Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Ducati macht ernst: MXGP-WM-Teilnahme 2025 fix

Von Günther Wiesinger
Ducati-Testfahrer Alessandro Lupino, Paolo Ciabatti und Tony Cairoli

Ducati-Testfahrer Alessandro Lupino, Paolo Ciabatti und Tony Cairoli

Bei Ducati Corse nimmt der von langer Hand geplante Einstieg in den Motocross-Sport Formen an. 2025 ist die MXGP-WM an der Reihe, 2026 die MX2-Klasse. SPEEDWEEK.com kennt alle exklusiven Details.

Am 13. Juni berichtete SPEEDWEEK.com exklusiv über die detaillierten Pläne von Ducati betreffend die künftigen Motocross-Aktivitäten, die bis dahin wegen der geschickten Geheimniskrämerei der Italiener völlig im Dunkeln lagen. Inzwischen dringen schrittweise zusätzliche Informationen an die Öffentlichkeit, und seit einigen Monaten ist klar, dass der neunfache Weltmeister Tony Cairoli bei der MX-Expedition von Ducati Corse eine namhafte Rolle spielen und das Projekt als Testfahrer neben Alessandro Lupino verstärken wird.

Das Motocross-Projekt wurde auch am Freitag in Bologna bei der WM-Feier «Campioni in Festa» präsentiert. Bei den Teamvorstellungen 2024 beim Event «Campioni in Pista» (21. bis 23. Januar) im Skiort Madonna di Campiglio wird das spannende Thema Motocross neben MotoGP- und Superbike-WM ebenfalls im Vordergrund stehen.

Inzwischen werden die Berichte von SPEEDWEEK.com auch von namhaften Ducati-Corse-Mitarbeitern bestätigt. Zuletzt hat sich herumgesprochen, dass der 38-jährige Cairoli die MX-Bikes nicht nur testen, sondern auch Rennen bestreiten und 2024 an der Italienischen 450-ccm-Meisterschaft teilnehmen will.

Anfang Dezember wurden die 450-ccm-Maschinen wie geplant erstmals von Cairoli und Lupino getestet. Lupino stand bis Ende November noch bei Beta unter Vertrag, deshalb wurde mit dem ersten Zwei-Tage-Test bis Dezember gewartet.

Lupino wird die Italienische Prestige-Meisterschaft 2024 auf jeden Fall bestreiten. Tony Cairoli wird erst zu einzelnen Wettkämpfen antreten, sobald das Motorrad konkurrenzfähig ist. Wann das der Fall sein wird, lässt sich vorläufig nicht einschätzen.

Die MX-Viertakt-Einzylinder-Motoren werden wie die Desmosedici-MotoGP-GP-Maschinen über eine desmodromische Ventilsteuerung verfügen. Aber Gigi Dall’Igna, General Manager von Ducati Corse, ist bisher in die Entwicklung der MX-Maschinen nicht involviert.

Denn es existiert bei Ducati eine Gruppe von Ingenieuren mit ausreichender Offroad-Erfahrung, zum Beispiel wegen ihrer persönlichen Offroad-Leidenschaft oder wegen Erfahrungen bei anderen italienischen Fabrikaten oder Husqvarna, das sich jahrelang im Besitz der Familie Castiglioni (Cagiva, MV Agusta) befand. Manche Ducati-Techniker verfügen teilweise auch über Dakar-Wettkampf-Erfahrung.

Für die Test- und Renneinsätze wurde eine Zusammenarbeit mit Corrado und Marco Maddii vereinbart, die 2023 in der MX2-WM sowie in den Europameisterschaften EMX125 und EMX250 das Fantic-MX-Werksteam betrieben, mit der Weiterentwicklung bei Fantic aber nicht zufrieden waren.

Noch eine Information: KYB (vormals Kayaba) wird bei Ducati die Suspension liefern, Akropovic die Auspuffanlagen.

