Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Aleix Espargaró: Ist er wirklich eine Überraschung?

Kolumne von Manuel Pecino
Aleix Espargaró ist die Sensation der neuen Open-Klasse. Doch ist es wirklich so verblüffend, dass der junge Spanier so schnell ist?

Ja, Aleix Espargaró und seine Open-Yamaha sorgten beim Saisonstart in Katar für Zündstoff, aber ist das wirklich eine Überraschung oder ist es einfach die Konsequenz daraus, einem guten Fahrer das nötige Werkzeug zu geben, um sein wirkliches Potential zu zeigen? Ich will Ihnen helfen, damit Sie diese Frage selbst beantworten können. Zu diesem Zweck fasse ich die signifikantesten Momente der Karriere von Aleix Espargaró zusammen.

Der ältere der Espargaró-Brüder beschritt einen ganz anderen Weg als seine Landsmänner Dani Pedrosa, Jorge Lorenzo oder Marc Márquez. Diese Jungs folgten sozusagen dem einfachen Weg an die Spitze. Von Anfang an nahm sich jemand ihrer Karriere an und große Sponsoren unterstützten die perfekt organisierten Projekte. Jeder ihrer Schritte wurde organisiert und kontrolliert. Aleix hatte es viel schwerer und es war noch härter, weil er in einem Land aufwuchs, in dem jedes Jahr neue talentierte Fahrer auf der Bildfläche erscheinen. An einem bestimmten Moment schien seine Karriere endgültig gegen die Wand zu fahren, weil Sponsoren und Teams jüngere Fahrer vorzogen. Aleix war damals erst 19 Jahre alt! Nebenbei sei erwähnt: Diese Kinder waren Marc Márquez und Aleix‘ jüngerer Bruder Pol.

2014 wird die zehnte WM-Saison für Aleix Espargaró sein. Das ist eine lange Zeit für einen erst 24-Jährigen. Seine WM-Karriere startete auf die bestmögliche Weise: Mit 15 Jahren drei Monaten und 20 Tagen wurde er der jüngste Fahrer, der je den 125-ccm-Titel der Spanischen Meisterschaft gewann. Diesen Erfolg feierte er dank einer überraschenden Konstanz für sein junges Alter. Er kam bei allen Rennen ins Ziel. Das beeindruckte seinen Teamchef, Emilio Alzamora, den heutigen Manager von Marc Márquez.

Zu dieser Zeit nahm Alzamoras Team nur an der Spanischen Meisterschaft teil. Als Aleix sich also für das GP-Abenteuer entschied, musste er ein neues Team finden. Er gab sein WM-Debüt schließlich im Team Seedorf, wo er seine Reife bestätigte. Sein erster GP-Einsatz hätte nicht überzeugender sein können: Sein erstes Rennen beendete Aleix innerhalb der Punkteränge. Jedes Ziel schien für den Jungen aus Granollers, einer Industriestadt in der Nähe von Barcelona, erreichbar.

Die Rennen in den Punkten zu beenden, schaffte Espargaró in seinem ersten WM-Jahr regelmäßig. Konstanz ist bereits seine gesamte Karriere hindurch eines seiner Merkmale. 2005 tauchte sein Name nur selten auf den Sturzlisten auf, was für einen 16-jährigen Rennfahrer sehr untypisch ist. Er machte aus dem Rennsport eine Lebenseinstellung.

Die Saison 2005 schloss er auf brillante Weise ab und somit waren die Erwartungen für das nächste Jahr sehr hoch. Seine zweite WM-Saison absolvierte er in einem neuen Team. 2006 verlief jedoch nicht nach Plan. Seine Größe und ein Motorrad, das weit von der als Minimum akzeptablen Leistung entfernt lag, hielten ihn davon ab, um die erwarteten Resultate zu kämpfen. Daher entschied sich das Team, Aleix in die mittlere Klasse aufsteigen zu lassen. Mitte der Saison schwang er sich erstmals auf eine 250-ccm-Maschine. Dies Geschah auf einer Strecke, die gut zu seinem Fahrstil passt: Assen.

Dieser Grand Prix bot Aleix die Chance, wieder auf verloren geglaubten Boden zurückzukehren: In seinem ersten 250-ccm-Rennen platzierte er sich unter den Punkterängen. Seine Freude und seine Träume erwachen aus dem frustrierenden Koma der ersten Saisonhälfte. Er wurde einmal mehr zu einem regelmäßigen Punktesammler und beendete fast jedes Rennen. Diesen Trend setzte er 2007 fort.

2008 erwartete Aleix, zumindest auf dem Papier, besseres Material. Er fuhr das Vorjahresmodell der Werks-RSA. Damit beendete er seine Rennen regelmäßig unter den Top-10 und tauchte ab und an in der Spitzengruppe auf, wo er Fahrer mit besserem Material besiegte. In diesem Jahr zeigte er, dass er eine Werksmaschine verdient, doch er erhielt sie nie.

