unserer Leute mit den neuesten Innovationen der digitalen ‚construction technology‘», erklärte Paul Fleetham, Managing Director von Tarmacs Construction-Abteilung. «Wir nutzen unser Wissen und unsere Erfahrung, die wir bei der Asphaltierung anderen Rennstrecken und diverser internationalen Flughafen-Runways erworben haben.»

Der neue Belag: «Ein Quantensprung»

Stuart Pringle kommt ins Schwärmen, wenn er über den neuen Belag spricht. Er präsentierte seine Fotos, Filme und Daten beim Catalunya-GP auch den Dorna-Verantwortlichen sowie Safety Offiver Franco Uncini. Der 500-ccm-Weltmeister von 1982 wird den neuen Belag erst nach dem Formel-1-GP im Juli inspizieren.
Der britische GP-Promoter will seinen seit dem 25./26. August 2018 angeschlagenen Ruf so rasch wieder möglich wiederherstellen – und den Ticketverkauf ankurbeln.

«Wir haben bei der neuerlichen Asphaltierung völlig neue Wege beschritten und Dromo und Tarmac unter Vertrag genommen. Wir sind der Frage auf den Grund gegangen, was 2018 schief gelaufen ist», sagt Stuart Pringle. «Wir haben ein Unternehmen engagiert und ihm die Verantwortung für das Design und die Baumaßnahmen überlassen. Unser letztjähriger Partner hat 25 Jahre lang für uns gearbeitet... Denn bis zum Vorjahr haben wir gesagt: 'Was verstehen wir schon von Asphalt?' Aus Gründen, die wir inzwischen teilweise verstehen, ist das schiefgelaufen. Inzwischen weiß ich zu diesem Thema viel, viel mehr als vor zwölf Monaten.»

Pribgle: «Nach dem Grand Prix 2018 haben wir uns gefragt: Was können wir tun, um die Situation zu verändern? Silverstone war früher ein Flughafen, deshalb ist das Gelände eher flach. Die Anlage ist zwar nicht topfeben, aber wir haben auch kein Gefälle wie bei ‚Craner Curve‘ in Donington. Wir haben die Kurven an möglichst vielen Stellen neu leicht überhöht oder im Gegenteil abgeflacht, der Niveau-Unterschied beträgt in den Kurven jetzt jeweils 7 Millimeter. das reicht völlig, wie unsere Berechnungen bewiesen haben. So wollen wir das Wasser rund um die Piste rascher von der Strecke befördern. Die Ideallinie verändert sich nicht. Wir haben nach dem Grand Prix 2018 genau erforscht, was zur Absage der Motorrad-WM-Rennen geführt hat. Diese Daten haben wir Dromo übergeben, sie haben die Daten der Strecke durch ihre speziellen Software-Systeme laufen lassen und Simulationen durchgeführt.»

Tarmac hat zwei Schichten Asphalt aufgebracht. Die Unterschicht ist 30 Millimeter hoch, die obere Schicht ist 40 Millimeter dick.
Während der ersten Tage nach Baubeginn am 10. Juni gab es mehrmals heftigen Regen. «Das war nützlich, weil er wir genau beobachten konnten, wo das Wasser hinfließt», schilderte Pringle.

Es zeigte sich erfreulicherweise: Die asphaltierten Auslaufzonen waren noch nass, als die neu asphaltierte Rennstrecke schon abgetrocknet war. Denn die «run off areas» sind nicht neu asphaltiert worden.

«Wir haben unsere Lektionen im Vorjahr gelernt», gibt Pringle zu. «Wir haben seither jeden Stein umgedreht und akribisch nachgeforscht. Für 2018 sind wir so vorgangen wie immer in den 25 Jahren zuvor. Aber was wir für 2019 unternommen haben, ist ein Quantensprung. Keine Frage»

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