Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Helmut Marko 75 Jahre alt: Alles Gute, Herr Doktor

Von Gerhard Kuntschik
​«Das ist ein Tag wie jeder andere», sagt Red-Bull-Rennchef Dr. Helmut Marko über den kommenden Freitag, 27. April. Nicht ganz: Der Grazer Le-Mans-Sieger von 1971 wird 75 Jahre alt. Wir gratulieren.

Bald finden in Baku die ersten Trainings statt. In der Red Bull Racing-Box: Dr. Helmut Marko. «Das ist ein Tag wie jeder andere», sagt der Grazer über diesen Freitag. Dass er seinen 75. Geburtstag feiern kann, will der Chef des Red-Bull-Motorsportprogramms nicht in den Mittelpunkt rücken. Freilich: Nach dem vielleicht zu frühen Geschenk von Daniel Ricciardo vor zwei Wochen in Shanghai würde sich der Doktor über einen weiteren Erfolg seiner Jungs am Sonntag gewiss freuen.

Dass Marko und Red Bull nun seit fast 20 Jahren – genau seit 19 – Schwergewichtler im internationalen Motorsport sind, ist auf die Hartnäckigkeit von Markus Friesacher zurückzuführen. Der Salzburger erfreute sich in seiner aktiven Zeit stets der Unterstützung durch Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz. Doch 1997 schien seine Laufbahn in der Formel 3000 beendet, als sein Teamchef Paolo Coloni zwar einiges nahm, aber wenig gab. Friesacher wich 1998 in die australische Formel Holden (ähnlich der damaligen Formel 3000) aus und brachte Helmut Marko dazu, ihm ein paar Mal auf die Finger zu schauen, als er Dritter der Serie wurde (und der Meister Scott Dixon hiess, heutiger Star der IndyCar-Szene).

Friesacher brachte Marko für 1999 dazu, das erste Junior-Team von Red Bull zu gründen, in der Formel 3000 mit Friesacher und dem Brasilianer Enrique Bernoldi. Zur Teamvorstellung im Februar in Graz in Markos M1-Café wurde sogar ein Bolide in lichte Höhen gehoben.

Friesachers Karriere endete nach wenigen Saisonrennen mit einer Handverletzung, doch die Nachwuchsarbeit von Red Bull mit Marko nahm Fahrt auf.

So lange Mateschitz mit Peter Sauber ein Formel-1-Gespann bildete (zehn Saisons lang bis 2004), war das Verhältnis zwischen dem Grazer und dem Zürcher nicht friktionsfrei – und der Salzburger Boss sass dazwischen. Zum Bruch wäre es fast vor der Saison 2001 gekommen: Marko wollte Bernoldi im Sauber-Team sehen, Sauber bestand auf einem gewissen, damals so gut wie unbekannten Finnen namens Kimi Räikkönen. Sauber bekam Kimi, der Brasilianer fuhr dank Red Bull und Marko bei Tom Walkinshaws Arrows-Team – übrigens als Teamkollege von Verstappen, und zwar Jos, dem Senior.

Als sich Red Bull von Sauber trennte, weil man bereits Christian Klien bei Jaguar unterstützte, war es bis zum Kauf des Ford-eigenen Teams nicht mehr weit. Aus Jaguar wurde Red Bull Racing. Und als dort Tony Purnell als Teamchef durch Christian Horner abgelöst wurde, war Helmut Marko längst mehr als die graue Eminenz von Red Bull in der Formel 1.

Dass Marko, auch wenn er Sebastian Vettel nicht ursprünglich entdeckt hatte, durch die Förderung des Heppenheimers massgeblich an den vier WM-Titeln beteiligt war, ist unbestritten. Zwischen Marko und Mateschitz hatte sich ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, das es in der Formel 1 selten gibt.

Auch die Idee des zweiten Teams als Ausbildungsstätte, der Kauf von Minardi ein Jahr nach Jaguar und die Transformation zur Scuderia Toro Rosso, war eine logische Weiterführung von Markos Nachwuchsförderung. Bei Toro Rosso sollen die Red-Bull-Junioren die GP-Siegerreife erhalten, um später bei Red Bull Racing zu glänzen. Mit Vettel, Ricciardo und Verstappen hat das wundervoll funktioniert.

Vielleicht hängt Markos Akribie in der Talenteförderung (von Gerhard Berger über Karl Wendlinger, Jörg Müller bis zu den heutigen Kart-Kids) auch mit dem abrupten Ende der eigenen Karriere zusammen.

Als ich am 25. Juni 1972, wenige Tage nach meiner Matura, für die «Nö. Nachrichten» vom 1000-Kilometer-Rennen auf dem Österreichring und dem zweiten Platz von Marko/Pace im Werks-Ferrari 312 PB (hinter den Teamkollegen Ickx/Redman und vor dem dritten Ferrari mit Schenken/Peterson) berichten durfte, ahnte ich nicht, Zeuge von Markos letztem beendeten Rennen geworden zu sein.

Eine Woche später, am 2. Juli 1972, passierte in Runde 9 des französischen GP in Clermont-Ferrand jener Unfall, der Marko ein Auge und die weitere Karriere kostete. Vielleicht wäre die Formel-1-Geschichte anders verlaufen, hätte Ronnie Petersons March diesen Stein nicht aufgewirbelt.

«Ich hatte schon Gespräche wegen eines Wechsels zu Ferrari geführt, mit Rennleiter Peter Schetty, und besass praktisch einen Vorvertrag für 1973», gab Marko Jahrzehnte später preis.

Als Motorsport-Chef von Red Bull wurde er viel später vier Mal Weltmeister und 57facher GP-Sieger.

Nach Vettels drittem WM-Titel 2012 fragte ich Marko nach einem allfälligen Rückzug in die Pension. «Ende 2014 wäre ein guter Zeitpunkt, da enden die Verträge von Vettel, Horner und mir», meinte Marko damals.

Der Rest ist bekannt.

Ad multos annos, Helmut.

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