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Audi RS Q e-tron: Testlabor Rallye Dakar

Von Toni Hoffmann
Testlabor für mögliche Zukunftstechnologien bei der Rallye Dakar: Futuristischer Prototyp mit innovativem Antriebskonzept, Hochvoltbatterie wird während der Fahrt geladen, Erprobung hat bereits begonnen.

Bühne frei für ein elektrifizierendes Hightech-Testlabor: Nur knapp ein Jahr nach der ersten Konzeptidee hat Audi Sport die Erprobung des neuen Audi RS Q e-tron begonnen, mit dem sich Audi im Januar 2022 einer der größten Herausforderungen stellt, die es im internationalen Rennsport gibt: der Rallye Dakar.

Die Besonderheit: Als erster Automobilhersteller möchte Audi mit einem elektrifizierten Antrieb in Kombination mit einem effizienten Energiewandler gegen konventionell angetriebene Wettbewerber um den Gesamtsieg bei der härtesten Rallye der Welt kämpfen.

«Der quattro war ein Gamechanger für die Rallye-Weltmeisterschaft. Audi war die erste Marke, die bei den 24 Stunden von Le Mans mit einem elektrifizierten Antrieb gewonnen hat. Nun wollen wir bei der Rallye Dakar eine neue Ära einläuten und unsere e-tron-Technologie unter extremen Bedingungen testen und weiterentwickeln», sagt Julius Seebach, Geschäftsführer der Audi Sport GmbH und verantwortlich für den Motorsport bei Audi. «Unser RS Q e-tron ist auf einem weißen Blatt Papier in Rekordzeit entstanden und steht für Vorsprung durch Technik.»

Die Charakteristik der Rallye Dakar stellt die Ingenieure dabei vor besondere Herausforderungen. Der Marathonevent dauert zwei Wochen, die Tagesetappen sind bis zu 800 Kilometer lang. «Das ist eine sehr lange Distanz», sagt Andreas Roos, bei Audi Sport für das Dakar-Projekt verantwortlich. «Was wir versuchen, hat noch niemand probiert. Für einen Elektroantrieb ist das die ultimative Challenge.

Weil es in der Wüste keine Ladesäulen gibt, hat Audi ein innovatives Ladekonzept gewählt: An Bord des Audi RS Q e-tron befindet sich der hocheffiziente TFSI-Motor aus der DTM. Er ist Teil eines Energiewandlers, der die Hochvoltbatterie während der Fahrt auflädt. Da der Verbrennungsmotor im besonders effizienten Drehzahlbereich zwischen 4.500 und 6.000 Umdrehungen pro Minute betrieben wird, liegt der spezifische Verbrauch deutlich unter 200 Gramm pro kWh.

Der Antriebsstrang des Audi RS Q e-tron ist elektrisch. An der Vorderachse und der Hinterachse sitzt jeweils eine Motor-Generator-Einheit (MGU) aus dem aktuellen Audi e-tron FE07, die von Audi Sport für die Saison 2021 entwickelt wurde. Für den Einsatz bei der Rallye Dakar mussten nur kleinere Modifikationen vorgenommen werden. ne baugleiche dritte MGU ist Teil des Energiewandlers und dient dazu, die Hochvoltbatterie während der Fahrt wieder aufzuladen. Zusätzlich wird Energie beim Bremsen rekuperiert. Die Batterie wiegt etwa 370 Kilogramm und hat eine Kapazität von rund 50 kWh.

«Auch die Batterie ist eine Eigenentwicklung, die wir gemeinsam mit einem Partner realisiert haben», sagt Stefan Dreyer, Entwicklungschef von Audi Sport für die Motorsport-Projekte. «Als Ingenieure sehen wir prinzipiell in jeder Komponente Entwicklungspotenzial. Aber beim Antrieb haben wir in der Formel E bereits eine Systemeffizienz von über 97 Prozent erreicht. Da gibt es nicht mehr viel Spielraum. Ganz anders sieht es bei der Batterie und dem Energiemanagement aus. Dort liegt in der Elektromobilität generell das größte Entwicklungspotenzial. Was wir bei dem überaus herausfordernden Dakar-Projekt lernen, wird in zukünftige Serienmodelle einfließen. Wie immer arbeiten wir auch bei diesem Projekt eng mit unseren Kollegen aus der Serienentwicklung zusammen.»

Die maximale Systemleistung des E-Antriebs liegt bei 500 kW. Wie viel davon bei der Rallye Dakar abgerufen werden darf, wird seitens der Veranstalter noch final definiert. Der Elektroantrieb bietet viele Vorteile. Die Elektromotoren lassen sich extrem präzise ansteuern und sorgen so für eine gute Fahrbarkeit. Zudem lässt sich Bremsenergie zurückgewinnen.

Der Audi RS Q e-tron kommt mit einem Vorwärtsgang aus. Vorder- und Hinterachse sind wie auch bei Elektrofahrzeugen üblich nicht mechanisch miteinander verbunden. Die von Audi entwickelte Software übernimmt die Drehmomentverteilung zwischen den Achsen und erzeugt somit ein virtuelles, frei konfigurierbares Mitteldifferential – mit dem positiven Nebeneffekt, das Gewicht und den Platzbedarf von Karadanwellen und einem mechanischen Differential einsparen zu können.

Optisch unterscheidet sich der Audi RS Q e-tron ebenfalls deutlich von konventionell angetriebenen Dakar-Prototypen. «Das Fahrzeug sieht futuristisch aus und hat viele für Audi typische Designelemente», sagt Juan Manuel Diaz, Teamleiter Motorsport Design bei Audi. «Unser Ziel war es, Vorsprung durch Technik und die Zukunft unserer Marke zu symbolisieren.»

Der Einsatz bei der Rallye Dakar erfolgt gemeinsam mit Q Motorsport. «Audi hat im Rennsport schon immer neue, mutige Wege gewählt, aber ich glaube, das ist eines der komplexesten Autos, das ich je gesehen habe», sagt Teamchef Sven Quandt. «Durch den E-Antrieb müssen sehr viele unterschiedliche Systeme miteinander kommunizieren. Neben der Zuverlässigkeit, die bei der Rallye Dakar an erster Stelle steht, ist das in den nächsten Monaten unsere größte Herausforderung.» Quandt vergleicht das Dakar-Projekt von Audi mit der ersten Mondlandung: «Damals wussten die Ingenieure nicht wirklich, was auf sie zukommt. Das ist bei uns ähnlich. Wenn wir beim ersten Dakar-Einsatz ins Ziel kommen, ist das schon ein Erfolg.»

Der Prototyp des Audi RS Q e-tron rollte Anfang Juli in Neuburg zum ersten Mal. Bis Ende des Jahres stehen ein intensives Testprogramm und erste Testeinsätze bei Marathon-Rallyes auf dem Programm.

«Der Zeitplan in diesem Projekt ist extrem sportlich und herausfordernd», sagt Andreas Roos. «Seit dem offiziellen Projektstart sind weniger als zwölf Monate vergangen. Wir mussten mit der Entwicklung beginnen, als das Reglement für alternativ angetriebene Fahrzeuge noch gar nicht finalisiert war. Und die gesamte Entwicklung fand während der Corona-Pandemie statt. Auch das darf man nicht unterschätzen. Was die Mannschaft bisher geleistet hat, ist einzigartig. Der Roll-out war für alle ein ganz besonderer Moment.»

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