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Tony Rickardsson: «Wenn ich nachlasse, sterbe ich»

Von Manuel Wüst
Rekordchampion Tony Rickardsson

Rekordchampion Tony Rickardsson

An den Advents-Sonntagen schaut SPEEDWEEK.com auf ganz besondere Athleten aus der 100-jährigen Geschichte des Speedway-Sports. Den 17. Dezember widmen wir Rekordchampion Tony Rickardsson.

Tony Rickardsson war der letzte Weltmeister im klassischen Eintagesfinale, 1994 in Vojens. Nachdem Hans Nielsen und die US-Amerikaner Billy Hamill und Greg Hancock die ersten Weltmeister im GP-System wurden, dominierte der Schwede das Geschehen ab 1998 und setzte neue Standards im Auftreten. Sportlich schaffte es «T-Rick» bis 2005 auf sechs Weltmeistertitel und ist somit zusammen mit Ivan Mauger Rekordchampion.

«Ich komme aus einer Motorsportfamilie. Mein Vater Stig war ein ehemaliger Motocross-Fahrer und ich habe einen Bruder, der acht Jahre älter ist, und auch Speedway fuhr», erzählte Rickardsson von seinen Anfängen. «Zum Glück haben wir das Weltfinale 1981 aufgenommen, es war Bruce Penhalls Fahrstil, den ich liebte. Er hatte zwei epische Läufe mit Tommy Knudsen und Ole Olsen, zu der Zeit sah man selten, wie ein Fahrer jemanden außenherum überholte – er überholte innen und außen. Ich hatte noch nie einen Fahrer gesehen, der so etwas tat, es war einfach unglaublich. Er war damals mein Held.»

In den ersten Jahren war es Tony Rickardssons großer Bruder, der ihm vieles mit auf den Weg gab und die Weichen zur beispiellosen Karriere stellte. «Er hat mir beigebracht, wie man ein Speedwaybike fährt», so der Schwede. «Mein Bruder fuhr für einen Club in Stockholm und half mir einen Vertrag dort zu bekommen. Wir sind immer zusammen gereist und jahrelang im selben Team gefahren. Ich habe als Reservist angefangen und er war fest im Team. Ich habe meinem großen Bruder und meinem Vater so viel zu danken, für all die Hilfe und Führung, die sie mir früh in meiner Karriere gaben.»

1990 wurde Rickardsson erstmals Schwedischer Meister, im Folgejahr hatte er sein Debüt im Weltfinale und verblüffte vier Tage nach seinem 21. Geburtstag. «Niemand hat von mir erwartet, dass ich in Göteborg die Silbermedaille gewinne. Bei diesem großen Rennen bin ich in meinem Alter über mich hinausgewachsen», schmunzelte Rickardsson.

Bei den Weltfinals in Breslau und Pocking landete er nur auf Platz 14, ehe in Vojens 1994 seine große Stunde schlug. «Ich war ein wenig überrascht, im Stechen mit Craig Boyce und Hans Nielsen zu stehen», blickt der heute 53-Jährige zurück. «Hans hat den Start gewonnen, und ich habe außen Schwung aufgebaut. Vor dem Start des Stechens hatte ich gesehen, dass es weiches Material ausgangs der Zielkurve gab, direkt auf der Innenlinie. Als ich sah, dass sich Hans ein bisschen weit raustreiben ließ, bin ich nach innen gezogen und traf dieses kleine Stück weiches Material. Es hat mich an Hans vorbeigebracht und ich habe den Titel gewonnen. Es war damals unglaublich – es fühlt sich immer noch unglaublich an. Hans in Vojens zu schlagen, war exzellent.»

Ab dem Jahr 1995 wurde die Weltmeisterschaft im Grand-Prix-System ausgetragen und Rickardsson freute sich auf die neue Ära. «Ich war sehr aufgeregt. Es fühlte sich so an, als würde der Sport wachsen und es würde eine Veränderung geben. Das Weltfinale war eine super Nacht, aber nur einmal im Jahr», sagt Tony, der von diesem System profitiert hatte. «Wenn es 1994 ein Grand-Prix-System gegeben hätte, wäre ich nie Weltmeister geworden. Zum Glück war es ein klassisches Weltfinale, ich habe an diesem Abend das Maximum erreicht und gewonnen.»

Für Rickardsson lief es in den ersten Grand-Prix-Jahren mit der Vizeweltmeisterschaft 1995 ordentlich an, doch die Dominanz des Schweden ließ bis 1998 auf sich warten. In den folgenden Jahren landete er immer auf dem Podest und gewann auch 1999, 2001, 2002 und 2005 den Titel.

Unvergessen ist sein unglaubliches Manöver beim Grand Prix in Cardiff, wo Rickardsson im Eisspeedwaystil an der Bande entlang zum Sieg fuhr: «Um die Geschichte kurz zu machen: Ich wollte nur von der Bande weg. Sobald ich das lose Material traf, das an der Barriere lag, zog es brutal an meinen Armen. Das Einzige, was ich dachte, war: ‚Wenn ich jetzt nachlasse, werde ich sterben.‘ Ich wäre über den Zaun und auf die Tribüne geflogen. Aus der Kurve herauskommend dachte ich: Hoffentlich bekomme ich nicht die Fußraste in die Airfences. Es war das beste Gefühl der Welt, als ich es schaffte. Ich hatte so Glück, dass dies nicht bei einem Ligarennen vor 200 Leuten passierte. Es war in Cardiff im Finale, ich hätte keinen besseren Moment wählen können! Ich habe es einmal gemacht und nie wieder.»

Rickardsson gewann, auch dank des spektakulären Manövers, in der Saison 2005 seine sechste Weltmeisterschaft und hatte mit dem Gedanken gespielt, wie einst Bruce Penhall mit dem Titel abzutreten, hängte dann aber noch ein Jahr dran. «Das Einzige, was ich aus meiner Karriere bedauere, ist, dass ich Ende 2005 nicht stark genug war, um aufzuhören. Ich war müde. Ich war ausgelaugt. Ich war fertig», sagt er heute. «Ich wurde von meinem schwedischen Verein dazu gedrängt weiterzumachen, denn sie hatten keinen Ersatz für mich. Aber 2006 war ich mental nicht auf der Höhe, um ein Speedway-Bike zu fahren. Die Energie war weg.»

Der dänische Grand Prix in Kopenhagen 2006 war sein letzter, Tony Rickardsson beendete anschließend seine Karriere – als Legende des Sports.

Die größten Erfolge von Tony Rickardsson:

Speedway-Einzel-WM: 6x Weltmeister (1994, 1998, 1999, 2001, 2002, 2005); 3x Silber (1991, 1995, 2004); 2x Bronze (2000, 2003)

Speedway-Team-WM mit Schweden: 3x Gold; 4x Silber; 4x Bronze

Speedway-Paar-WM mit Schweden: 1x Gold; 1x Silber

Schwedischer Meister: 8x Gold; 2x Silber


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