Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Exklusiv: So wird in der MotoGP technisch abgerüstet

Von Günther Wiesinger
Ducati und KTM haben 2021 mit Zarco und Binder bereits einen Top-Speed von 362,4 km/h erreicht. Deshalb verlangt GP-Vermarkter Dorna jetzt neue Ideen zur Senkung der Motorleistung.

Johann Zarco hat mit der Pramac-Ducati unfassbaren 362,4 km/h auf dem Losail international Circuit in Doha/Katar zu Beginn der Saison für einen unglaublichen neuen Top-Speed-Weltrekord in der MotoGP-WM gesorgt. Brad Binder stellte die Marke am Wochenende auf der Red Bull-KTM ein.

Deshalb sind erstmals seit einigen Jahren wieder Diskussionen zur technologischen Abrüstung in der MotoGP-Klasse aufgetaucht.

Nach der globalen Wirtschaftskrise 2008 und 2009 wurden einige Maßnahmen getroffen, um das Wettrüsten der Werke einzubremsen. Es wurde die Anzahl der erlaubten Motoren pro Saison und Fahrer reduziert, es wurde die Motorentwicklung währen der Saison gestoppt, es wurde die Anzahl der Testtage und der Tankinhalt limitiert. Dazu wurde der Reifenkrieg zwischen Michelin, Bridgestone und Dunlop durch die Einführung von Einheitsreifen 2009 beendet, auch die Installierung der simpleren Einheits-ECU von Magneti Marelli bremste die 1000-ccm-Motorräder etwas ein.

Doch dank technischer Innovationen wie pneumatischer Ventiltrieb, Seamless-Getriebe oder der Desmodromik von Ducati ging es mit den Rundenzeiten zielstrebig nach unten und mit den PS-Leistungen konsequent nach oben. Dann folgten der Hinterradspoiler, das Holeshot-Device und der Ride Height-Adjuster.

Neueinsteiger-Teams wie Suzuki, Aprilia und KTM durften durch den «concession team»-Status das Wettrüsten gnadenlos vorantreiben, bis die ersten Podestplätze anheimfielen. Inzwischen genießt nur noch Aprilia (bisher seit 2015 nie in den Top-5) die Concession-Team Privilegien.

Nach Katar wurden die Teamchefs, Funktionäre und Fahrer von den Berichterstattern immer wieder gefragt, ob die heutigen Rennstrecken für Geschwindigkeiten von 362 km/h nicht zu gefährlich seien.

Inzwischen wird das Thema im Hersteller-Bündnis MSMA heiß diskutiert.

Aber wer meinte, man müsse wieder einmal den Hubraum oder die Zylinder-Anzahl reduzieren oder die Vier- und Fünfzylinder mit mehr Gewicht belasten, sieht sich getäuscht.

Den MotoGP-Herstellern wurde nämlich technische Stabilität in Aussicht gestellt, die Kosten sollen den Werken nicht über den Kopf wachsen.

Außerdem hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Änderung des Hubraumlimits nicht gerade der sinnvollste Weg ist.

Nach dem Ende der 500-ccm-Zweitakt-Ära wurden 2002 die neuen 990 ccm-Viertakt-MotoGP-Bikes eingeführt. Als sie in Mugello die 350-km/h-Top-Speed-Barriere zum Einsturz brachten, kam 2007 die Reduzierung auf 800 ccm, 2012 wurde der Hubraum auf volle 1000 ccm erhöht.

Denn inzwischen regierte die Dorna auch als neuer Vermarkter der Superbike-WM, der entmachtete SBK-Promoter Flammini konnte nicht mehr auf das Monopol seiner Rennserie mit 1000 ccm pochen.

Beim Mugello-GP brachte SPEEDWEEK.com bei den Beteiligten in Erfahrung, wie die Abrüstung in der MotoGP in den nächsten Jahren vonstatten gehen soll, obwohl sie die Werke und deren Ingenieure und Konstrukteur bei der Entscheidungsfindung nicht gern in der Karten schauen lassen.

Die Motorleistung und die Top-Speed-Werte sollen durch eine Reduktion des Tankinhalts und durch einen Übergang zu einem nachhaltigeren Renntreibstoff verringert werden.

Am 21. Mai gaben FIM, IRTA, MSMA und die Dorna bekannt, dass man sich in der «FIM MotoGP World Championship» in allen drei Klasen wieder vermehrt auf die Nachhaltigkeit besinnen werde.
Alle Beteiligten seien sich einig geworden, dass der Rennsprit umweltfreundlicher gestaltet werden muss.

«Als Konsequenz herrscht bei allen Parteien auch Einigkeit dass diese Gelegenheit auch genutzt werden soll, um globale Lösungen in Bezug auf der Performance der MotoGP-Maschinen zu besprechen, um die Sicherheit der Fahrer zu verbessern», heißt es bei der Dorna.

