Stéphane Ratel: Neue, alte Liebe?
Neue Männerfreundschaft? Todt (li.) und Ratel
Als Sportwagenfan hat man es momentan nicht leicht bei den aktuellen Geschehnissen auf dem Laufenden zu bleiben. Ratel und FIA haben sich nicht mehr lieb, aber auch andere haben die FIA nicht mehr lieb, und dann wollen ausgerechnet ACO und FIA ein neues GT-Reglement erfinden, was niemand braucht und nach dem niemand gefragt hat.
Und als wäre die Angelegenheit nicht schon verzwickt genug, tritt nun nochmals Ratel auf den Plan. Am Freitagabend hielt Stéphane Ratel im mondänen Grand Connaught Ballsaal im Londoner Stadtteil Covent Garden Hof. Erstmals seit 2008 ehrte die SRO die Meister ihrer Serien bei einer zentralen Feier, eine gute Gelegenheit auch mal wieder gute Nachrichten zu verbreiten.
Was Ratel zu erzählen hatte, verblüffte. Keine drei Monate, nachdem der Franzose im Rahmen der 24h Spa nach einem ordentlichen Zoff mit FIA-Präsident Jean Todt die Zusammenarbeit mit dem Automobilweltverband kündigte und die FIA informierte, weder GT3-EM noch GT1-WM weiter auszutragen, kam die Kehrtwende.
Die GT1-Nachfolgeserie «Sprint Series» und die Blancpain Endurance Serie bekommen im nächsten Jahr eine serienübergreifende Wertung aufgedrückt, die neue FIA GT World Series. Klingt mächtig, steckt aber wenig dahinter. In der abstrakten Serie, die eigentlich keine ist, werden lediglich Ergebnisse aus BES und SRO Sprint Serie kombiniert. Die gemeinsame Wertung war ohnehin vorgesehen, aber nicht unter dem Namen der FIA.
BES und Sprint Serie nun ein FIA-Mäntelchen überzustülpen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn bei der Blancpain Endurance Series hat Ratel die FIA bewusst aussen vor gelassen. Auch die Sprint Serie will Ratel im kommenden Jahr ohne den Weltverband durchziehen.
Nachdem Ratel nach dem Bruch mit der FIA schon auf der politischen Bühne im Abseits stand und der ACO sich in der Zwischenzeit schon anschickt, gemeinsam mit der FIA die GT-Welt auf den Kopf zu stellen, hat Ratel plötzlich wieder einen Fuß bei der FIA in der Tür. Und die FIA kann zumindest eine Serie im GT-Bereich vorweisen. Denn Promoter, die scharf auf ein FIA-Prädikat für ihre GT-Serie waren, standen in den vergangenen Monaten an der Place de la Concorde in Paris nicht Schlange. Und die Hoheit im GT-Sport wollte man auch keinesfalls an Le Mans verlieren. So reaktiviert man die alte Männerfreundschaft zu Stéphane Ratel, erfindet gemeinsam schnell einen halbgaren Titel, kassiert ein paar Gebühren, hilft damit auch der bisher leicht lahmenden Sprintserie auf die Beine und ist vor allem weiter im GT-Bereich präsent. So kann die FIA auch 2013 ein Prädikat im internationalen GT-Sport vergeben. Und ausserdem steht Jean Todt 2013 zur Wiederwahl an. Da macht sich nicht gut, wenn während einer Amtszeit Serien abhanden kommen.
Nur was ist man eigentlich, wenn man eine «World Series» gewonnen hat? Weltmeister? Weltserienmeister?