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Günther Bauer: WM-Charakter von Eisspeedway ist weg

Von Thorsten Horn
Günther Bauer (li.) bei der Superbike-WM in Most mit Philipp Öttl

Günther Bauer (li.) bei der Superbike-WM in Most mit Philipp Öttl

Bei der Superbike-WM in Most war auch die jahrelange Nummer 1 im deutschen Eisspeedway-Sport, Günther Bauer, vor Ort. Zwangsläufig kam man schnell auf das Thema Eisspeedway und die aktuelle Situation zu sprechen.

Bekanntermaßen sind die meisten russischen Sportler aktuell vom Wettkampfgeschehen außerhalb ihres Heimatlandes ausgeschlossen. Für den Eisspeedway-Sport, der von Beginn an von russischen bzw. ehemals sowjetischen Fahrern dominiert wird, hat das schwerwiegendere Folgen als für andere Disziplinen.

«Ich persönlich glaube, das könnte der Todesstoß für den Eisspeedway-Sport bedeuten», beschleunigt Günther Bauer emotional blitzschnell wie in seinen besten Zeiten auf dem Eis. «Es ist einfach so, dass die Russen seit Jahrzehnten die Besten und diejenigen sind, die die besten Voraussetzungen haben. Außerdem sind das alles nette Typen. Wenn eine politische Sache mit dem Sport vermischt wird, ist das das Schlechteste, was man überhaupt machen kann. Die Buben leben davon, das ist ihr Beruf. Die verstehen den Grund nicht, warum sie nicht im Kreis fahren dürfen. Sie selbst machen doch nichts. Im Gegenteil. Sie waren jahrelang auch Bindeglieder zum Westen.»

Rückblickend auf seine Begegnungen mit russischen Akteuren, mit denen er bis heute freundschaftliche Beziehungen pflegt, erklärt der seit dem 6. Januar 50-jährige Bayer gegenüber SPEEDWEEK.com: «Ich habe die wahrscheinlich schönste Zeit des Eisspeedway-Sports miterlebt und die Russen waren immer feine Burschen. Sie waren gastfreundlich und hilfsbereit. Ich habe schon sehr viel Zeit in Russland verbracht und lasse auf sie nichts kommen – das muss ich ganz ehrlich sagen. Als ich im März gehört habe, dass sie nicht mehr mitfahren dürfen, war ich echt geschockt. Ich meine, man hätte mit mehr Fingerspitzengefühl handeln müssen. Was können die Fahrer dafür, dass bei einem der Gaul durchgeht?»

Wenngleich im Nichtwissen, wie es im kommenden Winter mit der Szene konkret weitergeht, gesteht «Schliff», mit der aktuellen Situation Bauchweh zu haben. «Was ich gehört habe, ist, dass es von FIA-Seite im Automobilsport möglich ist, dass Russen unter bestimmten Bedingungen fahren können. Ich kenne einige Leute, die haben ihre Karten fürs WM-Finale in Heerenveen wieder zurückgegeben, weil sie meinten, dass sie sich für so ein trostloses Rennen keine Karten gekauft haben. Ich muss auch von meiner Seite sagen, dass ich krank nach Eisspeedway und generell Racing bin. Aber wie ich das Fahrerfeld in Heerenveen gesehen habe, hat mir das Herz weh getan. Ich möchte niemandem zu nahe treten, weil jeder sein Bestes gibt. Aber diejenigen, die das WM-Finale bestritten haben, wären früher schon im Viertelfinale ausgeschieden. Für solche Fahrer gibt es im Normalfall kleinere Rennen, über die man sich verbessern und hocharbeiten kann.»

Natürlich besteht beim weiteren Status quo in Sachen Ausschluss der russischen Fahrer für die weiteren hiesigen Veranstalter die Gefahr, dass weniger Zuschauer als üblich in die Arenen strömen. Dazu meint der Sport-Vorstand und Mitorganisator von Inzell: «Es kann natürlich sein, dass wenn so lange kein Eisspeedway hier war, die Leute schon noch bzw. wieder scharf darauf sind, ein Rennen zu sehen. Aber ich muss ehrlich sagen, dann hat das keinen WM-Charakter mehr.»

Im Umkehrschluss muss man auch auf den russischen Eisspeedway-Sport schauen. Dazu noch einmal Günther Bauer: «Ich glaube, in Russland hält sich der Einschnitt relativ in Grenzen. Natürlich ist der WM-Titel dort etwas wert, aber es war traditionell schon immer so, dass die höchste Trophäe, die man erreichen kann, der russische Einzeltitel ist. Der steht noch weit über dem WM-Titel, weil man da 15 richtig scharfe Konkurrenten hat und in der WM nur die weiteren vier oder fünf Russen. Wir haben selbst lange genug versucht, gegen die zu bestehen und es trotzdem nicht wirklich geschafft. Es wäre auch traurig, wenn es anders wäre. Die russischen Fahrer haben auch noch nie etwas anderes gemacht und leben davon. Wir sind dagegen nur Hobby-Fahrer. Es war eine tolle Zeit und wir haben auch ein paar Erfolge gefeiert. Aber es war halt schwierig, weil die Burschen einfach hungriger sind als wir und Erfolge erzielen müssen, damit sie sich am Mittwoch auch noch ein Schnitzel kaufen können.»

Das Beispiel, dass der ebenfalls in Sippenhaft genommene Russe Vladimir Leonov mittels einer Lizenz der Vereinten Arabischen Emirate in diesem Jahr trotzdem in der IDM Superbike an den Start geht, ist auch dem vielschichtig Racing-interessierten Bauer nicht verborgen geblieben. «Das ist zwar nicht im Sinne des Erfinders, aber es freut mich für ihn, dass er es geschafft hat. Ob das im Eisspeedway möglich ist, das ähnlich zu praktizieren, und ob die Russen da überhaupt Lust darauf hätten, wage ich zu bezweifeln. Ich denke aber, dass es in letzter Konsequenz nicht möglich sein sollte, weil sonst wären ja die Sanktionen an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten.»


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