Happy Birthday: Willi Kauhsen ist 85 Jahre alt
Wer kann schon von sich behaupten, vor einem halben Jahrhundert mal eben den deutschen Bundespräsidenten Gustav Heinemann mit einem 1000 PS-Porsche 917 Turbo-Spider im Renntempo um die Nordschleife chauffiert zu haben. Oder am Steuer eben jenes Porsche-PS-Ungetüms einen Tag vor der historischen Präsidial-Runde beim Interserie-Rennen im Regen mit einem Schnitt von knapp 180 km/h um die Nordschleife gebrettert zu sein.
Willi Kauhsen aus Aachen hat im Rennsport als Fahrer, Teamchef und Macher so viel erlebt, dass man daraus locker ein unterhaltsames Buch machen könnte. «Willi Weltmeister», wie ihn seine Freunde gerne scherzhalber mit Bezug auf den Gewinn der Sportwagen-WM 1975 nennen, bleibt zu keinem Thema oder Ereignis eine Antwort schuldig.
Seine Schilderungen sind stets untermalt von theatralischer Betonung und sarkastisch-ironischen Formulierungen. Denn der Name Kauhsen sorgt seit den 60er-Jahren bis heute für beste Unterhaltung.
Die rheinische Frohnatur gehörte nicht nur zu den erfolgreichsten Porsche-Piloten seiner Zeit, sondern war auch wegen seiner kernigen Sprüche für die Kollegen der Fach- und Tagespresse stets eine Fundgrube der ganz besonderen Art. Seine Karriere ist bis auf einen Seitensprung zu Alfa Romeo eng verknüpft mit dem Namen Porsche. Als Renn- und Test-Pilot war ihm kaum ein Modell aus der Weissacher PS-Schmiede fremd.
Seine Erinnerung an das Porsche Turbo-Monster 917/10 beschrieb der bärtige PS-Dompteur mal so: «Wenn du mit mehr als 1000 PS in 7:25 Minuten um die alte Nordschleife gedonnert bist, war das schon wie ein Ritt auf der Kanonenkugel.»
Bei zwei gewaltigen Unfällen hatte Kauhsen sehr viel Glück. So platzte ihm bei 330 km/h am Ring zwischen Flugplatz und Schwedenkreuz ein Reifen. Der 917 fing Feuer, und Kauhsen konnte sich gerade noch unverletzt aus dem brennenden Auto retten.
Bei dem anderen Highspeed-Crash einige Jahre zuvor auf der VW-Versuchsstrecke in Ehra-Lessien flog er bei Tests mit dem Langheck-917 für Le Mans durch Aquaplaning mit rund 350 km/h in eine Böschung. «Die Trümmer des Wracks waren auf einer Länge von 1,5 Kilometern verstreut», erinnert er sich mit Schaudern. «Da hatte ich wohl einen Schutzengel mit an Bord», so Kauhsen rückblickend auf einen seiner schwersten Unfälle.
Dafür denkt er noch sehr gerne an das erwähnte Ereignis mit höchst politischem Charakter zurück: Im April 1973 chauffierte Kauhsen den damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann noch während dessen Amtszeit mit dem 1000 PS-Porsche-Monstrum um die Nürburgring-Nordschleife. «Es war sein ausdrücklicher Wunsch, sowas mal zu erleben», so Kauhsen, «und den habe ich unserem Staatsoberhaupt gerne erfüllt.»
Die begleitenden Sicherheitsleute fanden die Aktion ebenso wie Heinemanns Frau Hilda allerdings nicht so gut, zumal der Präsident vor der Anreise in die Eifel lediglich von einem «Besuch am Nürburgring» gesprochen hatte. Beim Anblick des gelben Porsche-Ungetüms und Bekanntwerden des eigentlichen Besuchsgrunds geriet die Security in schiere Panik.
Die Diskussion, ob er nun einsteigen darf oder nicht, beendete Heinemann selbst leicht ungeduldig mit den Worten: «Herr Kauhsen, können wir jetzt bitte!»
Seine größten Erfolge als Rennfahrer feierte Willi Kauhsen mit Platz 2 im Jahre 1970 in Le Mans mit Gérard Larrousse im 917 Langheck und mit seinem Sieg bei den 24 Stunden von Spa 1968 im Porsche 911, zusammen mit Helmut Kelleners und Erwin Kremer. Auch als Teamchef war der Aachener zumindest in einem Fall erfolgreich – sein WKRT-Team gewann mit einem Star-Ensemble an Top-Piloten 1975 für Alfa Romeo die Sportwagen-WM.
Dafür galten seine Team-Engagements im Formel-Sport als weniger erfolgreich. Sowohl sein eigenes Formel-1-Projekt WK 1 wie später auch ein von Renault-Deutschland unterstütztes Formel-2-EM-Programm mit Klaus Ludwig und Anderen schleppten sich mehr schlecht als recht dahin und wurden schließlich sang- und klanglos beendet.
Danach wandte sich Kauhsen mit all seinen guten Verbindungen zu Porsche (in seiner aktiven Zeit war er ein viel beschäftigter Testfahrer der Stuttgarter auf deren Versuchsstrecke in Weissach) mehr und mehr dem Classic-Bereich und hier dem Restaurieren und Reparieren alter Porsche-Rennfahrzeuge zu.
Auch heute noch ist Willi Kauhsen bei den großen Classic-Events in aller Welt ein stets gern gesehener Gast. Gleiches gilt für den traditionellen Aachener PS-Stammtisch, den er noch regelmäßig besucht.
Gesundheitlich geht’s dem Jubilar nach eigenem Bekunden gut. Seinen 85. Geburtstag verbringt er mit Ehefrau Uschi ohne viel Aufhebens in Form eines Kurzurlaubs auf Mallorca.