Hondas Anschuldigung: Ducati manipuliert die Wahrheit

Von Manuel Pecino
«Warum schreibt niemand die Wahrheit darüber, warum es im nächsten Jahr keine Wings mehr geben wird?» Diese Frage stellte HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto im Aragón-Paddock.

Die Wahrheit? Welche Wahrheit? Mir ist bewusst und ich habe auch geschrieben, dass die Wings 2017 verboten sind, da die GP-Commission diese Entscheidung fällte, nachdem in der Motorcycle Sport Manufacturers Association (MSMA) keine Einigung darüber gefunden werden konnte, welchen Regeln die aerodynamischen Anhängsel in Zukunft unterworfen werden sollen.

«Ja, das ist korrekt, aber es entstand der Eindruck, dass die Wings deshalb verboten wurden, weil Honda gegen sie ist. Und das ist nicht wahr. Dass es im nächsten Jahr keine Wings mehr gibt, liegt daran, dass Ducati es so wollte», behauptet der japanische Ingenieur, der Ducati auch vorwirft, die Wahrheit zu manipulieren.

In der MSMA wurde viel diskutiert, als die FIM die Flügel an den Verkleidungen der MotoGP-Bikes als gefährlich einstufte, nachdem sie Aufnahmen von Andrea Iannones Wings an der Ducati sahen, als sie Marc Márquez’ Rücken in Argentinien berührten.

«Ich ging in die Ducati-Box, um die Festigkeit der Flügel zu prüfen», erklärte der Sicherheitsbeauftragte Loris Capirossi der Race Direction. «Und tatsächlich, es ist unmöglich, einen dieser Flügel abzubrechen. Das bedeutet, dass sie bei einem Kontakt auch Schaden anrichten können. Sie sollten vielleicht nicht sofort verboten werden, aber darüber sollte in der Zukunft gesprochen werden. Bei einer Kollision könnten sie gefährlich sein.»

Das war der Auslöser für das Verbot. Danach beklagten einige Fahrer die Verwirbelungen, die ein Motorrad mit Flügeln verursacht, und die zur Folge haben, dass diesem Bikes auf den Geraden und schnellen Streckenabschnitten nicht so nah gefolgt werden kann wie Maschinen ohne Flügeln. «Es gibt einige, die sie mögen, andere mögen sie nicht, aber für mich haben die besten Bikes keine Flügel. Wenn wir den Weg von komplexer Aerodynamik gehen wollen, wird es schwieriger, anderen Fahrern zu folgen und sie zu überholen», erklärte Marc Márquez. Die FIM reagierte.

Die MSMA fand zunächst einen Weg, das Verbot zu vermeiden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Werk von Ducati am meisten in die Entwicklung von Winglets investiert, daher fühlten sie sich angegriffen. «Ducati liegt klar vorne, wenn es um aerodynamische Aspekte an den Bikes geht. Unser Gefühl sagt uns, dass sie uns mit lächerlichen Argumenten, die Sicherheit betreffend, bestrafen wollen», erklärte Ducati. «Unserer Meinung nach machen die Wings ein Bike sicherer, denn sie halten das Vorderrad auf dem Boden, was Einfluss auf die Kontrolle über das Bike hat. Seit an unseren Bikes Winglets eingesetzt werden, gab es einige Vorfälle zwischen Fahrern, doch niemand hat sich je wegen negativen Auswirkungen der Wings beschwert. Die Sicherheit ist nur eine Ausrede, um uns zu bestrafen.»

Wie man sich vorstellen kann, war Ducati gegen jede Änderung der Regeln. Innerhalb der MSMA wurde vorgeschlagen, dass jeder Hersteller seine eigenen Tests durchführt und anschließend einen Bericht verfasst, der die Schlussfolgerungen zusammenfasst. Das taten sie. Sie warteten mit ordentlich ausgeführten Studien auf, die über mehrere Monate geführt worden waren. Honda legte einen Bericht vor – wie auch Yamaha und Suzuki. Sie stellten fest, dass weniger aggressive Formen der Winglets sowie Systeme, die ein Biegen der Wings bei einem Kontakt ermöglichen, und andere Materialien eine Lösung wären.

