Ken Roczen: Erster Suzuki-Sieg nach fast 7 Jahren

Von Thoralf Abgarjan
Ken Roczen wurde nach seinem Sieg von Emotionen überwältigt

Ken Roczen wurde nach seinem Sieg von Emotionen überwältigt

Fast 7 Jahre nach seinem Erfolg in Toronto gab es im US-Supercross wieder einen Suzuki-Triumph. Am Podium wurde Sieger Ken Roczen von seinen Emotionen übermannt und er hielt seinen Kickstarter-Hebel in die Kamera.

Man kann das Blatt drehen und wenden wie man will: Mit seinem vierten Sieg im Lucas Oil Stadium von Indianapolis reiht sich 'Kickstart Kenny' in die Liste der Vierfach-Sieger ein: Ricky Carmichael und Ryan Villopoto erreichten während ihrer Karriere in diesem Stadion viermal das oberste Treppchen. Noch besser war nur Supercross-Legende Jeremy McGrath mit insgesamt 6 Siegen.

Liste der erfolgreichsten Starter aller Zeiten in Indianapolis:

1. Jeremy McGrath: 6 Siege (1093-1996, 1998, 2000)
2. Ken Roczen: 4 Siege (3 x 2121, 2023)
2. Ricky Carmichael: 4 Siege (1901, 1903, 2005, 2006)
2. Ryan Villopoto: 4 Siege (2010-2013)
5. Ryan Dungey: 3 Siege (2014, 15, 16)

Dieser Erfolg ist umso bemerkenswerter, weil Ken Roczen in diesem Jahr mit einem vermeintlich veralteten Motorrad antritt. Seine Suzuki RM-Z450 ist das einzige Bike im Starterfeld, das ohne Elektrostarter per Kickstarter in Betrieb genommen werden muss, weshalb sich Roczen auch den Spitznamen 'Kickstart-Kenny' verpasste.

Nach dem Start ins Finale von Indy musste der Deutsche zuerst die Angriffe von Cianciarulo, Webb und wenige Runden später auch die von HRC-Werksfahrer Chase Sexton abwehren. Sexton war in Indiana den ganzen Tag über sehr stark, brannte mit 45,215 Sekunden die schnellste Qualifikationsrunde in den Boden und gewann auch den ersten Vorlauf. Sexton war vor dem Finale der Top-Favorit und seine Körpersprache zeigte, dass er nichts anderes als den Sieg wollte. Doch die tiefen Spurrinnen wurden ihm zum Verhängnis. Er blieb mit den Fußrasten und dem Schalthebel hängen. Dabei schaltete er vermutlich sein Getriebe in den Leerlauf. Sexton verlor die Kontrolle über sein Bike und schlug am Gegenhang ein. Bis er sich wieder aufgerappelt hatte, war er auf P12 zurückgefallen. Nach dem Zwischenfall von Sexton hatte Roczen an der Spitze plötzlich einen Vorsprung von 3,5 Sekunden gegenüber Cooper Webb.

Webb hatte Probleme in der Whoops. Er übersprang das Waschbrett in Zweierkombinationen und musste sich gegen die Angriffe des heranstürmenden Justin Barcia (GASGAS) wehren, der sich nach seinem Sieg im ersten Vorlauf ebenfalls auf der Strecke im Lucas Oil Stadium wohlfühlte. Am Ende des Waschbretts kam es zur Kollision zwischen Barcia und Webb und Barcia setzte sich in der folgenden Rhythmuspassage gegen Webb durch.

Roczen war dem Feld zu diesem Zeitpunkt an der Spitze bereits um 4,3 Sekunden enteilt. Die zweite Rennhälfte begann mit zahlreichen Überrundungen, mit denen natürlich zuerst der Spitzenreiter konfrontiert wurde.

In den letzten 4 Minuten startete Barcia seinen Endspurt und verkürzte seinen Rückstand auf 2 Sekunden. In den letzten 3 Runden kam es zum Showdown zwischen Roczen und Barcia. Roczen beging in der letzten Runde einen kleinen Fehler, so dass Barcia noch einmal dicht an sein Hinterrad herankam, doch Roczen blieb cool und fuhr seine letzte Runde sauber zu Ende.

