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Wie Opel mit einem DTM-Auto das 24h-Rennen gewann
Es war ein Husarenstück! Mit dem Astra Coupe V8 aus der DTM triumphierte Opel im Jahr 2003 beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Das hatte niemand erwartet, zumal es für Opel in der DTM alles andere als gut lief.
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Doch zumindest zwei Personen glaubten ganz fest an realistische Siegchancen: Opel-Sportchef Volker Strycek und Jürgen Jungklaus, Technikchef des damaligen Opel Team Phoenix. Als die Zielflagge fiel und einer der größten Erfolge in der Motorsport-Geschichte von Opel feststand, war es vor allem eine technische Meisterleistung.
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"Über ein halbes Jahr haben wir, Jörg Baldes und ich, alles reingeworfen. Dieses Projekt hatte für uns, für Phoenix und Opel, eine sehr hohe Priorität", erzählt Jürgen Jungklaus, der den 24h-Sieg auch heute noch als seinen größten persönlichen Erfolg im Motorsport betrachtet. Seine Laufbahn ist durchaus reich an Erfolgen. Als junger Mechaniker war er in den Achtzigern im Team von Auto-Technik Nickel (ATN) dabei, als im Rover Vitesse Olaf Manthey 1984 und 1985 DTM-Vizemeister sowie Kurt Thiim 1986 DTM-Meister wurde. Bei den DTM-Titeln von Martin Tomzcyk 2011 und Mike Rockenfeller 2013 war Jürgen Jungklaus als Fahrzeugingenieur verantwortlich, wieder mit Jörg Baldes als Dateningenieur an seiner Seite. Unzählige Maßnahmen erforderlich Wie aber wurde aus dem DTM-Astra ein 24h-Siegerauto? Es waren unzählige Maßnahmen erforderlich, um den Astra an das 24h-Reglement anzupassen und dessen Freizügigkeit auszunutzen. Zuallererst musste der Astra auf Gewicht gebracht wurden, und dazu mussten satte 200 Kilogramm Blei geschickt in Taschen des Überrollkäfigs untergebracht werden. Regelrechte Klimmzüge musste das Phoenix-Team leisten, um den größeren Tank unterzubringen sowie Rohre, Schläuche und sonstige Leitungen anzupassen.
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Etliche Bauteile, Halter etc. mussten neu oder umkonstruiert werden. Was bei einem Sprintrennen völlig unwichtig ist, ist bei Langstreckenrennen von größter Bedeutung: die Service-Freundlichkeit. Alles Mögliche und Unmögliche wurde durchgespielt, durchdacht. Daraus resultierten Änderungen wie Öffnungen am Unterboden, so dass durch entsprechende Klappen beispielsweise Lichtmaschine und Keilriemen erreichbar wurden – eine Maßnahme, die später von entscheidendem Wert sein sollte.
Einer der größten Herausforderungen war das Licht. So einen Luxus hatten DTM-Autos nicht, noch nicht einmal der Raum für den Einbau von Serien-Scheinwerfern war vorhanden. "Licht war beinahe ein Killerthema", so Jungklaus. Schließlich wurde Hella als Opel-Partner gewonnen, um auch beim Projekt Licht die entscheidenden Fortschritte zu erzielen. Stunden, ja Tage verbrachte Phoenix mit dem Astra im Lichttunnel von Hella, letztlich wurden jedes einzelne Frontend (Bugteil) im Lichttunnel akribisch genau eingestellt. "Das war eine bemerkenswerte Entwicklungsarbeit und letztlich Feinarbeit, die wir mit großem Aufwand betrieben haben", erinnert sich Jungklaus, zumal auch das Bordnetz nicht für diese Aufgabe ausgelegt war. "Das war eine echte Schwachstelle. Dafür hatten wir extra eine zweite Batterie als Backup eingebaut, dazu zusätzliche Kondensatoren, um das Bordnetz zu schonen."
Während der Vierliter-V8-Motor ohnehin auf eine hohe Laufleistung ausgelegt war – In der DTM standen für zwei Autos nur drei Motoren für die ganze Saison zur Verfügung – war das Getriebe durchaus kritisch, wie bei jedem Langstreckenauto. "Gemeinsam mit unserem Getriebe-Spezialisten Martin Rose haben alle Register gezogen, und alles gemacht, was legal möglich ist – aber was genau, verrate ich nicht", behält Jungklaus ein Geheimnis auch heute noch für sich. Die Nähe zur Nordschleife nutzte Phoenix Racing zu zahlreichen Testfahrten. Jeder Kilometer war wichtig. Teils lag noch Schnee auf den Randstreifen, als der 24h-Astra einen Testrunde nach der anderen abspulte – und fast immer saß Volker Strycek, der erste Champion der DTM-Geschichte, hinter dem Lenkrad. Bei Testfahrten erlitt das ehrgeizige Projekt auch seinen größten Rückschlag: Der Test-Astra fing aufgrund einer Undichtigkeit Feuer. Nicht nur Volker Strycek spielte als Fahrer eine große Rolle, sondern jeder einzelne der sechs weiteren Piloten: Manuel Reuter, Timo Scheider, Marcel Tiemann, Jeroen Bleekemolen, Peter Dumbreck und Christian Menzel. "Die Fahrer-Auswahl ist mitentscheidend. Die Fahrer müssen schnell sein, auch schnell im Verkehr, höchste Streckenkenntnis und auch Respekt vor der Nordschleife haben, sich als Teamplayer verstehen und ihr Ego zurückstellen", sagt Jungklaus.
