KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Rückblick auf den Unfall von Pedro Rodriguez 1971

Kolumne von Rainer Braun
Pedro Rodriguez verstarb vor gut 50 Jahren auf dem Norisring in einem Ferrari 512 M. Rainer Braun war damals als Streckensprecher anwesend. In dieser Kolumne schaut er zurück auf die Ereignisse des 11. Juli 1971.

Diesen 11. Juli 1971 werde ich als Streckensprecher vor Ort genauso wenig vergessen wie alle, die damals Augenzeugen des Dramas um Pedro Rodriguez wurden. In Runde 12 des ersten Laufs der «200 Meilen von Nürnberg» geschah das Unfassbare: Pedro Rodriguez überlebte einen fürchterlichen Unfall im Ferrari 512 M nicht. Er wurde nur 31 Jahre alt. Neun Jahre nach dem tödlichen Unfall seines jüngeren Bruders Ricardo verlor Mexiko damit auch seinen zweiten Weltklassefahrer.

Es war ein wunderschöner Tag am Norisring, heiß wie immer, volles Haus und ein höchst attraktives Sportwagenfeld mit fünf Ferrari 512 M, vier McLaren-Chevy, drei Porsche 917 Spider und jede Menge Porsche 906,908 und 910. Pedro saß im zweiten 512 M des Schweizers Herbert Müller und startete neben Pole-Mann Chris Craft (McLaren-Chevy) als Zweitschnellster aus Reihe 1.

Als Sprecher hatte ich natürlich mein besonderes Augenmerk auf den Fight um die Führung zwischen dem Duo Craft/Rodriguez gelegt und kommentierte die zahlreichen Führungswechsel mit der mir eigenen Begeisterung. Bis zum Beginn der 12. Runde hatte Pedro seine Führungsposition gefestigt und verschwand in Richtung der langen Geraden hinauf zur Spitzkehre. Dazu muss man wissen, dass bis 1971 der 3,9 km Kurs mit zwei langen Geraden (auch «Schlauch» genannt) gefahren wurde. Die Autos verschwanden nach Start und Ziel für eine knappe Minute aus dem Sichtfeld der Zuschauer und tauchten erst wieder auf dem letzten Stück der Geraden zurück zum Schöller S auf.

In Erwartung der Spitze schaute ich also gespannt in Richtung Schöller S, das aus knapp 300 km/h hart und auf den Punkt angebremst werden musste. Pedro und ein zu überrundender Porsche 910 erschienen fast gleichzeitig im Blickfeld, danach brach die Katastrophe über den Norisring herein.

Entweder geriet der Ferrari beim Überrunden des Porsche zu weit nach links oder beide berührten sich – man wird das nie klären können. Jedenfalls driftete Pedro nach rechts bis zur Leitplanke, schrammte dort entlang und krachte noch mit mindestens 250 km/h in das Brückengemäuer der Überführung Hans Kalb-Str. Diesen Moment des Grauens werde ich nie vergessen – der 512 M löste sich explosionsartig und brennend in seine Einzelteile auf, die bis in die Bäume flogen. Zurück blieb ein qualmender Torso, der auf die andere Seite der Fahrbahn geschleudert und von den Marshalls des MCN schnell gelöscht wurde. Pedro Rodriguez hing leblos im Cockpit. Kurze Zeit später wurde sein Tod bestätigt.

Das sind die Momente, die dich nach Worten ringen lassen. Ich war fix und fertig, denn so einen brutalen Crash hatte ich bis dahin noch nie während einer Reportage in allen Einzelheiten gesehen und auch noch kommentieren müssen. Nach den Bergungs- und Aufräumarbeiten ließ Rennleiter Gernot Leistner unter den Fahrern abstimmen, ob das Rennen nach den ersten 11 Runden nochmal zum zweiten Lauf über die Ursprungs-Distanz von 41 Runden gestartet werden soll. Wie immer bei solchen Gelegenheiten gab es keine Einigkeit. Die einen argumentierten, «dass der Pedro auch weitergefahren wäre», anderen war die Lust vergangen oder sie enthielten sich.

Herbert Müller verzichtete mit seinem Ferrari 512 M ebenso wie Porsche 917-Pilot Leo Kinnunen auf die Fortsetzung, der Rest trat zum zweiten Teil an. Nach 52 Runden (Addition 11 plus 41) standen am Ende des Tages mit Chris Craft und Peter Gethin (beide McLaren) sowie Joakim Bonnier (Lola T 222) drei traurig dreinblickende Sportwagen-Piloten auf dem Podium. Peter Gethin verabschiedete sich bei mir mit den Worten «I will never come back to this place.» Vor allem die englischen Piloten äußerten in den Tagen un Wochen harsche Kritik an den Sicherheits-Standards der Stadt-Rennstrecke.

Lange musste der MCN als Veranstalter um die weitere Existenz seines Rennens bangen. Schließlich einigte man sich mit der Stadt Nürnberg auf die Verkürzung der Strecke und damit auch eine Verringerung des Top-Speeds, Weitere Sicherheits-Maßnahmen kamen hinzu.

So wurde ab 1972 bis heute am Norisring nur noch eine Kurz-Variante über 2.3 km mit der Spitzkehre am Grundig-Hochhaus genutzt.

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