Roczen brachte P1 unter dem Jubel der 60.000 Zuschauer über die Ziellinie. Im Zielbereich brachen seine Emotionen aus ihm heraus. So emotional in Tränen hatte man Ken Roczen bei seinem WM-Erfolg in Gaildorf im Jahre 2011 erlebt. Er jubelte, legte seine Suzuki auf den Boden ab und kniete vor seinem Bike nieder. Sogar seine Kontrahenten jubelten mit dem Deutschen und beglückwünschten ihm zu seinem Triumph.

«Die Strecke war brutal», erklärte Roczen auf dem Podium. «Justin kam von hinten immer näher und ich hatte mit den Überrundeten zu tun. Ich habe mir innerlich immer wieder gesagt, noch eine Runde und dann noch eine und es hat geklappt. Wir haben mit dem Team in den letzten Wochen so hart gearbeitet und es zeigt sich nun, dass es sich ausgezahlt hat.»

Der letzte Sieg von Suzuki im Supercross war am 16. März 2016 in Toronto, eingefahren ebenfalls von Ken Roczen, damals auf der RCH Suzuki. Das sind beinahe auf den Tag genau 7 Jahre! Auf dem Podium hielt Ken seinen Kickstarter-Hebel in die Kamera nach dem Motto: «Seht ihr, es geht doch.» Ken Roczen triumphiert mit einem vermeintlich veralteten Motorrad!

Dieser Erfolg war natürlich auch Kopfsache. Vor dem Rennen hatten er und das Team beschlossen, dass sie nicht länger am Motorrad experimentieren, sondern von nun an von einem funktionierenden Basis-Setup ausgehen werden. Dazu kamen die 3 Siege aus der Vergangenheit, die dem deutschen Selbstvertrauen gaben. Ken wusste, dass er hier gewinnen kann. Er ließ sich nicht mehr von technischen Problemen ablenken und konzentrierte sich voll und ganz auf sich und sein Rennen.

In den letzten Wochen zeichnete sich bereits ab, dass Roczens Leistungen auf dem Papier nicht sein tatsächliches Potenzial widerspiegeln (SPEEDWEEK.com berichtete darüber). Nun ist der Knoten endlich geplatzt. Diesen Sieg kann ihm keiner mehr nehmen, Makulatur sind alle Theorien, Fakten sind geschaffen. Ken Roczen ist der vierte Sieger in dieser Saison: Nur Eli Tomac, Cooper Webb und Chase Sexton hatten sich in den 9 Rennen dieses Jahres in die Siegerlisten eintragen können. Ken hat diesen Erfolg gebraucht und er hat ihn sich wahrlich verdient!

Ergebnis SX Indianapolis, 450 ccm:

1. Ken Roczen (D), Suzuki
2. Justin Barcia (USA), GASGAS
3. Cooper Webb (USA), KTM
4. Aaron Plessinger (USA)
5. Jason Anderson (USA), Kawasaki
6. Adam Cianciarulo (USA), Kawasaki
7. Christian Craig (USA), Husqvarna
8. Eli Tomac (USA), Yamaha
9. Justin Hill (USA), KTM
10. Chase Sexton (USA), Honda

Meisterschaftsstand nach Lauf 9 von 17:

1. Cooper Webb (USA), KTM, 202
2. Eli Tomac (USA), Yamaha, 201, (-1)
3. Chase Sexton (USA), Honda, 189, (-13)
4. Jason Anderson (USA), Kawasaki, 166, (-36)
5. Ken Roczen (D), Suzuki, 164, (-38)
6. Justin Barcia (USA), GASGAS, 155, (-47)
7. Aaron Plessinger (USA), KTM, 154, (-48)
8. Christian Craig (USA), Husqvarna, 119, (-83)
9. Dean Wilson (GB), Honda, 93, (-109)
10. Adam Cianciarulo (USA), Kawasaki, 92, (-110)


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