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1000. GP in Le Mans: Hat sich jemand verrechnet?

Von Günther Wiesinger
In Le Mans wurde der 1000. Grand Prix seit dem Beginn der WM 1949 gefeiert. Aber einige Experten vermuten, die Statistiker haben sich grob verzählt.

Beim GP de France in Le Mans wurde vor einer Woche ordentlich auf die Pauke gehauen und der 1000. GP-Event seit dem Debüt der Motorrad-GP-Weltmeisterschaft am 17. Juni 1949 auf der Insel Man zelebriert. Aber schon im Vorfeld wurde unter den Experten und Statistikern eifrig diskutiert, ob der Zeitpunkt des 1000. GP wirklich den Tatsachen entspricht.

William Favero, Communications Director bei Yamaha Motor Racing, rechnete gewissenhaft nach und kam zum Beispiel auf insgesamt 1006 GP-Veranstaltungen.

Der englische Professor Martin Raines, bis 2020 bei der Dorna für die GP-Statistik zuständig und Inhaber einer grandiosen Datenbank, gab auf Anfrage von SPEEDWEEK.com zu bedenken: «Es haben weniger als 960 Rennen in der ‘premier class’ stattgefunden.»

Das würde aber bedeuten, dass seit 1949 bei 48 Grand Prix kein Wettbewerb in der Klasse 500 ccm oder MotoGP (ab 2002 zuerst mit 990 ccm, ab 2007 mit 800 ccm und seit 2012 mit 1000 ccm) stattgefunden hat.

Einige Kollegen erinnerten sich, dass beim Steiermark-GP 2020 der 900. Grand Prix gefeiert wurde. Le Mans war aber nur der 52. Event seither.

Die Erklärung: In Spielberg gewann Oliveira damals den mutmasslich 900. Wettkampf in der Königsklasse (500 ccm und MotoGP). Total haben jedoch etliche Grand Prix mehr stattgefunden.

Aber: Wurden seit 1949 tatsächlich ganze 48 Grand Prix ohne Königsklasse durchgeführt?

Das will eigentlich niemand glauben, obwohl einige solche Events durchaus in unserer Erinnerung haften geblieben sind.

Einige GP-Beispiele ohne «premier class»:

1976: Montjuic/E (nur 50 ccm, 125 ccm, 250 ccm, 350 ccm)
1977: Opatija/YU (nur 50 ccm, 125 ccm, 250 ccm, 350 ccm)
1981: Buenos Aires/RA (nur 250 ccm, 350 ccm)
1982: Hockenheimring/D (nur 125 ccm, 250 ccm, Seitenwagen)
1982: Brünn/CZ (nur 50 ccm, 125 ccm, 250, 350, SW)
2020: Losail Circuit/Katar (nur Moto3, Moto2).

Ganz klar: Die FIM verzichtete in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre nach den vielen Todesfällen auf Straßenkursen oft auf die 500-ccm-Klasse, besonders auf Straßenkursen wie in Brünn, Opatija oder im Montjuic Park in Barcelona.

In Brünn fand das letztes 500-ccm-WM-Rennen 1977 statt, Sieger wurde Johnny Cecotto auf Yamaha. Danach war die 350-ccm-Kategorie die neue «premier class» in der CSSR. 1982 wurde das Meeting zum EM-Lauf degradiert. Erst 1987 kehrte der GP-Zirkus nach Brünn auf den jetzt permanenten Masaryk Ring mit 5,394 km Länge zurück: Halbliter-Sieger wurde Wayne Gardner auf der Rothmans-Honda.

Bei manchen Übersee-Rennen wie in Suzuka (Japan) spielte in den 1960er-Jahren oft die Sportpolitik eine Rolle. Die japanischen Werke wollten in erster Linie die drei kleinen Soloklassen am Start sehen, weil Honda, Yamaha und Suzuki dort bessere Erfolgsaussichten hatten und der Konkurrenz aus Europa in der 500er-WM keine Bühne bieten wollten.

Auch der Große Preis von Baden-Württemberg im September 1982 bleibt in Erinnerung: Dort verlor Kawasaki-Pilot Toni Mang den 250-ccm-WM-Titel an den Franzosen Jean-Louis Tournadre (Yamaha), weil ihm rund ein halbes Dutzend Franzosen den Vortritt liessen, damit er den vierten Platz sicherstellen und den Titel mit 118 zu 117 Punkten gewinnen konnte.

Tournadre errang 1982 nur einen Saisonsieg, und zwar beim Heimrennen in Nogaro in Frankreich, wo die meistens Stars (inklusive Mang) wegen des rutschigen Fahrbahnbelags streikten. Mang hingen eroberte 1982 bei seinen elf Rennen nicht weniger als fünf Siege.

Die Sieger der MotoGP-Meilensteine (500 ccm/MotoGP)

100. GP) 1962 Sachsenring/DDR: Mike Hailwood (MV Agusta)
200. GP) 1972 Assen/NL: Giacomo Agostini (MV Agusta)
300. GP) 1981 Anderstorp/S: Barry Sheene (Yamaha)
400. GP) 1989 Le Mans/F: Eddie Lawson (MV Honda)
500. GP) 1996 Imola/I: Mick Doohan (Honda)
600. GP) 2003 Le Mans/F: Sete Gibernau (Honda)
700. GP) 2009 Motegi/Japan: Jorge Lorenzo (Yamaha)
800. GP) 2014 Aragón/E: Jorge Lorenzo (Yamaha)
900. GP) 2020: Spielberg/A: Miguel Oliveira (KTM)
1000. GP) 2023 Le Mans/F: Marco Bezzecchi (Ducati)

Der Weg zum 1000. Grand Prix

1000. GP: 2023 Le Mans/F
900. GP: 2017 Aragón/E
800. GP: 2012 Le Mans/F
700. GP: 2006 Sachsenring/D
600. GP: 2000 Catalunya/E
500. GP: 1993 Catalunya/E
400. GP: 1986 Le Castellet/F
300. GP: 1978 Karlskoga/S
200. GP: 1970 Spa-Francorchamps/B
100. GP: 1962 Montjuic/E
1. GP: 1949 Insel Man/GB

Übrigens: 1949 fanden nur sechs Grand Prix statt – auf der Insel Man, in Bern, Assen, Spa-Francorchamps, Ulster und Monza. In der 125-ccm-Klasse wurden aber nur drei Rennen ausgetragen!

Fakt ist: Beim Aragón-GP 2017 hat die Dorna den 700. GP-Event gefeiert.

Seither haben nach unserer Rechnung inklusive Katar 2020 aber jedoch nur 99 Grand Prix stattgefunden. Aber offenbar wurde auch der Silverstone-GP 2018 berücksichtigt, obwohl dort wegen der tiefen Pfützen kein Rennen ausgetragen wurde.

Fazit: Trau' nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast.

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