Pedro Acosta: Wie schnell zum ersten Sieg?
Einige Supertalente kürzen den Weg an die Spitze ab: Sie kommen in die Königsklasse und tun so, als wären sie schon immer da gewesen. Andere erfolgreiche Fahrer, manche davon mehrfache Weltmeister und absolute Superstars, benötigten ihre Zeit, um sich an der Spitze zu etablieren. In der gesamten Geschichte der MotoGP gibt es nur 10 Piloten, die weniger als 10 Rennen bis zu ihrem ersten Sieg gebraucht haben. Pedro Acosta hat also bis zum GP von Assen Zeit, sich in diesen illustren Kreis einzuschreiben (und natürlich gibt es keine Garantie, dass das passiert).
Was er nicht mehr einstellen kann, sind die Rekorde von Jarno Saarinen (Sieg bei seinen beiden ersten 500er-GPs) sowie Max Biaggi (Sieg bei der Halbliter-Premiere). Auch Marc Márquez ist ihm in dieser Statistik entschlüpft.
Das sind jene 10 Piloten mit dem kürzesten Anlauf zum Premieren-Sieg:
2 Rennen: Marc Márquez, Austin 2013
Just auf der Strecke des nächsten GP 2024 kommende Woche feierte Marc Márquez, mit dem Pedro Acosta oft verglichen wird, seinen ersten Sieg im erst zweiten Rennen. Das ist Rekord in der MotoGP-Ära. Zweiter wurde sein Teamkollege Dani Pedrosa, dahinter Jorge Lorenzo (diese beiden Herren werden uns sehr bald wieder begegnen). Um erst gar keine Zweifel an seinen künftigen Plänen aufkommen zu lassen, holte sich Marc an seinem erst zweiten MotoGP-Wochenende neben Sieg auch Pole Position und schnellste Rennrunde.
3 Rennen: Jorge Lorenzo, Estoril 2008
Es war das Jahr, in dem Valentino Rossi und sein junger Teamkollege Jorge Lorenzo im Yamaha-Werksteam unterschiedliche Reifen fuhren: Rossi auf Bridgestone, Lorenzo auf Michelin. Lorenzo hatte die M1 wie schon in den Rennen zuvor auf Pole Position qualifiziert, im Rennen ergab sich ein schöner Dreikampf der beiden mit Dani Pedrosa. Doch gegen Rennmitte checkte Lorenzo aus und holte sich im dritten Rennen seinen ersten Sieg – und zwar im Stile eines großen Routiniers.
3 Rennen: Brad Binder, Brünn 2020
Es war Corona, die Zeiten waren komisch. Der GP in der tschechischen Republik war erst der dritte MotoGP-Lauf des Jahres – und das im August. Die beiden Yamaha-Fahrer (!) Quartararo und Viñales führten die WM an, dahinter Andrea Dovizioso. Was hat sich seither verändert! Brad Binder war zu Saisonbeginn als Moto2-Vize ins KTM-Werksteam aufgestiegen. An diesem Sommer-Wochenende passte alles für den Südafrikaner: Souveräner Sieg von Platz 7 kommend mit über 5 Sekunden Vorsprung, zusätzlich schnellste Rennrunde. Auf seinen zweiten Sieg sollte Brad ein Jahr und sechs Tage warten. Richtig, das war das legendäre Regen-Rennen auf dem Red Bull Ring in Spielberg, in dem er auf Slicks buchstäblich über Wasser ging.
4 Rennen: Dani Pedrosa, Shanghai 2006
Seinen ersten MotoGP-Sieg schnappte sich KTMs Wildcard-Starter vor unglaublichen 18 Jahren in China als Teamkollege von Nicky Hayden bei Repsol Honda. Schon sein allererstes Rennen in der MotoGP (Jerez) hatte er auf Platz 2 beendet, für den ersten Sieg musste er sich nicht viel länger gedulden. Am 14. Mai siegte er in Shanghai nach verpatztem Start und spektakulärer Aufholjagd vor Hayden und Colin Edwards. Wie Landsmann Márquez 7 Jahre später sicherte er sich bei seinem ersten Sieg auch Pole und schnellste Runde.
5 Rennen: Freddie Spencer, Belgien 1982
Es waren andere Zeiten: Der Amerikaner Freddie Spencer gab sein Debüt in der Königsklasse zwar schon 1980 (unglaublicherweise auf Yamaha!), doch er konnte sich nicht qualifizieren. Bei seinem einzigen Antreten 1981 auf der Honda NR500 mit ihren ovalen Kolben sah er kein Ziel. Als Werksfahrer im Jahr 1982 auf der NS500 lief es deutlich besser: Nach Platz 3 in Argentinien, Platz 2 in Misano und einem Ausfall in Assen gewann er in Spa seinen ersten GP. Mit 20 Jahren war er damals der jüngste Fahrer, dem das gelang. Auch bei seinem ersten WM-Titel im Folgejahr war er damals Rekordhalter.
6 Rennen: Jorge Martín, Red Bull Ring 2021
Zurück in die Gegenwart: Jorge Martín hatte die MotoGP-KTM, die nach zwei Jahren bei Aki Ajo in der Moto2 für ihn bereitstand, verschmäht und stattdessen bei Pramac Ducati angeheuert. Keine Frage: Dieser junge Mann stand gehörig unter Druck und wollte der Welt beweisen, dass seine Entscheidung richtig war. Vielleicht wollte er es zu sehr: Nach seinem brutalen Crash in Portimão versäumte er auch die drei nachfolgenden Rennen. Es dauerte aber nicht lange, bis die Welt kapiert hatte, was da auf sie zukam. In seinem 6. Rennen beim GP der Steiermark auf dem Red Bull Ring feierte er seinen ersten Sieg, standesgemäß von Pole Position aus.
9 Rennen: Randy Mamola, Belgien 1980
Seine erste (halbe) WM-Saison fuhr der Amerikaner 1979 als Einspringer für den verletzten Mike Baldwin auf einer privaten Zago-Suzuki und stand gleich in Finnland und Le Mans auf dem Podium. 1980 bekam er die Chance im Suzuki-Werksteam – und nutzte sie: Gerade auf der für alle Fahrer neuen Strecke in Zolder, die noch dazu extrem rutschig war, balancierte er seinen Zweitakter fehlerlos ins Ziel, während seine erfahrenen Kollegen der Reihe nach runterpurzelten. Seinen 9. GP der Königsklasse beendete er 12 Sekunden vor Marco Lucchinelli und eine satte halbe Minute vor seinem Idol Kenny Roberts.
9 Rennen: Valentino Rossi, Donington 2000
Da durften sich die Fans schon vorab auf eine Feier der Sonderklasse einstellen, wussten sie doch bereits aus den kleineren Klassen, wie fantasievoll Vale seine Siege zelebrierte. Dabei hatte es nach einem miserablen Start lange Zeit gar nicht gut ausgesehen für die Nummer 46 auf seiner Honda im nassen britischen GP des Jahres 2000. Nach dem Start war er auf Rang 13 zurückzufallen. Doch dann begann Vale zu regen-zaubern und holte Fahrer um Fahrer ein. Grande Finale: Ein Drift-Dreikampf mit Kenny Roberts Junior (Suzuki) und Jeremy McWilliams (Aprilia) mit völlig erledigten Reifen auf auftrocknender Strecke. Die Siegesfeier? Rossi-würdig!
In der ursprünglich veröffentlichen Roh-Version dieses Artikels hatten noch drei Fahrer gefehlt. Wir bitten, dies zu entschuldigen!