Unerwartet zog sich Aleix’ 2008-Team für 2009 zurück. Er sah sich nach einem neuen Bike um und landete in einem italienischen Team. Doch der Sponsor, der das Projekt finanzieren sollte, sprang ab. Einen Monat vor dem Saisonstart wurde Aleix Espargaró offiziell zu einem arbeitslosen Fahrer. Mit nur 19 Jahren schien er vor dem Ende seiner Karriere zu stehen. Die Teams setzten auf eine neue Generation von Fahrern wie Marc Márquez, Nico Terol und Aleix‘ jüngeren Bruder Pol.

Aleix suchte verzweifelt nach einem Team. Er wäre beinahe Supersport gefahren, doch am Ende unterschrieb er einen Vertrag mit Spanish Promorracing, einer Gruppe von enthusiastischen Motorsport-Freunden, die eine Moto2-Maschine entwickelten. Eine neue Art von Bike, das bald die Zukunft der mittleren Klasse sein sollte. Der Plan war, das Bike in der Spanischen Meisterschaft CEV einzusetzen, die einzige Meisterschaft, die diese Maschine erlaubte, und im kommenden Jahr in die Weltmeisterschaft aufzusteigen. Aleix‘ Debüt auf dieser Maschine war erneut brillant, da er dieselben Zeiten wie die schnellsten 250-ccm-WM-Piloten fuhr. Aufgrund dieser Leistung wurde Aleix gebeten, den ungarischen Fahrer Nemeth in der 250-ccm-WM zu ersetzen. Die Strecke auf der er das unbekannte Bike fuhr: Assen.

Zum zweiten Mal kreuzten sich die Wege von Aleix und der niederländischen Rennstrecke, die als «Chancengeber» für den Spanier auftrat. Die Maschine war nicht aus der ersten Riege, aber gut genug, um ein interessantes Ergebnis zu erzielen. Espargaró erhöhte die Erwartungen an sein Comeback, als er erklärte, dass die Top-5 sein Ziel seien. Ein nahezu unmöglicher Anspruch, wenn man bedenkt, dass acht Monate vergangen waren, seit der zuletzt auf einem 250-ccm-Rennbike saß.

Nach zwei Trainingstagen platzierte er sich überraschend als Fünfter, aber das Beste kam noch. Aleix nutzte all seine Frustration und seinen Ärger der letzten Monate, um möglicherweise seinen für immer allerbesten Start hinzulegen. Er war Zweiter in der ersten Kurve und führte zwei Kurven später das Rennen an. Er fuhr eines seiner besten Rennen. Er kam als Vierter ins Ziel. Seine kompromisslose Darbietung sorgte dafür, dass er im MotoGP-Team Pramac die Satelliten-Ducati von Mika Kallio fahren sollte. Nur wenige Monate zuvor suchte Aleix verzweifelt nach einem Startplatz in der 250-ccm-Klasse und nun wurde er plötzlich zum MotoGP-Fahrer. Er machte einen guten Job und erhielt für 2010 einen Vertrag. Die Resultate waren nicht brillant, aber die Desmosedici ist sicherlich keine einfaches Motorrad. Doch Aleix‘ Talent blieb nicht unbemerkt. Darum erhielt er die Möglichkeit mit einer Top-Maschine zu fahren.

2011 unterzeichnete er einen Vertrag mit dem Moto2-Top-Team Pons. Zum ersten Mal erhielt Espargaró erstklassiges Material. Doch die Zeit zeigte, dass dies nicht der richtige Moment für die Moto2-Klasse war, zumindest nicht für einen Fahrer wie ihn. In einer so engen Klasse stellte sich seine Größe als unüberwindbares Hindernis heraus. Trotzdem erzielte er seine erste und bisher einzige Podestplatzierung.

Er wusste, dass es für ihn keinen Grund gab, in der Moto2-Klasse zu bleiben und stimmte einem Deal mit dem Aspar-Team zu, für das er eine CR-Aprilia in der MotoGP-Klasse fuhr. Die Nummer 1 im Team sollte der Franzose Randy de Puniet sein. Doch am Ende war es Espargaró, der den CR-Titel holte. Im nächsten Jahr zeigte Espargaró beeindruckende Rennen und wiederholte seinen Titelgewinn.

Unsere Reise durch die Karriere des älteren Espargaró hat uns nun an das Ende der Saison 2013 gebracht. Um nicht noch ein Jahr mit derselben Maschine, der ART-Aprilia, anzutreten, wechselte Aleix für 2014 auf eine Yamaha nach dem Reglement der neuen Open-Klasse. Keine Offerten des Aspar-Teams konnten ihn davon abhalten: Aleix hatte sein Entscheidung getroffen.

Der Rest der Geschichte ist bekannt. Aleix Espargaró und die Open-Yamaha wurden zu einem wichtigen Protagonisten am Anfang der neuen Saison. Diese Situation bietet die Möglichkeit, über den wahren Wert des 24-jährigen Spaniers zu sprechen. Befindet er sich wirklich auf demselben Niveau wie die Top-Fahrer Márquez, Lorenzo und Pedrosa oder spielt er mit überprivilegierten Karten? Wie gesagt, nachdem Sie nun seinen Karriereweg kennen, müssen sie sich diese Frage selbst beantworten.

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