KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

BMW-Rennleiter: Zweimal ganz nah dran

Von Uwe Mahla
Lieber Pressesprecher: Mahla 1984 mit BMW-Rennleiter Dieter Stappert (l.)

Lieber Pressesprecher: Mahla 1984 mit BMW-Rennleiter Dieter Stappert (l.)

Beide Offerten hätten ihn ohne Frage gereizt. Schließlich war Uwe Mahla doch froh, seinem Beruf als Pressesprecher treu geblieben zu sein, wie er verrät.

Wer wie ich jahrelang im Motorsport-Business unterwegs war, ertappt sich wohl schon einmal bei dem Gedanken: Rennleiter, das wär schon was.

In der Rennszene etwas bewegen, das Steuern der Profi-Piloten, Mitreden bei der Technik, innen- und außenpolitischer Einfluss. Andererseits: Du bewegst dich im minengefährdeten Feld zwischen den Wettbewerbern, den hausinternen Bedenkenträgern, der Journaille, die eh immer alles besser weiß und der ständigen Kompromiss-Notwendigkeiten. Stichwort: Sitzt ein Gremium von Rennspezialisten mehrerer Marken beieinander. Worum geht es?

Um ein Maximum an ausgeglichener Wettbewerbsfähigkeit – im Sinne größtmöglicher Attraktivität. Alle sind sich einig. Und insgeheim geht es jedem Einzelnen um etwas ganz anderes.

Nämlich darum, gleichzeitig den eigenen technischen Wettbewerbsvorteil nicht preiszugeben. Ein Traumjob also?

Als ich im Begriff war, vom journalistischen in den operativen Bereich des Motorsports zu wechseln, das war im Spätsommer 1980, geschah folgendes: Wir saßen am Abend des Trainingssamstags in Diepholz gemütlich beisammen, und Ford-Rennleiter Michael Kranefuss erzählte wortreich von seiner Beförderung zum weltweiten Motosport-Direktor des amerikanischen Autoriesen.

Bei dieser Gelegenheit eröffnete ihm mein neuer Chef Erich Zakowski meine Verpflichtung. Kranefuss nahm die obligatorische Pfeife von den Lippen, zog die Augenbrauen hoch und sagte: «Na bravo – gut, dass ich das jetzt weiß. Eigentlich wollte ich dem Vorstand dieser Tage Uwe als meinen Nachfolger empfehlen.» Im Nachhinein, mit der Erinnerung, welch traurigen Niedergang der einst so grandiose Kölner Ford-Motorsport genommen hat, war ich heilfroh, das „Angebot“ nie erhalten zu haben.

Jahre später, es war im Lauf der Saison 1989, kam das Thema Rennleiter noch einmal auf mich zu. Eines Tages bat mich mein Chef Richard Gaul geheimnisvoll in sein Büro. Ob ich mich in meiner derzeitigen Rolle wohlfühlte (ich war inzwischen Leiter der Inlandspresse), wollte er wissen, und ob ich den Motorsport als berufliches Tätigkeitsfeld vermisste. Ich musste nicht lange nachdenken, um zu antworten.

Gaul hatte mich in eine famose Rolle als Presse-Allrounder manövriert. Ich war befugt, praktisch zu jedem BMW-Thema an die Pressefront zu treten, u. a. war ich allmählich zum Anspielpartner bei Anfragen zu allfälligen Katastrophen oder Ähnlichem geworden, genoss ordentliches Ansehen bei internen wie externen Kontakten. Alles war gut. Andererseits: Die Liebe zum Motorsport lebte, wenn ich mich auch bewusst ganz raushielt, denn ich war der Meinung, bei der Schnelllebigkeit dieser Branche kann man nur ganz oder gar nicht involviert sein. So beschränkten sich meine diesbezüglichen Aktivitäten allenfalls auf die eines sachkundigen, natürlich BMW-affinen Fans. Ich war also einigermaßen a jour.

Das alles antwortete ich auf Gauls Frage. Der nahm das alles auf und eröffnete mir dann: «Kalbfell will Sie als Rennleiter.» Mir wackelten die Knie. BMW-Rennleiter! Vieles ging mir durch den Kopf, die glorreichen Tourenwagen-Zeiten, der Formel 1-Erfolg; aber auch der schmachvolle Rückzug und wie unglücklich sich BMW dabei verhalten hatte. Ich erinnerte mich, wie oft Dieter Stappert Prügel bezogen hat wegen unpopulärer Entscheidungen, die ihm mangels hierarchischem Status aufgezwungen worden waren. Indes: BMW-Rennleiter! Gaul registrierte meine widerstreitenden Gefühle sehr genau und sagte: «So was habe ich mir gedacht. Deshalb habe ich auch verhindert, dass Kalbfell Sie direkt anspricht. Dann wäre es ein offizielles Angebot, (das man nach hausinternem Kodex kaum ungestraft ablehnen durfte), wie Sie wissen.»

Und dann fügte er an: «Jetzt fahren Sie heim, gehen in sich, besprechen das Ganze mit Ihrer Frau und melden Sie sich morgen wieder bei mir.»

Und mit einem Augenzwinkern entließ er mich mit den aufmunternden Worten: „Wie ich das sehe, können Sie sich vorstellen…“

Ich sagte dann am nächsten Tag ab und blieb für weitere 15 Jahre Öffentlichkeitsarbeiter.


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