Balance oder nur Performance?

Kolumne von Guido Quirmbach
War vielen zu schnell: Manthey-Porsche

War vielen zu schnell: Manthey-Porsche

Die «Balance of Performance» war das grosse Thema abseits der Piste beim 24 Stunden-Rennen.

Es war am Nürburgring die erwartete Schlacht. Alle favorisierten Teams jagten sich zweimal rund um die Uhr, wobei der Grossteil auf der Strecke blieb. Technische Defekte, Unfälle, die Ausfallquote bei den Top-Teams war generell sehr hoch. Doch auch hinter den Kulissen ging es zum Teil hoch her.

Es gab viel Aufregung um die «Balance of Perfomance», die ja zu einem Gleichgewicht der verschiedenen Fahrzeuge führen soll. Zum Teil waren manche Äusserungen nicht druckreif, erst wegen der Trainingszeiten der Audi, die sich um 13 Sekunden gegenüber 2009 verbesserten. Die Diskussion eskalierte dann in der ersten Stunde des Rennens wegen der souveränen Vorstellung des Manthey-Porsche.

«Die verarschen alle» war noch die harmloseste Variante. Audi Sportchef Dr. Ullrich drückte es diplomatischer aus, meinte aber das Gleiche: «Was wir zu Rennbeginn gesehen haben, hat dazu nicht gepasst. Man musste das Gefühl bekommen, dass teilweise im Qualifying bewusst nicht voll gefahren wurde, um die wahre Performance der betreffenden Fahrzeuge nicht offenzulegen.»

Hat der Technik-Ausschuss, der sich um die Einstufungen der Fahrzeuge auf der Nordschleife kümmert, sich tatsächlich an der Nase herumführen lassen? Schwierig zu beantworten. Zu 100% die Karten alle aufgedeckt hat im Vorfeld der 24h sicher keiner der Hersteller. Am ehesten noch BMW, denn die sind in etwas gleiche Rundenzeiten gefahren (auf die andere Streckenlänge umgerechnet) wie bei den Rennen der VLN zuvor. Audi und Porsche legten deutlich zu.

Dem Technik-Ausschuss einen schlechten Job anzukreiden, wäre jedoch unfair. Die Aufgabe des Nordschleifen-Gremiums ist ungleich schwerer als die in der GT1-WM oder in der GT3, wo in erster Linie Tuner und Privatteams eine Meisterschaft bestreiten. Wenn man dort bei der Einstufung daneben liegt, wird es für das nächste Rennen korrigiert, irgendwann trifft es jeden.

An der Nordschleife funktioniert das nicht, das nächste Rennen ist erst in einem Jahr. Denn die Hersteller interessiert nur das 24 Stunden-Rennen, nur dieser Event ist für Werbezwecke zu nutzen. Dieses Rennen ist derzeit Werkssport! VLN-Läufe sind nette Tests, mehr nicht. Wird der eigene Rennwagen für die 24 Stunden mit zu vielen Restriktion belastet, ist die Arbeit von 12 Monaten gefährdet. Und die Techniker eines neutralen Ausschusses können durchaus einmal irren, wie der GT1-Auftakt in Abu Dhabi gezeigt hat.

So ist es nicht im Sinne des Sports, aber auch nicht verwunderlich, wenn die Hersteller gerne nach dem Start noch ein As im Ärmel haben wollen. In diesem Fall waren es bei Porsche besonders die Reifen, die auf dem später verunfallten Favoriten-Auto eine sehr grosse Rolle spielten. Michelin und Manthey waren von 3-30° C, Sonne, Regen und Schnee sicher für alle Eventualitäten bestens gerüstet. Die verschiedenen Reifenmischungen eines Werksengagements von Fahrzeug- und Reifenhersteller sind in einer «Balance of Performance» nur schwer zu berücksichtigen.

Allerdings sollte man sich Gedanken machen, wie schnell es noch gehen soll? Vergleicht man die Durchschnittsgeschwindigkeiten auf eine Runde mit der ursprünglichen, 22,8 km langen Nordschleife, so liegt man heute im Bereich der Gruppe 5-Rennwagen von 1980/81. Allerdings mit über 400kg schwereren Autos und 100 PS weniger als damals. Oder, um die jüngere Vergangenheit aufzugreifen, war Marco Werners Trainingsbestzeit zwei Sekunden schneller als die von 2008 mit dem noch damals noch nicht kastrierten Porsche GT3 RSR.

Auch dies sollten die Hersteller einmal beim «Taktieren» vor dem Technikausschuss bedenken, denn schliesslich sitzen in ihren Fahrzeugen immer noch Menschen.

Alles rund um die 24 Stunden auf dem Nürburgring 2010 gibt es in der neuen SPEEDWEEK, ab morgen wieder für 2,- € im Handel.

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