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Sebastian Vettel: «So ist Kimi Räikkönen wirklich»

Von Mathias Brunner
Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in China

Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in China

​In einem ungewöhnlich offenen Interview spricht Ferrari-Star Sebastian Vettel über die besondere Team-Atmosphäre mit dem stillen Kimi Räikkönen: Was sie verbindet und wieso Ferrari davon profitiert.

Vor einem Jahr zeigte Kimi Räikkönen seinen Kritikern, wo der Hammer hängt: Pole-Position im schwierigsten Qualifying der Welt – im Leitschienenkanal von Monte Carlo. Der Finne konnte den besten Startplatz nicht zu einem Sieg umsetzen, dazu war Sebastian Vettel in der entscheidenden Phase des Rennens zu schnell. Darüber hinaus würden wir behaupten: Die Ferrari-Taktik begünstigte Vettel, nicht Kimi.

Heute sind wir an einem Punkt, den Räikkönen bestens kennt. Der Weltmeister von 2007 sagte schon mehrfach: «Jeden Frühsommer geht die Diskussion von vorne los – ob ich wieder einen Vertrag erhalte. Ferrari kennt meinen Standpunkt.» Der hat sich nicht geändert: So lange Kimi weiterfahren will und so lange Ferrari ihm ein Cockpit geben möchte, so lange bleibt uns der beliebte Räikkönen erhalten.

Immer wieder fragen die Fans: Kann sich nicht Sebastian Vettel für seinen Kumpel Kimi einsetzen? Räikkönen ist zu einem beträchtlichen Teil von Vettels Gnaden weiter bei Ferrari – und weil die Kimi-Nachfolge ins Stocken geriet. Der junge Jules Bianchi verstarb, bevor er für Ferrari Grands Prix fahren konnte. Dahinter entstand ein Talent-Vakuum, Spitzenpiloten waren keine zu haben oder passten nicht zu Vettel. Der logische Räikkönen-Erbe heisst Charles Leclerc. Schwer zu sagen, wie sich der Monegasse 2018 bei Sauber entwickelt, Rang 6 in Baku war eine echte Ansage.

Wieso kommen Vettel und Räikkönen eigentlich so gut aus? Im Gespräch mit meinen Kollegen Luigi Perna und Filippo Grimaldi der Gazzetta dello Sport sagt Sebastian über den echten Kimi: «Wir teilen die gleichen Werte, wir hegen grossen Respekt füreinander. Am meisten schätze ich – in seiner Gesellschaft kann ich ganz mich selber sein. Da gibt es keine Psycho-Mätzchen, wie es zwischen anderen Stallgefährten vorkommt. Wir teilen, dass wir aus Leidenschaft Formel 1 fahren. Ich glaube, unser gutes Verhältnis ist ein Gewinn für Ferrari. Es gibt keine Kontroversen, keine Ablenkung, keine Polemik. Auf der Piste geben wir unser Bestes, aber wenn die Motoren abgestellt sind, gehen wir sehr entspannt um miteinander.»

Vettel weiss auch: «Von aussen seht ihr Kimi als einen merkwürdigen Kauz. Aber ich sehe das anders. Wir müssen nicht das Gleiche essen oder trinken oder die gleichen Orte besuchen, um uns zu verstehen. Wir haben jedoch die gleiche Vision vom Leben und von der Motivation, die uns antreibt.»

Ist dieses tiefe Verständnis der Grund dafür, wieso kein böses Blut gerinnt, selbst wenn Räikkönen in Monaco hintenanstehen muss oder es, wie in Singapur 2017, sogar zu Kollision kommt? Vettel: «Ja, gewiss. Wenn es ein Problem gibt, dann sprechen wir sofort darüber und räumen das aus der Welt. Wenn du offen über dein Handeln sprechen kannst, dann kannst du auch schwierige Momente überwinden.»

Also zur Kernfrage: Sieht Vettel Kimi Räikkönen eine weitere Saison als seinen Stallgefährten? Seb: «Ich weiss es nicht. Das hängt nicht von mir ab. Eines Tages kann Kimi auch entscheiden, dass er das alles nicht mehr braucht. Wenn die Frage lautet: „Würdest du lieber mit Kimi fahren als mit einem anderen Piloten?“ Dann lautet die Antwort: Ja. Einen anderen Fahrer finden, das ist einfach. Einen Piloten finden mit dem gleichen Respekt und der selben Wertschätzung, das ist etwas schwieriger.»

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