Sportwagen: Die Tendenz der Wellen

Kolumne von Oliver Müller
Mitte Juni gehts wieder los an der Sarthe

Mitte Juni gehts wieder los an der Sarthe

Vom Auf und Ab auf der Sportwagen-Langstrecke. Wir erleben zu viele Übergangsjahre und freuen uns auf Porsche.

Ja, ja die Sportwagenwelt im Motorsport. Alteingesessenen Beobachtern der Szene ist schon seit langem bewusst, dass diese so traditionsbewusste Facette des PS-Zirkus’ seit jeher gewissen Zyklen unterliegt. Auf Jahre, in denen man denkt, die LMPs überflügeln bald die so grosse Formel 1, folgen Jahre, in denen man sich fragt, ob überhaupt jemand vom 24 Stunden Rennen an der Sarthe Notiz nehmen wird. Diese Wellenbewegungen sind einfach da und werden wohl auch immer bleiben. Dennoch sollte sich die Szene die Frage gefallen lassen, ob nicht viele Probleme hausgemacht sind und hätten vermieden werden können.

Wir schreiben nun den ersten Mond der Sternzeit 2013. Im kommenden Jahr 2014 steht ein neues innovatives LMP1-Reglement vor der Tür. Massgeschneidert für Automobilwerke, die damit in Le Mans ihr technisches Know-how ausstellen können. Somit befinden wir uns wieder einmal in einem sogenannten «Übergangsjahr», was eigentlich nichts Verwerfliches ist.

Betrachtet man aber die Zeit seit der Jahrtausendwende, stellt man schnell fast, dass es an «Übergangsjahren» nicht gemangelt hat. Nachdem die grossen GT-Prototypen abgeschafft wurden und man zu den LMP900/LMP675 überging, wurde für 2004 ein neues LMP1/LMP2-Reglement eingeführt. Seinerzeit wurden auch die ebenfalls «Hybrid» genannten Zwitterboliden aus Alt- und Neureglement auf die Strecke geschickt. Alte, neue und Hybride kämpften gegeneinander; natürlich waren alle auch verschieden eingestuft. Als dann nach und nach die Fahrzeuge endlich dem neuen Reglement entsprachen, führte man noch schnell die Diesel-LMP ein.

Zwischenzeitliche Ideen von LMPs mit breiteren Dächern, die nicht mehr an Häubchen erinnern sollten oder der Vorstoss zurück zu den LMP mit GT-Optik, seien hier ebenfalls angemerkt. Später entschied man sich, in der LMP1-Kategorie nur noch die LMP2-Motoren zu erlauben. Danach führte man die aktuellen Hybrid-Fahrzeuge (jetzt also die mit zusätzlicher Elektropower) ein. Alles geschah natürlich in den verschiedensten Übergangsjahren.

Jeder Mensch, der schon einmal betriebswirtschaftliche Entscheidungen in Bezug auf Investitionen zu treffen hatte, kann sicher nachvollziehen, warum sich Privatteams aus der Szene nach und nach zurückgezogen haben. Planungssicherheit sieht anders aus.

Wie es nun scheint, wird die Sportwagen-WM in diesem Jahr wohl nicht mehr als fünf Teilnehmer in der grossen Klasse haben. Drei Werkswagen streiten um den Gesamtsieg,  zwei private Mannschaften lassen sich als Statisten von ihnen verblasen. Schöne neue Sportwagenwelt 2013...

Die Budgets für den Einsatz der Fahrzeuge sind aktuell einfach an einem Punkt angelangt, an dem es sich nicht mehr rechnet, mitspielen zu können. Grosse Sponsoren wie in den 1980ern sind seit langem Mangelware. Wären da nicht einige wenige Enthusiasten, die alles für ihren Sport geben, die Tristesse wäre noch grösser.

Nach dem Übergangsjahr 2013 schreriten wir ins Übergangsjahr 2014, in dem die neuen effizienten LMPs erstmals um die Wette kämpfen. Teure Hochtechnologie wird in die Auslage gestellt.

Mit Porsche kehrt dann einer der bekanntesten Sportwagenhersteller (die Le Mans Ikone schlechthin) nach einer Auszeit endlich wieder auf die ganz grosse Bühne zurück, um sich mit den beiden diesjährigen Protagonisten um Ruhm und Ehre zu streiten. Welche weiteren Equipen sich der Mammutaufgabe stellen, an diesem Spiel teilzunehmen, steht noch in den Sternen. Bleibt wenigstens zu hoffen, dass die Vorstände der drei dann engagierten Werke die Lust am Rennsport nicht verlieren und nicht aus politischen Gründen eines der Programme opfern müssen. Auch da wurde die Szene in der Vergangenheit schon des öfteren überrascht.

Sollten die neuen LMPs irgendwann für niemanden mehr bezahlbar sein, wird man sicher die LMP2-Klasse als neue Königin der Langstrecke ausrufen. Zuerst werden dann die kleinen dort schon agierenden Teams um Siege mitkämpfen können. Dann aber werden nach und nach wieder die Kosten nach oben geschraubt. Marketing-Manager werden die Sportprogramme wieder durchplanen dürfen; Events werden kreiert, Faszination wird künstlich erzeugt. Diejenigen, die während der Dürrezeit mit all ihrem Herz und Eifer den Sport am Leben gehalten haben, werden mit einem Tritt in den Allerwertesten aus der Tür gejagt. Alles wie seit jeher.

Aktuell ist die Legende und der Mythos Le Mans aber immer noch so stark, um all diese Aspkete ausbalancieren zu können. Dass die Tendenz der angesprochenen Wellenbewegungen über die Jahrzehnte immer mehr nach unten zeigt, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

(Auch wenn man ihm seine tiefe Liebe für den Sport gerade nicht wirklich anmerkt, der Autor dieser Zeilen zählt schon die Tage, bis er endlich wieder ins Departement Sarthe reisen kann, um das für ihn schönste Wochenende des Jahres erleben zu dürfen.)

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