Der genaue Fahrplan für das MX-Projekt

2025 wird Ducati an der MXGP-WM mit der 450-ccm-Maschine teilnehmen. Für 2024 sind in der WM schon einzelne Wildcard-Einsätze vorgesehen. Die ersten Auftritte in der US-Supercross Championship sind für 2026 geplant.

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti hat bereits im vergangenen Januar den US-SX-Indoor-Wettbewerb in Anaheim (Kalifornien) besucht. Die US-Teilnahme muss aber bis 2025 warten, weil die Italiener für die US-Meisterschaft pro Klasse 400 Motorräder für die Homologation bauen müssen. Die 250-ccm-SX-Indoor-Serie wird deshalb von Ducati erst 2027 in Angriff genommen.

Plan 2024:

Italienische MX-Prestige-Meisterschaft 450 ccm und eventuell einzelne MXGP-WM Wildcard-Einsätze;

Plan 2025:

Einstieg in die MXGP-450 ccm-Weltmeisterschaft.

Plan 2026:

Erste Saison in der 250-ccm-MX2-Weltmeisterschaft;
Einstieg in die US-SX-450-ccm-Championship.

Plan 2027:

Teilnahme an der MX2-WM und MXGP-WM;
Teilnahme an der US-SX-450-ccm-Championship;
Einstieg in die US-250-ccm-Championship.

An diesem Masterplan können aber in den nächsten Jahren noch Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden. Zum Beispiel, wenn keine Topfahrer unter Vertrag genommen werden oder die erforderlichen Stückzahlen für die USA nicht rechtzeitig gebaut werden können.

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti ist zwar immer wieder mit den Motocross-Piloten Cairoli und Lupino zu sehen, aber offiziell wurde er noch nie als MX-Projektleiter präsentiert. «Wir setzten Prioritäten, und natürlich ist es eine Priorität, Erfolg zu haben, was in der MX-Szene nicht einfach sein wird», hält Ciabatti fest. «Deshalb sind wir einerseits bescheiden, aber gleichzeitig sehr motiviert. Ich denke, wir haben nach der Papierform ein sehr gutes Motorrad. Jetzt müssen wir die richtigen nächsten Schritte setzen.»

Ducati wird die ersten 450-ccm-MX-Modelle erst 2026 auf den Markt bringen, die 250-ccm-Motorräder gehen ein Jahr später in Serie.

Dazu wird es wegen der größeren Stückzahlen natürlich auch eine komplette Plattform von Enduro-Versionen geben, jeweils auf Basis der 250- und 450-ccm-Viertakt-Desmodromik-Motoren, wobei es kein Geheimnis ist, dass die Erfordernisse der europäischen Abgas- und Lärmvorschriften für die Verkehrszulassungen mit großen Herausforderungen für die Hersteller verbunden sind.

Ducati Corse betritt in der MX-Szene ein ganz neues Betätigungsfeld. Trotzdem wollen die Roten in absehbarer Zeit an die Spitze kommen, obwohl die Italiener natürlich beim Wettstreit und Werben um die Topfahrer bei den etablierten Spitzenteams von Honda, Kawasaki, Yamaha, KTM, GASGAS, Husqvarna und Fantic auf starke Konkurrenz und viel Widerstand stoßen werden.

Aber bisher ist das Interesse der Fahrer am Ducati-MX-Projekt groß, die Performance 2024 wird mit Spannung erwartet und mit Argusaugen beobachtet werden.

Die Verpflichtung von Superstar Tony Cairoli hat an den Wettbewerb die richtige Message gesandt: Ducati macht auch abseits der asphaltierten Rennbahnen keine halben Sachen.

Aber Ducati hat in der Superbike-WM und MotoGP ebenfalls magere Jahre erlebt, deshalb wissen die Verantwortlichen, dass auch in der MX-Szene die Bäume nicht in den Himmel wachsen werden.

«Wenn wir für 2025 in der MXGP-WM ein paar Top-5-Ergebnisse anstreben, ist das wohl ein vernünftiges Ziel», meint Paolo Ciabatti. «Wir werden das Motorrad parallel schrittweise weiterentwickeln.»

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