Formel 1: «Darauf kann man nicht stolz sein»

Kimi Antonelli (Italien): Lieber Mercedes als Ferrari

Von Mathias Brunner
​Antonio Giovinazzi (29) ist der bislang letzte Formel-1-Fahrer aus Italien, Ende 2021 musste er bei Alfa Romeo gehen. Der nächste GP-Fahrer aus Italien wird mit grosser Wahrscheinlichkeit Kimi heissen, Kimi Antonelli.

Es hatte sich seit Monaten angebahnt, Mitte November 2021 stand es fest: Alfa Romeo-Fahrer Antonio Giovinazzi war sein Formel-1-Cockpit los, ab 2022 traten die Rotweissen in einer neuen Aufstellung an – mit Valtteri Bottas als Nachfolger von Kimi Räikkönen und mit dem Chinesen Guanyu Zhou für den oft glücklosen Italiener Giovinazzi.

Damit ist Giovinazzi, Le Mans-Sieger 2023 mit Ferrari, der bislang letzte GP-Fahrer aus Italien. Antonio, bei Alfa Romeo und Sauber von Australien 2017 bis Abu Dhabi 2021 in 62 Grands Prix dabei, reagierte verbittert: «Die Formel 1 ist Talent, Auto, Risiko, Geschwindigkeit. Aber sie kann auch gnadenlos sein, wenn die Regeln vom Geld diktiert werden.»

Der langjährige Formel-1-Fahrer Riccardo Patrese (69) sagte einst bitter: «Die Tifosi kennen nur eines, Ferrari. Wenn du als Italiener in einem englischen Auto sitzt, bist du nichts wert.»

Verblüffend: Bis Giovinazzi in Australien 2017 bei Sauber für den verletzten Sauber-Fahrer Pascal Wehrlein einsprang, hatte Italien fünf Jahre lang keinen Fahrer am Start! Der letzte italienische GP-Pilot vor Giovinazzi: Tonio Liuzzi beim WM-Finale von Brasilien 2011.

Die Fahrermisere in Italien wurzelte tief und war für Rennfans südlich der Alpen schwer zu verdauen. Denn die goldenen Stunden liegen schmerzlich weit zurück: Die einzigen beiden Weltmeister aus Italien – Nino Farina und Alberto Ascari in den 1950er Jahren. Der letzte italienische Sieger in Monza: Ludovico Scarfiotti 1966. Der vorderhand letzte italienische GP-Sieger: Giancarlo Fisichella in Malaysia 2006.

Die Hochblüte des italienischen Engagements liegt 25 Jahre zurück: Ende der 1980er und anfangs der 1990er Jahre tummelte sich mehr als ein Dutzend italienischer Piloten in der Formel 1!

Der frühere Formel-1-Fahrer Jarno Trulli schimpft: «Die jahrelange Fahrermisere geht auf die Tatsache zurück, dass unsere Talente nicht gezielt gefördert werden. Wir hätten durchaus viele begabte junge Piloten gehabt. Aber irgendwann kamen sie aus finanziellen Gründen nicht mehr weiter.»

Bei Ferrari sind entsprechende Weichen gestellt worden, in Form des Nachwuchsförderprogramms «Ferrari Driver Academy». Aber aus diesem Programm schaffte es nur ein Italiener zu einem Stammplatz in der Königsklasse: Giovinazzi.

Die Formel-1-Fans in Italien dürfen sich jedoch freuen: Mittelfristig wird ihr Land wieder mit Piloten im GP-Sport vertreten sein.

In der Formel 3 hat der Sizilianer Gabriele Mini (18) zwei Rennen gewonnen, er ist inzwischen ins Nachwuchsprogramm von Alpine aufgenommen worden.

Am meisten Potenzial aber schlummert in Kimi – Andrea Kimi Antonelli, 17 Jahre jung. Der Bologneser hat in drei Jahren Autosport schon fünf Titel gewonnen: 2022 die Formel-4-Meisterschaften von Italien und Deutschland sowie den FIA-F4-Cup, 2023 in der Formel Regional Mittlerer Osten und Europa.

Antonelli wird von Mercedes gefördert und überspringt die Stufe Formel 3: In der kommenden Saison 2024 wird er in der Formel antreten, mit dem erfolgreichen Prema-Rennstall. Bei seinem ersten Formel-2-Test in Abu Dhabi beendete er den Tag gleich mal als Zweitschnellster hinter dem Engländer Oliver Bearman aus der Ferrari-Akademie.

Antonelli wurde von seinem Vater Kimi genannt wegen des Formel-1-Champions und früheren Ferrari-Stars Kimi Räikkönen.

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