Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Stefan Bradl: «Die Dorna wird was Neues erfinden»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl rechnet in der MotoGP-Saison 2014 mit einem starken Aleix Espargaró und einem konkurrenzfähigen Ducati-Werksteam. Und in Katar mit einer Yamaha-Übermacht.

Stefan Bradl (24) hätte beim abschliessenden Nachttest auf dem Losail International Circuit in Katar am letzten Wochenende gerne die Bestzeit erzielt. Er hielt sich mehrmals an zweiter Position, stürzte aber am dritten Tag (Sonntag) dreimal und fiel auf Platz 4 zurück.

«Es hat sich herausgestellt, dass Katar momentan eine Yamaha-Strecke ist», lautet die Bilanz des deutschen LCR-Honda-Piloten und WM-Siebten. «Ich habe mich auch mit meinem Honda-Kollegen Alvaro Bautista unterhalten. Er hatte sein Office beim Katar-Test gleich gegenüber von meinem. Wir haben kein Problem miteinander, es ist halt ein gesunder Konkurrenzkampf. Normal unterhalten wir uns nicht oft... Aber er hat mir sofort zugestimmt: Wir haben mit den neuen hitzebeständigen Hinterreifen absolut keinen Grip. Bisher war es so, dass die Yamaha hohen Kurvenspeed fahren, also im Scheitelpunkt sehr schnell waren. Mit der Honda muss man anders fahren. Man bremst lange in die Kurve rein, legt um und richtet rasch wieder auf. Das ist bekannt. Aber das ging in Katar nicht. Denn beim Aufreissen des Gasgriffs war kein Grip da. Katar ist immer schon eine Yamaha-Strecke gewesen. Aber durch die Veränderungen mit den neuen Hinterreifen kommt diese Überlegenheit noch einmal deutlicher zum Vorschein.»

Immerhin bezeichnet Bradl seinen neuen Reifen-Techniker von Bridgestone als klaren Fortschritt gegenüber 2013. Klaus Nöhles, ehemaliger GP-Pilot (125 und 250 ccm) hat den Platz von Masao Azuma übernommen.

«Klaus kommt immer mit wichtigen Informationen. Er kann mir auf jede Frage eine Antwort geben», schildert Bradl. «Vorher bei Azuma war einfach keine Kommunikation vorhanden. Wenn ich etwas wissen wollte, welche Reifen die anderen fahren oder sonst eine Frage hatte, bekam ich nie eine Antwort. Das ist bei Klaus völlig anders. Es passiert nie, dass er etwas nicht weiss. Ich erkundige mich über die Asphalttemperaturen, was fahren die anderen, wer hat welchen Reifen schon probiert? Wenn ich von der weichen auf die harte Mischung wechsle, erkundige ich mich: Welche Erfahrungen habt ihr mit diesem Reifen hier aus dem letzten Jahr bei dieser Temperatur? Dann sprudelt es aus ihm raus: ‹Ja, letztes Jahr hat er bei dieser Temperatur funktioniert, aber jetzt sind die Gripverhältnisse nicht ganz so gut. Aber probiere ihn, denn er kann funktionieren.› Dieser Input ist vorher absolut nicht dagewesen. Das ist eine grosse Unterstützung.»

Respekt vor Aleix Espargaró

Aleix Espargaró war bei den neun Testtagen 2014 fast immer unter den Top 3. Daran änderte sich auch nichts, als er letzten Samstag in Katar mit der Forward-Yamaha nur den harten Hinterreifen verwendete.

Das heisst: Mit diesem Open-Fahrer ist auch in den Rennen zu rechnen.

Auch Stefan Bradl schätzt den 24-jährigen Spanier hoch ein, der 2012 und 2013 auf der ART-Aprilia des Aspar-Teams zweimal die Claiming-Rule-Wertung dominiert hat.

«Aleix ist sicher über die Renndistanz nicht so schnell wie über eine einzelne Runde», meint Bradl. «Aber wie gesagt: Wenn er mit dem weichen Hinterreifen am Rennbeginn 0,5 sec pro Runde davon fährt, bis du diesen Rückstand wieder aufgeholt hast, kostet das Zeit. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er ein permanenter Podiumskandidat ist. Er hat kein schlechtes Paket. Er hat die Werks-Yamaha von 2013, dazu mehr Sprit und den weicheren Hinterreifen.»

Aber Colin Edwards verfügt über dasselbe Paket – und ist deutlich langsamer. Aleix muss also auch ein Topfahrer sein! Sonst hätte er zum Beispiel 2013 mit der CRT-Aprilia auf dem Sachsenring nicht Fünfter werden können.

«Ja, schlecht ist er nicht», räumt Bradl ein. «Er wird sicher für ein paar Überraschungen sorgen. Ich darf ihn nicht unterschätzen.»

Auch Ducati ist seit dem Herbst deutlich stärker geworden, das Fahrerduo Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow könnte für alle Prototypen-Fahrer eine ernsthafte Bedrohung werden.

«Was soll ich dazu sagen? Kriegen sie jetzt bald 22,5 Liter? Wann erreichen sie die erforderlichen Podestplätze? Wir wissen bis heute nicht, mit wie viel Liter Ducati in Katar fahren wird», wundert sich der deutsche LCR-Honda-Pilot. «Oder werden sie in die Factory-1-Klasse gezwungen? Müssen sie dann bis Katar noch einen neuen 20-Liter-Tank konstruieren? Es ist doch traurig, wenn ich sehe, jetzt fährt auf einmal ein Open-Motorrad aufs Podium. Oder eine Factory-2-Maschine, falls es so etwas wirklich noch geben wird... Für die Fans wird es unübersichtlich. Es wird sich einiges tun. Man wird sehen, wie sich die Vorteile der Open Class-Fahrer auswirken. Wenn die Open-Bikes dann einen Grand Prix nach dem anderen gewinnen, wird die Dorna sicher wieder was Neues erfinden.»

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