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Der Boss im KIesbett Opel-Sportchef Strycek hatte seine Fahrer und somit auch sich selbst so eindringlich hinsichtlich Curbs, unnötiges Risiko und etwaige Ausrutscher ins Kiesbett gewarnt – und dann landete ausgerechnet der Boss persönlich auf dem GP-Kurs im Kiesbett. "Glücklicherweise konnte er sich aus dem Kiesbett befreien und an die Box zurückkehren. Und zum Glück gab es unsere Bodenklappen, so dass wir den abgesprungenen Keilriemen der Lichtmaschine schnell wieder montieren konnten", erzählt "JJU", wie ihn viele nennen. "Das war natürlich ein Schreckmoment." Der Ausfall des zweiten Astra nach knapp zehn Stunden, als Bleekemolen beim Überrunden kollidierte, war "natürlich doof, hat uns aber nicht nervös gemacht", erzählt der Projektleiter. Phoenix Racing, 1999 von Ernst Moser gegründet, feierte schon 2000 einen ersten 24-Sieg auf dem Nürburgring, damals mit Porsche. "Vom Chef bis zu jedem einzelnen Mechaniker hatten wir bereits einige Erfahrung, und das was enorm wichtig", so Jungklaus. "Wir waren auf alle Fälle vorbereitet." Das war vielleicht auch der Unterschied zu Abt Sportsline, die mit dem Abt-Audi TT-R gegen Opel, gegen BMW und die anderen 24h-Spezialisten antraten. Über Stunden lieferten sich Opel und Audi ein herausragendes Duell um die Führung, bei dem die beiden DTM-Widersacher oft nur im Sekunden-Abstand durch die „Grüne Hölle“ jagten. Bei trockener und eher warmer Witterung waren die Dunlop-Reifen auf Opel-Seite den Michelin-Pneus bei Audi durchaus ebenbürtig. Am Ende hatte Opel das bessere Ende klar für sich: Reuter, Scheider, Tiemann und Strycek kreuzten im grenzenlosen Jubel der riesigen Opel-Fan-Schar die Ziellinie, mit satten fünf Runden Vorsprung auf den Abt-Audi mit Karl Wendlinger, Kris Nissen, Christian Abt und Marco Werner.
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"Es war ein unglaublicher Moment, einfach wunderbar", sagt Jürgen Jungklaus noch heute mit strahlenden Augen. Phoenix Racing hat zwischenzeitlich drei weitere 24h-Siege (2012, 2014 und 2019) eingefahren, allesamt mit dem Audi R8 LMS. "Diese Siege kann man nicht miteinander vergleichen. Wir haben den Opel damals gezielt auf das Rennen und das damalige Reglement hin entwickelt. Heute gibt es die GT3-Autos fertig zu kaufen, sie sind so homologiert und es sind keine Entwicklungsarbeiten und Änderungen mehr möglich", bringt Jungklaus es auf den Punkt. "Nur der Faktor Erfahrung ist heute wie damals mitentscheidend. Und zu gewinnen ist immer großartig." Der zentrale Faktor Jürgen Jungklaus, der nicht nur mit Tomzcyk und Rockenfeller erfolgreich als Fahrzeug-Ingenieur arbeitete, sieht in dem Zusammenspiel Fahrer-Ingenieur nach wie vor einen zentralen Faktor. "Es geht darum, die gleiche Sprache zu sprechen und zu verstehen, was der Fahrer meint, was er will, um dann eine technische Lösung optimal umzusetzen." Dabei ist es wohl auch die Ruhe, der er als erfahrener Ingenieur ausstrahlt und die er auf fast alle Fahrer überträgt. Jungklaus, für den zudem heutzutage in Anbetracht der ausgereiften Fahrzeuge vielmehr die Strategie im Fokus steht als früher, blickt auch mit großem Interesse auf die DTM 2021: "Bei Langstreckenrennen hat man bei vier Fahrern meistens fünf Meinungen. In der DTM muss oder besser kann man sich auf einen Fahrer konzentrieren. Das sorgt für einen speziellen Reiz für Fahrer und Ingenieur, und das ist in der DTM ein unverändert mitentscheidender Faktor."
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