«Aber Ducati sagte zu allem nein», beklagt Nakamoto. «Es hieß nur nein, nein und nein. Die japanischen Hersteller waren sich einig und auch Aprilia stimmt in einigen Dingen zu, aber Ducati wollte die Angelegenheit nicht diskutieren. Es war ihr Weg: alles oder nichts.» Und so blieb ihnen nichts. Die Regeln verlangen Einstimmigkeit bei technischen Vorschriften, aber das gelang nicht. Obwohl Aprilia auf Ducatis Seite war, erklärten sie sich bereit, sich auf die Seite der Mehrheit zu schlagen, wenn abgestimmt wird. Die GP-Commission, die sich aus Vertretern der FIM, MSMA, IRTA und Dorna zusammensetzt, hinzukommt die Stimme von Carmelo Ezpeleta, traf die Entscheidung, die Wings zu verbieten.

«Die Gefahr durch Wings war schwer zu beweisen. Es ist nicht möglich zu sagen, ob die gefährlich sind oder nicht, aber wenn Zweifel bestehen, ist es besser, nicht zu warten, bis sich jemand verletzt, und sich dann zu beschweren», betonte Nakamoto. «Doch dass es 2017 keine Wings mehr gibt, liegt allein an Ducati. Sie deuteten an, dass Honda hinter dem Verbot steckt und wir einen Feldzug gegen die Flügel geführt hätten, um Ducati für ihren Vorteil bei der Aerodynamik zu bestrafen. Das ist aber eine Lüge.»

«Es ist auch nicht wahr, dass dies die Weiterentwicklung von Straßenmaschinen in Zukunft bremst. Oder kennst du eine Ducati-Straßenmaschine mit Winglets? Zudem war es Ducati, die 22 Liter Tankinhalt wollten, als wir nur 20 Liter einsetzten. Auch die Einheitssoftware wollten sie. Kraftstoffverbrauch und elektronisches Management. Diese zwei Dinge haben einen großen Einfluss auf die Bikes, wenn sie unsere Kunden erreichen.»

Honda beklagt auch, wie sich die Arbeitsweise bei Ducati seit der Ankunft von Gigi Dall’Igna in der Rennabteilung des Herstellers aus Bologna verändert hat. «Es ist klar, dass sie den Unterschied zu den Ressourcen der japanischen Hersteller kompensieren müssen, Ducati muss mutig sein, riskante Entscheidungen treffen und unbeschrittene Wegen gehen, aber seit Gigi dort ist, hat sich ihre Arbeitweise verändert.» Die Person, die nun spricht, ist HRC-Sportdirektor Livio Suppo. Er bezieht sich hierbei auf den Unterschied in der Arbeitsweise bei Ducati, zwischen der Zeit, als Filippo Preziosi die Entwicklung führte und seit Gigi Dall’Igna seinen Platz eingenommen hat.

Suppo kennt die Rennsportabteilung von Ducati genau, denn er erlebte Ducatis Einstieg in die MotoGP-WM selbst mit. «Ein kleiner Hersteller mit im Vergleich zu den japanischen Herstellern eingeschränkten Ressourcen zu sein, zwingt Ducati dazu, andere Wege zu gehen und nach Alternativen zu suchen. Filippo tat das, er traf eine riskante Entscheidung, als er auf Bridgestone setzte, während alle anderen auf Michelin unterwegs waren. Er riskierte auch einiges, indem er einen besonders kraftvollen 800-ccm-Motor entwarf, der im Hinblick auf den Rahmen Schwierigkeiten machte. Doch er schaffte es, mit Casey die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Das war Risiko und das Erforschen alternativer Wege. Doch seit Dall’Igna zu Ducati kam, ist das anders. Gigi sucht immer nach einem Schlupfloch in den Regeln und wie er daraus einen Vorteil ziehen kann.»

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