Diese verklausulierte Mitteilung bedeutet: Der 20 Liter-Tankinhalt für die MotoGP-Bikes soll in absehbarer Zeit verringert werden. Dazu sollen auch die Oktanzahl und die sonstige Beschaffenheit des Treibstoffs mit weniger giftigen Schadstoffen angereichert werden.

Zur Erinnerung: In der Open-Class durften die Hersteller 2014 in den Rennen noch 24 Liter verwenden, die Teams mit Factory-Status hingegen nur 20. Wegen der nicht besonders fortschrittlichen Einheits-ECU wurde der Tankinhalt für 2016 wieder für alle Teams auf 22 Liter erhöht.

KTM hat soeben dank der Firma ETS Racing Fuels im MotoGP-Werksteam wieder mehr Leistung gefunden. Deshalb werden sich die Werke kräftig zur Wehr setzen und die Einführung dieses Reglements wohl hinauszögern.

«Eine technische Herausforderung besteht jetzt darin, zum geeigneten Zeitpunkt zur Verwendung von schadstoffärmeren Treibstoff überzugehen», erklärte Dorna-Chef Carmelo Ezepeleta im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Und die sechs Hersteller müssen wohl bis spätestens 2023 eine Lösung finden, wie der Tankinhalt auf ca. 21 oder 20 Liter reduziert werden kann. Auch eine schrittweise Reduzierung pro Jahr könnte ein Thema werden.

Auf einen Zeitplan haben sich die Beteiligten bisher nicht geeinigt. «Es soll auf Wunsch der Dorna so rasch wie möglich umgesetzt werden. Die Diskussionen haben bereits begonnen», ist aus dem Hersteller-Bündnis MSMA zu hören. «Aber es wird einige Zeit dauern, bis sich alle Werke auf die genaue Spezifikation des Sprits geeinigt haben.»

Wenn sich die Werke ähnlich hartnäckig gegen die Wünsche der Dorna sträuben wie vor 2016 bei der Einheits-ECU, könnte im schlimmsten Fall auch ein Drehzahllimit drohen.

In der Moto3 wurde das Drehzahllimit von 14.000/min auf 13.500 min gesenkt. In der Moto2-Klasse ist die Drehzahl zugunsten der Laufzeiten der 765-ccm-Dreizylinder-Triumph-Einheitsmotoren zu Beginn der Saison 2019 auf maximal 14.000/min begrenzt worden. Das Drehzahllimit beim Runterschalten wurde später auf 14.500/min erhöht.

MotoGP-Ergebnis Mugello, 30. Mai:

1. Quartararo, Yamaha, 23 Runden in 41:16,344 min
2. Oliveira, KTM, + 2,592 sec
3. Mir, Suzuki, + 3,000
4. Zarco, Ducati, + 3,535
5. Binder, KTM, + 4,903
6. Miller, Ducati, + 6,233
7. Aleix Espargaró, Aprilia, + 8,030
8. Viñales, Yamaha, + 17,239
9. Petrucci, KTM, + 23,296
10. Rossi, Yamaha, + 25,146
11. Lecuona, KTM, + 25,152
12. Pol Espargaró, Honda, + 26,059
13. Pirro, Ducati, + 26,182
14. Alex Márquez, Honda, + 29,400
15. Savadori, Aprilia, + 32,378
16. Morbidelli, Yamaha, + 37,906
17. Marini, Ducati, + 50,306

Stand Fahrer-WM nach 6 Rennen von 19 Rennen:

1. Quartararo 105 Punkte. 2. Zarco 81. 3. Bagnaia 79. 4. Miller 74. 5. Mir 65. 6. Viñales 64. 7. Aleix Espargaró 44. 8. Binder 35. 9. Morbidelli 33. 10. Oliveira 29. 11. Pol Espargaró 29. 12. Nakagami 28. 13. Rins 23. 14. Petrucci 23. 15. Alex Márquez 20. 16. Bastianini 20. 17. Martin 17. 18. Marc Márquez 16. 19. Rossi 15. 20. Lecuona 13. 21. Bradl 11. 22. Marini 9. 23. Pirro 3. 24. 24. Savadori 3. 25. Rabat 1.

Stand Konstrukteurs-WM:

1. Yamaha 132 Punkte. 2. Ducati 123. 3. Suzuki 69. 4. KTM 58. 5. Honda 47. 6. Aprilia 44.

Stand Team-WM:

1. Monster Energy Yamaha 169 Punkte. 2. Ducati Lenovo 153. 3. Pramac Racing 102. 4. Suzuki Ecstar 88. 5. Red Bull KTM Factory Racing 64. 6. Repsol Honda 52. 7. Petronas Yamaha SRT 48. 8. LCR-Honda 48. 9. Aprilia Racing Team Gresini 47. 10. Tech3 KTM Factory Racing 36. 11. Esponsorama Racing Ducati 29.

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