Wann ist der Einsatz der Hinterradbremse sinnvoll?

Von Sarah Göpfert
Ein umstrittenes Thema unter Hobbyrennfahrern ist der Einsatz der Hinterradbremse. Suzuki-Testfahrer Sylvain Guintoli erklärt, wann die MotoGP-Stars sie zur Hilfe nehmen. Zudem lüftet er ein Geheimnis.

Während man in der Fahrschule lernt, die Hinterradbremse aktiv zu nutzen, um das Motorrad zu stabilisieren, ist ihr Einsatz auf der Rennstrecke umstritten. Suzuki-Testfahrer Sylvain Guintoli erklärte auf seinem Youtube-Kanal, dass MotoGP-Fahrer sie einsetzen, um schneller zu werden.

Es gibt verschiedene Hinterradbremsen-Konfiguration, bei denen jeder Fahrer eigene Vorlieben hat. «Konventionell kennt man das Pedal an der rechten Fußraste. Zudem können MotoGP-Piloten am linken Lenkerstummel zwischen einer Daumenbremse und eine Scooter-Bremse, welche vor dem Kupplungshebel angebracht ist, wählen. Der Vorteil der letzten beiden Varianten: Man kann sie in Kombination mit der Fußbremse nutzen», erklärte der Franzose.

Guintoli unterteilt die Anbremsphase in drei Schritte. Schritt 1 ist das aufrechte Anbremsen, wenn der Fahrer von der Gerade kommend auf die Kurve zusteuert, bevor er im zweiten Schritt in die Kurve hineinbremst und beginnt, in Schräglage zu gehen. Schritt 3 bildet der Kurvenausgang.

«Im ersten Schritt baut das Motorrad die meiste Geschwindigkeit ab, weshalb die Bremskräfte hier am stärksten wirken. Wenn die GP-Fahrer an ihrem Bremspunkt ankommen, erledigen sie vier Dinge gleichzeitig: Sie schließen das Gas, ziehen die Vorderradbremse, betätigen die Hinterradbremse und Schalten die Gänge herunter. An dieser Stelle wird die Hinterradbremse nur kurz zu Beginn genutzt, wenn das Gas weggenommen wird, dann übernimmt die Motorbremse die Arbeit», so der 38-Jährige.

«Das Herunterschalten geschieht zügig, um die Drehzahl hochzuhalten und damit die Motorbremse auszunutzen. Durch das Eingreifen der Motorbremse verlangsamt sich das Hinterrad stark, doch da in dieser Phase das gesamte Gewicht auf dem Vorderrad lastet, wird das Heck leicht, wodurch das Hinterrad zu rutschen beginnt. Dieser Vorgang hilft bereits, das Bike zu bremsen, weshalb die hintere Bremse in diesem Moment nicht gebraucht wird, im Gegenteil, sie kann Probleme hervorrufen, wenn das Hinterrad blockiert», verriet der Superbike-Weltmeister von 2014.

«In Schritt 2 beginnt der Fahrer die Vorderradbremse zu lösen, was Gewicht vom Vorderrad nimmt und aufs Hinterrad verlagert. Dies gewährt dem Reifen mehr Grip, sodass er nicht mehr rutscht. Die nachlassenden G-Kräfte sind ein guter Zeitpunkt, um die Hinterradbremse einzusetzen, sie dient in diesem Moment der Stabilisation des Motorrades, da ihre Nutzung zusätzlich Druck vom Vorderrad nimmt, sodass die Gefahr eines einklappenden Vorderrades und somit eines Sturzes geringer wird», erklärte der Suzuki-MotoGP-Testfahrer.

Zu Schritt 3 hielt sich Guintoli kurz: «Einige Piloten nutzten die Hinterradbremse zudem am Kurvenausgang, um das Vorderrad am Boden zu halten, doch mit Einführung der Winglets ist diese Technik aus dem Paddock verschwunden.»

Am Ende lüftete der Franzose noch ein lang gehütetes Geheimnis: «Ich habe 2014 den Superbike-WM-Titel gewonnen, ohne ein einziges Mal die Hinterradbremse benutzt zu haben», verriet er. «Speziell auf Superbikes hat ihre Nutzung nur einen geringen Effekt, doch bei den MotoGP-Maschinen ist sie wichtig, da die Motorräder extrem sind und kleine Veränderungen bereits große Unterschiede bewirken können.»

Lohnt es sich für Hobbyrennfahrer, sich die Nutzung der Hinterradbremse anzueignen? Guintoli hat hierzu eine klare Meinung: «Wenn sich ihre Benutzung unnatürlich anfühlt, sollte lieber darauf verzichtet werden. Viel wichtiger ist es, zeitig herunterzuschalten, um die Kraft der Motorbremse auszunutzen, in dem Fall kann gut auf die hintere Bremse verzichtet werden.»

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