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M-Sport: beim Heimspiel zurück zur alten Stärke?

Von Toni Hoffmann
Der elfte Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft in Großbritannien ist das Heimspiel von M-Sport Ford, im letzten Jahr schrieb das britische Team in Wales ein gewaltiges Stück Geschichte, und 2018?

Rückblende: Im Oktober 2017 sicherte sich M-Sport vorzeitig alle drei Meisterschaften. Nach zehn Jahren ging der Herstellertitel mit M-Sport an ein Team mit Ford-Fahrzeugen, Sébastien Ogier und Julien Ingrassia wurden zum fünften Mal Weltmeister in der Fahrer- und Beifahrer-Wertung. Und Elfyn Evans holte bei der Rallye im heimatlichen Wales seinen ersten Sieg.

In diesem Jahr aber erscheint das Bild mehr in düsteren Herbstfarben für das Team von Malcolm Wilson. Das Team wie auch die Piloten Ogier und Ingrassia haben sich nach dem Desaster beim vorausgegangenen Lauf in der Türkei weiter von einer erfolgreichen Titelverteidigung entfernt und rangieren in den Disziplinen nur noch auf der dritten Position. Ogier vermisst die erhoffte stärkere Unterstützung von Ford und kehrt 2019 zu seinem alten Team Citroën zurück. Für M-Sport sieht die Zukunft noch düster aus. Daher hofft Malcolm Wilson beim Heimspiel auf die entscheidende Wende.

Zum Heimspiel mit ehrgeizigen Zielen

M-Sport Ford hat sich intensiv auf die Wales-Rallye Großbritannien am kommenden Wochenende vorbereitet. Vier Tage lang konnte die Mannschaft von Malcolm Wilson mit dem Ford Fiesta WRC, im Umfeld des eigenen Workshops in der Grafschaft Cumbria sowie in den walisischen Wäldern testen. Grund für Optimismus liefert auch die Tatsache, dass mit Sébastien Ogier und Elfyn Evans seit 2013 nur Fahrer diesen Klassiker gewonnen haben, die in dieser Saison mit einem Ford an den Start gehen. Besondere Motivation bezieht M-Sport auch aus dem Rückblick auf das vergangene Jahr: Da konnte das Team den Sieg beim britischen WM-Lauf mit dem Gewinn aller drei WM-Titel krönen, also das maximale Ergebnis einfahren.

23 Wertungsprüfungen stehen von Donnerstagabend bis Sonntagmittag auf

dem Programm des 60 Fahrzeuge umfassenden Starterfelds der WM-Rallye, darunter befindet sich neben 20 Ford Fiesta sogar ein altehrwürdiger Escort Mk 2. Rund um den Service-Park in dem südlich von Liverpool gelegenen Deeside stehen ihnen die typisch anspruchsvollen Schotterwege mit notorisch schwierig einzuschätzenden Bedingungen bevor: Von staubtrockenen Pisten über matschige Wege bis hin zu vereisten Passagen kann die Wales-Rallye Großbritannien mit allerlei Gemeinheiten aufwarten.

Strahlender Sonnenschein ist ebenso wahrscheinlich wie feiner Nieselregen oder kalter Nebel. Doch egal wie ungastlich sich das Wetter präsentiert, eines bleibt immer gleich: der immense Zuspruch der Zuschauer aus aller Herren Länder, die sich in Scharen in den dunklen Wäldern versammeln - Wales ist Rallye-Land durch und durch. Nachdem mit Ford Fiesta-Fahrer Elfyn Evans im Vorjahr erstmals ein Lokalmatador diesen WM-Lauf gewinnen  konnte, dürfte der Zuspruch in dieser Saison nochmals größer ausfallen.

«Der Konkurrenzdruck in der Rallye-WM könnte kaum größer sein, darum hoffen wir vor eigenem Publikum natürlich erst recht auf ein starkes Ergebnis», betont M-Sport-Teamchef Malcolm Wilson. «Auch wenn wir das grandiose Resultat des Vorjahres - als wir bei der Wales-Rallye Großbritannien neben dem Sieg auch alle drei WM-Titel errungen haben - in dieser Saison nicht wiederholen können, so peilen wir trotzdem  Platz eins an. Sébastien Ogier und Elfyn Evans wissen, wie es geht: Sébastien hat diese Rallye bereits viermal gewonnen, Elfyn ist auf diesen Wegen aufgewachsen und ließ sich im vergangenen Jahr als erster Waliser überhaupt als Sieger feiern. Teemu Suninen nimmt diese Veranstaltung erstmals mit einem World Rally Car in Angriff, aber er lernt so schnell, dass ich auch bei ihm von einem starken Resultat nicht überrascht wäre.»

