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24h Le Mans: Rennen wird auch ein Strategie-Krimi

Von Martina Müller
SPEEDWEEK.com macht sich vor Start der 85. Ausgabe der 24h von Le Mans Gedanken zu den taktischen Überlegungen beim Fight um den Gesamtsieg. Diesen werden die LMP1-Hersteller Porsche und Toyota unter sich ausmachen.

Der Langstrecken-Klassiker in Le Mans ist inzwischen zu einem Sprint über 24 Stunden geworden. Die Technik der Rennwagen ist in der heutigen Zeit zu qualitativ hochwertig und standfest geworden, als dass ein zunächst gemütliches Renntempo (wie es in der Vergangenheit praktiziert wurde) nicht mehr zielführend ist. Doch einfach nur 24 Stunden lang Vollgas geben reicht auch nicht aus, um sich am Sonntag die Krone der Langstrecke aufsetzten zu können.

Bei den LMP1-Wagen ist erst einmal das Tankintervall wichtig: Porsche und Toyota fahren beide in de 8-MJ-Klasse. Das bedeutet, dass beiden Herstellern jeweils 4,31 Liter Sprit pro Runde auf dem 13,629 Kilometer langen 'Circuit de la Sarthe' zur Verfügung stehen. Aus dem technischen Reglement ist zu entnehmen, dass das Tankvolumen der LMP1-Hybriden 62,3 Liter beträgt. Jedoch müssen immer 1,5 Liter von Benzin im Tank sein. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eigentlich nur 60,8 Liter pro Stint verwendet werden können. Bei einem angepeilten Stint von 14 Runden würden also 60,34 Liter (4,31x14) verbraucht werden. Die Sicherheitsmarge beträgt somit nur 0,46 Liter. «Das ist ganz schön knapp. Und es kommt sogar noch eine erschwerende Sache hinzu. Denn der Spritverbrauch wird auch in Kilogramm gemessen. Somit muss auch die Dichte beachtet werden. Ab einer bestimmten Temperatur wird es somit nicht mehr (für 14 Runden) reichen, da die gleiche Anzahl an Benzin in Kilogramm ein größeres Volumen hat», erklärt Toyota-Projektleiter John Litjens im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. Oder anders ausgedrückt: 14-Runden-Stints sind womöglich nur in der etwas kälteren Nacht möglich.

Insgesamt spielen die Temperaturen in diesem Jahr eine ganz besondere Rolle in Le Mans. Über weite Teile des Rennens werden Höchstwerte von über 30 Grad Celsius erwartet. Das wird vor allem die Reifen-Strategie beeinflussen. «Wir haben zwei Reifen-Typen. Einen für heiße und einen für etwas kältere Bedingungen», meinte Toyota-Pilot Anthony Davidson gegenüber SPEEDWEEK.com. «Und für mich als Fahrer fühlen sich die beiden Mischungen total anders an. Da kommt es einem zum Teil so vor, als ob man in einer anderen Fahrzeugkategorie fahren würden», so Davidson weiter. «Einer der Schlüsselfaktoren des Rennens ist es, genau herauszufinden, zu welchem Zeitpunkt am besten auf den anderen Reifen-Typ gewechselt wird. Denn einer geht besser in der Hitze und der andere besser in der Nacht», fügt Porsche-LMP1-Pilot Brendon Hartley an. «Mit dem Reifen für hohe Temperaturen wirst du in der Nacht nicht auf die ultimative Performance kommen», erklärt wiederum Davidson.

Aber auch unabhängig von den Pneus wird die Temperatur Auswirkungen haben. «So wie es aussieht, passt unseren Auto die Hitze besser als dem Toyota. Und die Nacht ist hier sehr kurz», beschreibt Hartley. Somit könnte es in Rennen ein ganz anders Bild geben, als es sich in der Qualifikation darstellte, als Toyota ganz klar den Ton angab. Das ist auch die persönliche Meinung von Anthony Davidson: «Selbst Team-intern haben wir da unterschiedliche Auffassungen. Doch ganz klar: Ich habe die Porsche ab und zu auf der Strecke vor mir gehabt. Und jedes Mal wenn ich ihnen gefolgt bin, konnte ich sie nicht einholen. Ich fühle mich also nicht so, als ob ich ein überlegenes Auto hätte. Porsche wird im Rennen voll da sein - genauso wie es schon in Silverstone der Fall war.»

Grundsätzlich könnte Toyota aber die nummerische Überlegenheit in die Karten spielen. Denn die Japaner treten bekanntermaßen mit drei TS050 Hybrid an und Porsche nur mit zwei 919 Hybrid. Taktikspiele, wie eines der Fahrzeuge auf eine langsame Strategie zu setzen, fallen heutzutage (wie bereits kurz erwähnt) raus, doch ein dritter Wagen könnte trotzdem zum Joker werden. «Wenn man etwas ausprobieren muss, dann wird vielleicht das langsamste Auto geopfert. Wenn man zu einem gewissen Punkt im Rennen wissen will, ob man besser drei oder vier Stints fährt, dann kann eben das langsame Auto dafür herhalten. Aber welches das eigentlich langsame Fahrzeug ist, muss das Rennen zeigen. Am Ende ist immer es jenes, das zurückliegt. Zum Beispiel durch einen Unfall.», erkläert Toyota-Teamdirektor Rob Leupen.

Was auch immer in den Boxen für Szenarien durchgerechnet werden, insgesamt ist eines ganz klar. Die 85. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans wird ein ganz enger Krimi werden – mit Porsche und Toyota auf Augenhöhe.

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