Die amtierenden Weltmeister Ogier/Ingrassia reisen mit großen Ambitionen auf die britische Insel: Sébastien Ogier und Julien Ingrassia haben die Wales-Rallye von 2013 bis 2016 gleich vier Mal am Stück gewonnen. Aktuell sind die beiden in einen intensiven Dreikampf um die Titelverteidigung verwickelt und nehmen daher nichts anderes als einen fünften Sieg bei diesem WM-Lauf ins Visier.

«Die Rallye Großbritannien gehört zu den großen Klassikern unseres Sports, den jeder Fahrer gewinnen will», so Ogier. «Die  Wertungsprüfungen atmen Motorsportgeschichte, die frühen Starts und die späten Zielankünfte verleihen der Veranstaltung einen speziellen Endurance-Charakter: Wer in Wales gewinnen will, braucht auch Ausdauer und Konzentrationskraft. Dieser WM-Lauf gehört klar zu den anspruchsvollsten im gesamten Kalender. Den unterschiedlichen Grip auf den schnellen Waldwegen richtig einzuschätzen, ist eine Kunst für sich. Hinzu kommen die oftmals schwierigen Wetterbedingungen, auch wenn in diesem Jahr die Chancen sehr gut stehen sollen, dass es trocken bleibt - das wäre mit Sicherheit sehr interessant. Vor gut zwölf Monaten haben wir mit M-Sport bei dieser Rallye Geschichte geschrieben und neben dem Sieg auch alle drei WM-Titel abgeräumt. In dieser Saison könnte es im Kampf um die Weltmeisterschaften kaum knapper zugehen, darum werden wir wieder alles geben, was wir haben.»

Elfyn Evans und Beifahrer Daniel Barritt kehren an den Ort des bisher größten Erfolgs ihrer Karriere zurück: Im Vorjahr konnten sie bei der Wales-Rallye Großbritannien erstmals einen WM-Lauf gewinnen - und das im Fall des in Dolgellau geborenen Evans sogar vor eigenem Publikum. Wie groß die Begeisterung für den Sohn des Landes ist, zeigt auch  dieses Beispiel: Auf der berühmten «Myherin»-Prüfung trägt fortan eine besonders markante Passage den Namen des Ford Fiesta-Piloten.

«Ein Heimspiel sorgt natürlich immer für eine Extraportion Motivation» betont der 29-jährige Evans. «In Wales warten einige der weltweit besten Schotterprüfungen auf uns, und wenn ich am Streckenrand die vielen Landesflaggen sehe, dann macht mich das natürlich stolz. Den Sieg bei dieser Rallye im vergangenen Jahr werde ich niemals vergessen. Erstmals einen WM-Lauf zu gewinnen, ist immer etwas Besonderes - und wenn dies auch noch auf eigenem Boden gelingt, mit den Fans, der Familie und den Freunden vor Ort, dann lässt sich das kaum noch übertreffen. Wenn es nach uns geht, dann wollen wir dies am kommenden Wochenende natürlich wiederholen. Aber wir wissen auch, wie schwierig es wird. Jeder will diese Rallye gewinnen und die drei Jungs, die um den Titel kämpfen, werden extrem hart angreifen. Die schnellen Strecken verzeihen kaum Fehler, es kommt auch auf Erfahrung an. Wir wollen unsere Ortskenntnisse bestmöglich nutzen.»

Dass mit ihnen stets zu rechnen ist, haben Nachwuchsstar Teemu Suninen und sein routinierter Beifahrer Mikko Markkula in dieser Saison bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Als Novize am Steuer eines der rund 380 PS starken World Rally Cars auf Ford Fiesta-Basis steht dem jungen Finnen am Wochenende aber die wohl schwierigste Aufgabe des ganzen Jahres bevor. Dabei konnte Suninen bei seinem Wales-Debüt 2015 gleich die hart umkämpfte WRC2-Klasse gewinnen - seither zählen die anspruchsvollen Schotterprüfungen in den walisischen Wäldern zu seinen Lieblingsstrecken.

«Wir nehmen die Rallye Großbritannien zum ersten Mal mit einem WRC in Angriff - ich freue mich auf die Herausforderung und will für das Team das bestmögliche Resultat einfahren», unterstreicht der 24-Jährige. «Der Fiesta fühlte sich bei unserem eintägigen Test in der vergangenen Woche sehr gut an, wir konnten ihn bei unterschiedlichsten Bedingungen ausprobieren: Die matschigen Strecken trockneten im Laufe des Tages immer weiter ab, gegen Abend setzte dann heftiger Regen ein. Das war ein guter Querschnitt von dem, was uns erwarten könnte.»

Um sich auf die notorisch herausfordernden Etappen der Wales Rally GB vorzubereiten, absolvierte das Team vier Testtage - sowohl zuhause in Cumbria als auch vor Ort in den walisischen Wäldern. Und mit den letzten fünf Siegern der Veranstaltung, die alle am Steuer der Fiesta in dieser Woche sitzen, hat die Mannschaft große Hoffnungen, erneut um den Sieg zu kämpfen.


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